Scharfe Stützen fürs Regal
Die Bundeshauptstadt ist für junge Firmengründer attraktiv – ideale Bedingungen zum kreativen Arbeiten werden Startups ab 2021 in einem sechsgeschossigen Gebäudeensemble im Stadtteil Friedrichshain-Kreuzberg finden. Dort hat auf einem rund 40.000 m2 großen Grundstück an der Prinzenstraße die Berliner Niederlassung von Adolf Lupp im Auftrag von Pandion VI den Rohbau von Pandion The Shelf hochgezogen – sogar einen Monat vor dem vereinbaren Fertigstellungstermin.
Der Name The Shelf – das Regal – spielt auf das markante Erscheinungsbild dieses multifunktionalen Bürogebäudes mit Glasfassade an, das an ein offenes Regal erinnert. In den oberen Etagen des sechsgeschossigen Komplexes entstehen insgesamt 12.900 m2 Bürofläche plus zwei zusätzliche Dachterrassen, dazu gibt es eine Tiefgarage mit 80 Pkw- und 200 Fahrrad-Stellplätzen sowie einen begrünten Innenhof. Erschlossen wird Pandion The Shelf über großzügig verglaste Empfangszonen an den vier Ecken des Hofs. Im Erdgeschoss sind Flächen für Gastronomie und Kleingewerbe, Kunst und Kultur vorgesehen.
The Shelf, grundsätzlich eine klassische Stahlbetonskelett-Konstruktion, weist allerdings eine konstruktive Besonderheit auf: Eine zirka 8 bis 15 m Meter breite und über zwei Geschosse reichende Durchfahrt führt von der Prinzenstraße in den Innenhof und zur Tiefgarage. Die Lasten dieser gespannten Decke über der Durchfahrt wurden während der Bauphase von einem stattlichen Traggerüst abgefangen, im Endzustand hängt diese aber an V-förmig vom zweiten bis zum fünften Obergeschoss durchlaufenden Zuggliedern aus Beton. Die vier Etagen über der Durchfahrt bilden somit ein riesiges Fachwerk, dessen Tragwirkung erst eintritt, wenn die oberste Decke fertig ist.
Eine ebenso tragende Rolle spielen auch rund 390 senkrechte Stahlbetonstützen. Mit Kantenlängen zwischen 30 und 55 cm sowie 3,3 bis 3,8 m Höhe tragen sie die sechs Geschossdecken des neuen Bürozentrums. Diese wurden von den Architekten jedoch nicht wie sonst üblich mit gebrochenen Kanten, sondern scharfkantig gefordert – allerdings „nur“ in Sichtbetongüte SB 2 bzw. SB 3. Bei Adolf Lupp hat man aber gleich die höchste Oberflächenqualität angestrebt, so Lupp-Oberbauleiter Nils Witschonke: „Quasi als Sicherheitsreserve, damit die geforderte Qualität über die gesamte Baustelle auch gewiss nicht unterschritten wird.“ Auf die entsprechende Frage von Christian Grübel, Arbeitsvorbereiter bei Lupp, an seinen langjährigen Schalungspartner Mayer Schaltechnik in Bergrheinfeld, ob dessen Pax-HD-Stützenschalung auch scharfkantig in SB 4 könne, kam ein klares Ja.
Die Frage an das Mayer-Team hat gute Gründe, schließlich hatte Firmengründer Bernhard Mayer vor rund 25 Jahren die klappbare Stützenschalung Pax auf den Markt gebracht. Und auch wenn sie inzwischen Nachahmer gefunden hat, ist das Original von Mayer in seiner aktuell zweiten Generation (HD) nach wie vor führend. Und dass mit der Pax HD tatsächlich scharfkantige Stützen in höchster Sichtbetonqualität zu machen sind, hat das Lupp-Team auf der Baustelle in Berlin eindrucksvoll bewiesen.
