Schwenk- und Rotationsgeräte: Worauf muss man achten?
Tilt, Tiltrotator oder Rotation, also drehbarer Schnellwechsler – wer die beste Lösung finden möchte, sollte vor seiner Entscheidung zahlreiche Aspekte bedenken: zum Beispiel die Arbeitsschwerpunkte der Maschine oder die Bauart des Anbaugeräts. Zudem empfiehlt es sich, das Handling und die Arbeitsweise vorab zu testen. Das jedenfalls raten die Anbaugeräte-Spezialisten von Holp.
Vor einer entsprechenden Investition kann es helfen, sich mit einigen Fragen intensiver zu beschäftigen. Zunächst etwa, wie flexibel der Bagger künftig ausgerüstet sein muss. Und das ist abhängig vom jeweiligen Gewerk. So soll der Bagger beim Erdbau so wenig Kraftverlust wie möglich haben, beim Freischneiden von Bäumen und ähnlichen Aufgaben spielt das keine große Rolle. Meist sollen die Bagger flexibel einsetzbar sein, um unterschiedliche Aufgaben mit nur einer Maschine bewerkstelligen zu können. Beim Kanalbau zum Beispiel wird für manche Arbeiten die volle Leistung benötigt, im nächsten Moment ist dann wieder maximale Flexibilität gefragt. Deshalb kommen immer wieder gerne sogenannte Sandwich-Geräte ins Gespräch, die ihrerseits ganz eigene Probleme mit sich bringen. Im Galabau wiederum gilt es, viele stark handarbeitslastige Gewerke maschinell auszuführen.
Die Systeme im Vergleich
Pro & Kontra: Tilt
Pro & Kontra: Tiltrotator
Pro & Kontra: Tiltrotator/Sandwich
Pro & Kontra: Rotation
(Quelle: Holp)
Der Tilt ist bei Kompaktmaschinen weit verbreitet, er kann etwas mehr als ein Schwenklöffel, der meist den Schnellwechsler um 60° bis 90° schwenken kann. Mit seinem Anbau wächst die Bauhöhe, was gerade bei kleinen Maschinen zu einem nicht unerheblichen Kraftverlust führt. Der Tiltrotator ist unbestritten am flexibelsten. Zum Nachteil werden ihm seine Bauhöhe und sein Gewicht, was sich negativ auf Standsicherheit, Reißkraft und Hubleistung auswirkt. Die Rotation wiederum vereint hohe Flexibilität mit niedriger Bauhöhe. Mit dieser Technik erreicht man 90 bis 95 Prozent der Möglichkeiten eines Tiltrotators und verliert vergleichsweise nur minimal an Reißkraft, wobei das Gewicht nahezu identisch ist wie bei den Tiltsystemen. Man sollte sich also vorab genau überlegen, welche Technik im Unternehmen universell und zukunftsorientiert eingesetzt werden soll.
Ebenso auch, wie schnell sich der Baggerfahrer auf die jeweilige Arbeitstechnik einstellen kann. Den Umgang mit dem Tilt kennt er meist schon durch das Arbeiten mit dem Schwenklöffel, die Technik ist ihm vertraut. Der Tiltrotator bietet durch seine zwei zusätzlichen Bewegungsachsen fast schon zu viele Möglichkeiten – für so manchen Baggerfahrer ein Problem. Um die vielen Bewegungsabläufe wirtschaftlich einsetzen zu können, dauert es oft mehrere Wochen, bis sich der Maschinist das entsprechende Know-how angeeignet hat und die Arbeitsabläufe zur Routine werden. Der Umgang mit der Rotation braucht etwas mehr Umstellung als mit dem Tilt, weil eine Bewegungsachse dazukommt. Das Handling ist aber immer noch wesentlich leichter zu erlernen als mit einem Tiltrotator, der zwei zusätzliche Achsen zur Verfügung hat. Deshalb ist die Rotationstechnik schneller zu beherrschen, da der Fahrer die gleiche Ansteuerung wie beim Tilt einsetzt und die Joysticks nicht verändert werden.
Das Eigengewicht des jeweiligen Geräts wiederum beeinträchtigt direkt die Hubkraft. Zudem entsteht durch die zusätzliche Bauhöhe ein längerer Hebel, der weitere Nachteile bringt, sich aber positiv auf die Reichweite auswirkt. Ein Nachteil für den Baggerfahrer ist etwa, dass durch den längeren Hebel der Löffelzylinder an seine Grenzen kommen kann und somit ein schwammiges Gefühl zur Löffelschneide entsteht – ein Nachteil beim Profilieren. Für das Verhältnis der Bauhöhe zur Baggerklasse gibt es eine einfache Faustformel, die man bei fast allen Baggerklassen anwenden kann: Der Tilt macht zwei, die Rotation eine Baggerklasse aus – somit sind es beim Tiltrotator in der Summe drei Baggerklassen. Das bedeutet konkret, dass der Bagger hinsichtlich seiner Losbrech- und Reißkraft sowie Hubleistung in die jeweilige Baggerklasse neu eingestuft werden muss.
Ein enorm wichtiges Thema, das im Vorfeld genau abgeklärt werden sollte, ist die Betriebssicherheit. Ist etwa die Schlauchführung auf oder direkt am Baggerstiel, müssen große Schlaufen verlegt werden, die die Sicht einschränken, kann sich der Fahrer voll auf seine Arbeit konzentrieren oder muss er auf überstehende Teile achten und hat der Maschinist generell eine gute Sicht auf das Anbaugerät.
