Renault K 520 8×4 Heavy Duty überzeugt in allen Situationen
Mit dem K 520 präsentiert Renault Trucks einen Kipper der schweren Klasse. So kannten wir das früher: kleines Fahrerhaus, dicke Trapezfeder-Pakete an den Hinterachsen, robuster Aufbau. Dabei zeigt sich der Franzose erstaunlich komfortabel und trittsicher im Gelände. So geht Heavy Duty, gepaart mit großer Gelassenheit.
Leicht geht eigentlich anders. Bei mir gilt ein Vierachs-Kipper-Chassis als leicht, wenn es unter 10.000 kg auf die Waage bringt. Nur das Chassis wohlgemerkt. Das Fahrgestell dieses 520 K hat mit 11.335 kg reichlich Hüftspeck, geschuldet einem robusten Rahmen, schweren, doppelt übersetzten AP-Hinterachsen und eben jenen Trapezfedern. Letztere sind für ihre Robustheit – will sagen: Überladefähigkeit – bekannt, wiegen aber auch mehr als Parabel- oder Luftfedern, die heute auch gerne beim Vierachser für den überwiegenden Straßeneinsatz genommen werden.
Pro & Kontra:
Der Aufbau vom französischen Kipper-Spezialisten CIF Bennes wirkt optisch zwar ebenfalls wuchtig und schwer, wiegt jedoch nur rund 4,7 t. Das ist, angesichts einer Bodenstärke von 8 mm und 6 mm für die Muldenwände noch relativ leicht. Auf eine Schiebeplane verzichten die Franzosen hier. Wegen des weit öffnenden Heck-Mauls auch eine lässliche Sünde, ist diese Brücke doch weniger für leicht verwehende Rieselstoffe gedacht. Stattdessen ist diese Hinterkipp-Rundmulde für eher Grobes wie Abbruch oder Flussbausteine gedacht. Das Heckportal jedenfalls öffnet hydraulisch so weit, dass hier vermutlich sogar ein Kleinwagen locker durchrutschen würde.
Heavy Duty steht hier also im Vordergrund. Entsprechend hochbeinig kommt schon das Fahrgestell daher. Von vorne nach hinten herrscht freier Durchblick ohne hervorstehende Teile. Und es fällt auf: Trommelbremsen rundum. Konservative Betreiber schätzen diese robuste Bremsenart nach wie vor. Vor allem wenn der Meister in der eigenen Werkstatt die Bremsen gerne selber macht – dann sind die guten alten Trommeln das Mittel der Wahl. Zumal, wenn die Fahrer mit Motorbremse und Retarder umzugehen wissen. Dann halten auch die Trommeln sehr lange – selbst in bergiger Topographie. Kein Nachteil also, wenn das Umfeld und das Fahrerkönnen stimmt. Und auch die verstärkten Stabis sind gut versteckt: Vorne in der Flucht der Vorderachsen, hinten liegen sie kaum sichtbar über den Achskörpern im Rahmen.
Ein Kipper fürs Grobe also, haltbar und hart. Ob auch im Fahrbetrieb – wir lassen uns überraschen. Zunächst mal in die Kabine aufgeentert. Und da braucht es gelenkige Knie, denn die erste Stufe liegt mit 56 cm schon ganz schön weit überm Boden. Die Trittplatte ist zumindest in der waagrechten gelenkig aufgehängt, kann also ausweichen, wenn es hart auf hart kommt. Der Fahrerhausboden liegt mit 163 cm ziemlich hoch über der Fahrbahn. Ein eingelassener Griff hilft, die Kabine sicher zu erreichen. Wie alle Griffhilfen ist er in Signalgelb lackiert, genauso wie die Beobachtungs-Plattform und die Dachreling – sieht gut aus, dieser Klettersteig.