Mit den beiden Varianten HD 60 und HD 120 lassen sich im 5 cm-Raster beliebige quadratische oder rechteckige Stützenquerschnitte zwischen 20 und 120 cm Kantenlänge einstellen – ganz ohne Schalhautwechsel oder -verschnitt. Pax HD 60 deckt Querschnitte von 20 x 20 cm bis 60 x 60 cm ab, HD 120 bis 1,2 m Kantenlänge. Beide Ausführungen können auch miteinander kombiniert werden. Neben den Standardhöhen 320 bzw. 270 cm gibt es 120 und 70 cm hohe Aufstockelemente und 40 cm hohe Aufstockwinkel. Damit sind variable, stufenlose Betonierhöhen bis über 9 m möglich. Dabei bietet die Stützenschalung einen respektablen zulässigen Frischbetondruck von bis zu 120 kN/m². Die vier im Windmühlenflügel-Prinzip angeordneten Stahlrahmen werden zum Ein- bzw. Ausschalen einfach zu- bzw. aufgeklappt und mit Bolzen gesichert. Mit der verbesserten Verschlusstechnik mittels Bedienzwinge und unverlierbarem Doppelbolzen sind die Flügel sogar ohne Hammer zu schließen und zu öffnen. Pax HD wird als komplette Einheit mit nur einem Kranhub versetzt oder auf Rollen zum nächsten Einsatz geschoben. Alle Anbauteile wie Betonierbühne, Leiteraufstiege oder Richtstreben verbleiben dabei an der Schalung. So ist das erneute Einschalen nur noch eine Sache von Minuten. Die Schalhaut ist fest von hinten auf den Rahmen verschraubt, das hinterlässt auf der sichtbaren Betonfläche keinerlei Abdrücke von Schrauben, Nieten oder Nägeln. Üblicherweise werden in den Ecken Dreikantleisten montiert – doch wenn man wie in Berlin scharfkantige Säulen abliefern muss, geht es auch ohne.
Dafür wurden auf dem Mayer-Betriebsgelände in Bergrheinfeld acht Pax-HD-Klappschalungen vorbereitet und 3,9 m hoch mit Schalhaut belegt – mit der nahezu unverwüstlichen Vollkunststoffplatte von Alkus. Damit war schon eine elementare Voraussetzung für optimale Betonoberflächen erfüllt sowie gewährleistet, dass dieses Ergebnis dauerhaft und bei geringstem Wartungs- und Pflegeaufwand erzielt wird. Vor dem ersten Einsatz wurde die Kunststoffplatte zudem mattiert (angeschliffen) und so dem bei neuen Alkusplatten manchmal auftretenden Spiegeleffekt vorgebeugt. Damit die Kanten trotz der fehlenden Dreikantleisten nicht ausbluten, wurden die Plattenstöße mit speziellem Neoprenband von Mayer Schaltechnik abgedichtet, wie es der Hersteller auch für seine anderen Schalungssysteme empfiehlt, wenn besonders hohe Sichtbeton-Anforderungen zu erfüllen sind.
Die Ergebnisse überzeugen: makellose Sichtbeton-Oberflächen mit einer absolut glatten, nahezu porenfreien und gleichmäßig gefärbten Betonoberfläche, mit sauberen, scharfen Kanten ohne nennenswerte Ausblutungen. Das setzt allerdings höchste Sorgfalt voraus – beim Einschalen und Betonieren, ganz besonders aber beim Ausschalen. Damit dieser positive Eindruck zumindest bis zur Abnahme erhalten bleibt, wurden alle Ecken der fertigen Stützen mit Eckschutzprofilen gesichert.
Auch nach rund 50 Einsätzen war die Schalhaut auf den acht Stützenschalungen in bester Verfassung und lieferte bis zum Schluss einwandfreie Betonoberflächen. Das spricht einerseits für die robuste Kunststoffschalhaut von Alkus, andererseits für die sorgfältige Behandlung auf der Baustelle – nicht zuletzt aber auch für die gute Pflege mit der von Mayer gelieferten Reinigungsmaschine. Da passte es ganz gut, dass bei Lupp gleich ein Folgeauftrag mit vergleichbaren Raumhöhen anstand: So konnte die Pax-HD-Stützenschalung ohne Umbau gleich weiterverwendet werden, ganz ohne teuren Schalhautwechsel.