3D-gedruckte Sonderschalung
Die hohen Anforderungen einer halbgewendelten Sichtbetontreppe an die Geometrie und Optik veranlassten Doka zu einem Pilotprojekt: In Zusammenarbeit mit Voxeljet, einem Anbieter von 3D-Drucksystemen, realisierte der Schalungsspezialist eine 3D-gedruckte Schalhaut – mit überzeugendem Ergebnis.
Bei der Herstellung von Sonderschalung werden die individuellen Elemente, die meist nur einmal für ein ganz bestimmtes Bauteil zum Einsatz kommen, normalerweise aus Holz oder Kunststoff gefräst, geglättet, versiegelt und anschließend zusammengesetzt. Dieses Vorgehen ist bei den meisten Schalungsobjekten auch die wirtschaftlichste Methode hinsichtlich der Kosten-Nutzen-Relation. Doch es gibt Fälle, bei denen sich andere Herstellungsprozesse besser eignen: Schalungsspezialist Doka hat in einem Pilotprojekt eine 3D-gedruckte Schalhaut für eine Sichtbetontreppe mit ausgefallener Geometrie realisiert. Das Ergebnis: deutliche Zeitvorteile und makellose Betonoberflächen.
Zuständig für die Rohbauarbeiten des neuen Hauptsitzes der Sächsischen Aufbaubank in Leipzig ist die Arbeitsgemeinschaft Rohbau SAB Leipzig, bestehend aus den Unternehmen Ed. Züblin und GP Papenburg Hochbau. Wie der gesamte Neubau ist auch die halbgewendelte Treppe, die den Aufgang von der Tiefgarage ins Foyer bildet, architektonisch anspruchsvoll. Sie lehnt sich zu 40 Prozent – bis zum Zwischenpodest – an eine Wand an und wird danach freitragend. Die Oberfläche der Innenseite war zudem als Sichtbeton auszuführen. Durch eine entsprechende Nachbehandlung mittels Sandstrahlen sollte eine weitestgehend Lunker-freie und farblich homogene Oberfläche hergestellt werden.
Im ersten Schritt kategorisierte Doka die verschiedenen Oberflächen entsprechend ihrer Komplexität. Einachsige, geschwungene Oberflächen mit zylindrischen oder konischen Formen konnten konventionell geschalt werden. Besonderes Merkmal der Treppe: die dreiachsig gekrümmte Oberfläche im Bereich des gerundeten Überhangs hin zur Wandseite. Eine konventionelle Fertigung der dafür notwendigen Sonderschalung wäre sehr zeitaufwendig gewesen, ganz zu schweigen von der Montage vor Ort. Doka entschied sich daher für eine andere Lösung: In Zusammenarbeit mit Voxeljet, Anbieter von 3D-Drucksystemen, wurde in einem additiven Fertigungsverfahren eine spezielle Schalhaut für die Sonderschalung hergestellt.
Ausgangspunkt war ein CAD-Modell. Doka plante die sieben Schalhautteile zuerst virtuell mit einem hohen Detaillierungsgrad. Anhand dieser Spezifikationen stellte Voxeljet im sogenannten Powder-Binder-Jetting-Verfahren die Schalhautteile in einer Wandstärke von nur 21 mm her. Dabei wird eine Partikelschicht, in diesem Fall Sand, in mehreren Schichten hauchdünn aufgetragen und an jenen Stellen mit Harz verklebt, an denen das gewünschte Bauteil entstehen soll. Der Vorgang wird in mehreren Schritten so lange wiederholt, bis das Bauteil fertiggestellt ist. Eine Stützenkonstruktion ist nicht notwendig, loses Material lässt sich danach entfernen. Die 3D-gedruckten Bauteile sind spannungsfrei gefertigt und müssen nur noch mit Epoxidharz infiltriert und anschließend geschliffen und lackiert werden.
Kurze Montagezeit mit 3D-gestützter Fertigung von Doka-Sonderschalung
Die dreidimensional gekrümmten Elemente wurden so gestaltet, dass sie sich problemlos mit der Doka-Standardschalung (Xlife-Platten) kombinieren ließen. Bohrungen und Steckverbindungen waren bereits integriert. Dadurch ergab sich ein einfacher Montageplan mit Stecksystem. Der Aufbau auf der Baustelle verlief entsprechend schnell: Die Monteure benötigten aufgrund des hohen Vorfertigungsgrads der Einzelteile nur etwa ein Zehntel der sonst üblichen Zeit. Auch der Aufbau des Schalsatzes erwies sich als einfach. Die Ecken der Elemente waren zu 100 Prozent passgenau und konnten als Einmessecken genutzt werden. Die durchgängig digitale Datenverarbeitung der 3D-gedruckten Geometrien führte den Schalprofis zufolge zu einer hohen Präzision bei der Fertigung, die sich auch beim Betonbild widerspiegelte: Das Gussergebnis entsprach genau der Planung.
Dank der geschlossenen, digitalen Datenkette war auch die Bereitstellung einer Qualitätssicherung kein Problem. Zum optimalen Resultat beigetragen hat darüber hinaus die hohe Witterungsbeständigkeit und Kratzfestigkeit des nachbehandelten Epoxid-Sand-Gemisches. Denn bevor betoniert wurde, stand die fertige Schalung einen Monat – von März bis April – auf der Baustelle. Bei Frost, Feuchtigkeit und zwischenzeitlich auch Wärme hätte es bei konventioneller Sonderschalung, deren Form unter Spannung steht, leicht zu Rissbildungen und damit zu Mängeln in der Oberfläche kommen können. Bei dem neuen Verfahren fielen jedoch keine aufwendigen Korrekturen oder Ausbesserungen an. Nach der erfolgreich betonierten Treppe war man sich einig: Es hätte durchaus noch mehr Fläche mit 3D-gedruckter Schalhaut realisiert werden können.