Die Day Cab, wie Renault die kurze, niedrige Kabine nennt, bietet genauso viel Lebensraum, wie der Kipper-Fahrer braucht. Mit 18 cm ragt die Motorkiste nur moderat ins Innere, die manuelle Dachklappe ist vom Fahrerplatz aus noch zu erreichen, wenn man sich streckt. Die Sichtverhältnisse: sehr gut. Die Heckscheibe erlaubt den Blick nach hinten beim Kippen, noch besser ist aber die Vision door auf der rechten Seite. Das Fenster in der Beifahrertür erlaubt den Durchblick unmittelbar neben das Fahrzeug, Fußgänger und Radfahrer sind hier erkennbar, wenn auch nur in einem schmalen Sichtfeld. Mehr Durchblick bietet die Außenkamera rechts an der Ecke, die den gesamten Toten Winkel abbildet. Hält sich dort jemand auf, signalisiert ein rotes Feld in der Bildschirmanzeige: Achtung! Und ist der Blinker gesetzt, warnt optisch und akustisch ein weiterer Signalgeber in der A-Säule rechts.
Neu im Renault-Kipper-Fahrerhaus ist das optionale Roadpad+, das als 7-Zoll-Touchscreen über der Mittelkonsole thront. Es dient als Anzeige für das Lkw-spezifische Tomtom-Navi und für die Bilder von bis zu vier Außenkameras. DAB-Radio, Telematik- und Entertainment-Funktionen lassen sich hier anzeigen, zwei Bluetooth-Geräte kann man gleichzeitig anmelden. Die eher fahrzeugspezifischen Anzeigen wie Schaltprogramm, Optiroll-Einstellungen, Reifenluftdruck oder Differenzialsperren meldet das ebenfalls große Zentraldisplay im Armaturenträger. In den thematisch geordneten Tastenfeldern lässt sich der motorseitige Nebenabtrieb zuschalten und die Motordrehzahl regeln. Für die Sperren und die Tempomat-Funktionen sind jeweils die bekannten Drehregler zuständig. Das alles gibt keine Rätsel auf und ist sehr eingängig verknüpft. Etwas lieblos allerdings hat der Aufbauer den Schalter und die Kontrolllampe für den hydraulisch liftbaren Unterfahrschutz in den unteren DIN-Schacht verpflanzt. Immerhin sind hier die blaue Kontrollleuchte und der Drehschalter gut zu sehen. Der Unterfahrschutzbügel lässt sich übrigens auch von außen mit einem Schalter am Heck bedienen.
Nun ist es kein Geheimnis, dass sich Renault antriebsseitig im umfangreichen Baukasten von Volvo bedient. Natürlich alles mit eigener Software-Entwicklung – da legen die Franzosen großen Wert drauf. Und so treffen die 2.550 Newtonmeter des 12,8 l großen DTI 13 auf das extended Optidriver-Direktgang-Getriebe, um von hier, weiter an die AP-Achsen geleitet, für mächtig Anfahr-Wumms zu sorgen. Bei Volvo heißt dieses Getriebe I-Shift, und das Extended von Renault bezeichnet hier die Crawler-Gruppe, die als eigenes Modul nochmal für enorme Übersetzungsmöglichkeiten sorgt. So ist im Vorwärts-Modus – hier mit 1:19,4 – ein sehr kurzer erster Gang möglich, rückwärts reicht die Untersetzung gar bis 37,5, was einer Schleichfahrt von etwa 0,2 m/s bei Leerlaufdrehzahl entspricht. Bei Volvo ist dieses Verhältnis in etwa auch im Vorwärts-Modus möglich. Renault belässt es hier bei 19,4, was ja auch schon enorm kupplungsschonendes, extrem langsames Rangieren erlaubt.
Bevor wir diese herrliche Rangier-Langsamkeit und Anfahr-Sicherheit erproben, wollen wir den Federungseigenschaften bei Leerfahrt auf den Zahn fühlen. Natürlich spürt man die Härte der hinteren Federung, da kommen je nach Untergrund schon Vibrationen rein – trotz Vierpunkt-luftgefederter Kabine. Aber für Trapezfedern hinten und Dreiblatt-Parabeln vorne rollt der Renault leer erstaunlich komfortabel und vor allem leise über die Schlechtweg-Passagen, hier im Kiesabbau der Heidelberger Beton Inntal nahe Altötting. Auch akustisch hält sich der 12,8-Liter zurück. Im Fahrerhaus ist der Turbolader gut zu hören, mit 65 dB(A) bei 65 km/h liegt der Franzose bei branchenüblicher, durchaus noch angenehmer Geräusch-Einstrahlung.