Dazu kommen die Kosten durch Veränderungen, die am Bagger vorgenommen werden müssen. Das betrifft einerseits die Joysticks, deren Umbau erhebliche Kosten verursachen kann und je nach Ausstattung aus dem Standard-Bagger eine Sondermaschine machen. Zum anderen die saubere Verlegung der Schläuche, damit diese nicht beschädigt oder sogar abgerissen werden, die Umwelt schädigen und teure Standzeiten verursachen. Die Joysticks können bei Tilt und Rotation original bleiben, da der Greifer-Dreh-Kreis (den jeder Bagger hat) verwendet werden kann. Beim Tiltrotator müssen oft die originalen Joysticks durch spezielle mit mehr Möglichkeiten ersetzt werden.
Auch bei der Schlauchführung gibt es erheblicher Unterschiede. Beim Tilt werden die Schläuche ähnlich wie vorher verwendet. Sie müssen nur länger sein, damit die Tilt-Bewegungen – oft 2 x 90° – auch ausgeführt werden können. Was aber die Möglichkeit von Beschädigungen erhöht. Bei der Rotation werden die Arbeitsleitungen durch die Drehdurchführung geführt. Diese Technik ist sehr kompakt und punktet auch damit, dass die Schläuche eng (ohne Schlaufen) am Baggerstiel verlegt werden können. Beim Tiltrotator (2 x 45° – 2 x 90°) entstehen, je nach Verlegungsweise, große Schlaufen, auf die der Maschinist gut aufpassen muss. Bei Sandwich-Geräten (Schnellwechsler oben und unten) ist zu beachten, dass je nach Ausstattung noch zusätzlich Schnellwechsel-Ventile eingebaut werden müssen. Die Schlauchführung gestaltet sich dann schwierig, wenn eine Drehdurchführung verbaut ist. Das haben zwar nicht alle Sandwichgeräte, hat dann aber den Nachteil, dass nur Tieflöffel angebaut werden können.
Heute wird dennoch häufig die Sandwich-Anbauart propagiert. Doch zeigt die Praxis, dass ein Teil der Baggerfahrer das reißkraftschmälernde Mehrgewicht (aus zwei bestehenden Schnellwechslern) einfach immer in Kauf nimmt und der andere Teil das Gerät so gut wie nie einsetzt. Sollte ein Sandwich aus zwei vollhydraulischen Schnellwechslern bestehen, bewegt sich der Anwender zudem schnell in einer Grauzone: Das potenzielle Sicherheitsrisiko wird von der Berufsgenossenschaft beanstandet.
Anbaugeräte wie Verdichter, Felsfräsen und Hämmer werden heute zunehmend häufiger am Bagger genutzt; deshalb ist es wichtig, damit auch den Dauereinsatz fahren zu können. Dabei gilt es vor dem Kauf unbedingt zu beachten:
- Sind alle beweglichen Teile stoßfest gelagert?
- Um wieviel verringert sich durch harte Einsätze die Standzeit?
- Wie lange ist die Hersteller-Garantie, und gibt es Unterschiede je nach Gewerk und Anbaugerät? Manche Hersteller geben bei harten Einsätzen (dazu gehört auch die Vibration) nur eine Stunde pro Tag (entspricht etwa 200 Stunden pro Jahr) Garantie, andere bei allen Einsätze nahezu uneingeschränkt 3 Jahre bzw. 3.000 Betriebsstunden.
- Wie komplex ist das Gerät aufgebaut, kann es kostengünstig und schnell repariert werden, und ist die Ersatzteilversorgung gesichert?
- Welche Möglichkeiten gibt es, um die Geräte unter Baustellenbedingungen ausgiebig zu testen?
Viele Vorführbagger von Händlern sind mittlerweile entsprechend ausgerüstet, ebenso immer mehr Geräte in Mietparks. Man kann auch bei den Herstellern selbst nachzufragen, wo in regionaler Nähe eine passende Maschine zu mieten ist. Und schließlich haben Hersteller auch eigene Testgelände, wo man kostenlos unter Baustellenbedingungen testen und manchmal sogar einen Systemvergleich machen kann.
„Weitblickende Bauleiter tendieren – trotz nicht gerade niedrigem Anschaffungspreis – zur reinen Rotation. Der hohe Grad an Bewegungsfreiheit entsteht dabei durch die Verbindung der Rotation mit der baggereigenen Kinematik und dem Schwenkwinkel des Baggers. Dazu bietet die reine Rotation das beste Verhältnis von Bauhöhe und Gewicht zum Bewegungsfreiheitsgrad. Daraus resultiert eine enorme Flexibilität mit dem Tieflöffel, zugleich braucht man keine weiteren Rotatoren auf den einzelnen Anbaugeräten. Da das Handling relativ einfach ist und wenig beschädigt werden kann, eignet sich die reine Rotation auch für Mietparks sowie Maschinen mit häufig wechselnden Bedienern. Es empfiehlt sich aus wirtschaftlichen Gründen, mit der Anschaffung eines Rotators zu beginnen. Sollte man später noch zusätzliches Bewegungspotenzial benötigen, kann man eine Tilteinheit nachrüsten. Oder es kann unter der Rotation auch ein Schwenklöffel oder eine Tilteinheit als Sandwich-Gerät aufgenommen werden.“Günter Holp Geschäftsführer, Holp GmbH, Murrhardt-Fornsbach