Richtig begeistern kann die Lenkung: Mit nur 4,6 Umdrehungen von ganz links nach ganz rechts ist sie für einen Vierachs-Kipper ungewöhnlich direkt übersetzt. Fürs Fahrgefühl heißt das: Ganz wenig Kurbelarbeit in den zahlreichen Landstraßen-Kreiseln. Da spürt der Fahrer Ende des Tages schon, ob er hier ganz entspannt um die Ecken zirkelt oder am Volant hektische Rührarbeit leistet.
Dass der Renault K in dieser Ausprägung für ganz andere Gewichte gedacht ist, zeigt sich spätestens beim Beladen. Wir lassen uns vom Laderfahrer gut 16 t Kies auflegen. Bei der Größe des Ladegeräts sind das gerade mal anderthalb Schaufeln, die die Mulde bei weitem nicht ausfüllen. Mit knapp 32 t Gesamtgewicht sind wir jetzt zwar straßentauglich unterwegs, könnten aber locker noch 13 t mehr laden, wenn wir das technisch mögliche Gesamtgewicht von 45 t ausnutzen wollten. Das ginge natürlich nur abseits der öffentlichen Straße, unterstreicht gleichwohl aber die Eignung des 520 K zum Gruben- und ortsfest operierenden Baustellen-Kipper.
Auf den engen Landstraßen rund um Altötting stellt der Franzose seine Handlichkeit unter Beweis. Die direkte Lenkung erleichtert das Handling spürbar, die guten Sichtverhältnisse und die ohne Fehlalarme agierende Abbiege-Kamera tun ein Übriges, um mit dem 520 K sehr schnell Freundschaft zu schließen. Wie gesagt: Der Federungskomfort überzeugt erst recht beladen, die Trapezfedern erwachen schließlich erst bei hoher Last zum Leben. Mit den 32 t hat der 520-PS-Sechszylinder – wie zu erwarten – keinerlei Probleme, übermotorisiert wäre hier die richtige Einschätzung. Denn er ist für weit höhere Gewichte ausgelegt, und dann ist das Drehmoment und die frühe Leistungsentfaltung durch den kleinen, schnell reagierenden Wastegate-Lader sehr willkommen.
Mit knapp 1.200 Umdrehungen bei 65 km/h im höchsten, übrigens direkt durchtreibenden Gang ist der Renault ausgesprochen agil unterwegs. Kleinere Hügel steckt er ohne Rückschaltung weg: Schließlich liegen bei dieser Landstraßen-Marschgeschwindigkeit rund 330 Volllast-kW an, entsprechend knapp 450 PS. Da muss man nicht schalten, da bügelt man alles glatt.
Zurück in der Grube suchen wir uns ein paar Traktionsaufgaben. Weiche Stellen gibt es in dieser Kiesgrube genug. Und Kies ist tückisch. Wer schlau ist, fährt hier immer Rückwärts in noch frische Schüttungen. Das verfestigt schon mal die Fahrspur für die Rückfahrt. Andernfalls ist die Gefahr des Absaufens ziemlich groß, da helfen dann auch die hinteren Längs- und Quersperren nicht mehr. Wir kommen heute aber ohne Laderhilfe zurecht. An steilen Rampen, wie überhaupt im Gelände, empfiehlt sich der Offroad-Modus, um ungewollte Hochschaltung zum Beispiel mitten in einer Steigung zu vermeiden. Dank des Angebots an hoch übersetzten Kriechgängen gelingen auch Anfahrvorgänge in steilen Rampen völlig problemlos und vor allem ohne die Gefahr, die Kupplung abzurauchen. Letztlich begrenzen nur die Qualität des Bodens und das Reifenprofil die Traktion und damit das Fortkommen dieses Heavy-Duty-Renaults.
Der macht tatsächlich Spaß in allen Fahrsituationen. Das Handling ist für die Schwere des Geräts kinderleicht, ebenso die Bedienung der wichtigsten Funktionen. Ausgestattet mit Optiroll, segelt der Franzmann sogar, wenn es Fahrwiderstand und Straßenneigung erlauben. Selten kam ein Truck fürs Grobe so elegant daher.