Elektrosicherheit

Richtig Prüfen ist wichtig

Die gesetzliche Pflicht zu Prüfung elektrischer Anlagen ist weitreichender als viele denken. Versäumnisse kommen Unternehmen teuer zu stehen.

Prüfpflicht Elektrogeräte
Auch Kleingeräte unterliegen der Prüfpflicht – und das gilt selbstverständlich genauso im Büro. (Bild: Niederberger-Gruppe)

Vor allem auf kleineren Bau- und Montagestellen sei es um die Sicherheit schlecht bestellt, kritisiert das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit des Landes Berlin (LAGetSi). Häufige Mängel seien beschädigte Isolationen an Kabeln, Maschinen und Geräten sowie fehlende oder ungeeignete Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen. „Wo beispielsweise keine FI-Schalter vorgefunden werden, kann es zu einem Baustopp kommen“, droht die Behörde. Klar: Wenn der Verteiler stillgelegt wird, läuft auch in der Peripherie nichts mehr.

Unsichere elektrische Betriebsmittel sind keine Berliner Spezialität, sondern eine der gesamten Bauwirtschaft – aufgrund ihrer spezifischen Risikofaktoren: mechanische Belastung, Witterungseinflüsse, häufiger Transport oder versehentliche Beschädigung. Vor diesem Hintergrund wiegen fehlerhafte Installationen natürlich doppelt schwer. Die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) führt Stromunfälle auf Baustellen auch darauf zurück, dass Einrichtungen von verschiedenen Gewerken genutzt würden und sich hinsichtlich Schadensmeldungen einer auf den anderen verlasse.

Elektrische Betriebsmittel auf der Baustellen werden oft von unterschiedlichen Gewerken genutzt – ein Sicherheitsrisiko. (Bild: Panthermedia)

Aus diesem Grund sehen die Betriebssicherheitsverordnung und die DGUV-Vorschrift 3 wesentlich häufigere Überprüfungen vor als für andere Gewerke: in der Regel alle drei Monate (siehe Kasten). Ausstattungen von Servicefahrzeugen wie Sägen, Kabeltrommeln oder Lampen gehören ebenfalls dazu. In Fertigungsstätten, Küchen oder Büros gelten dagegen Intervalle von zwölf oder 24 Monaten als ausreichend. „Defizite gibt es vor allem bei kleineren Unternehmen“, bestätigt Marc-A. Eickholz, Geschäftsleiter der Niederberger Gruppe, die auf technische und infrastrukturelle Industrieservices spezialisiert ist. Eine neue DGUV-Information 203-071 mit Praxisinformationen und Checklisten hilft Unternehmen dabei, ihre Standards zu verbessern. Im Baustellenbetrieb erschweren die ständig wechselnden Einsatzstellen die Prüfungen. Mit einer professionellen Logistik lässt sie sich allerdings bewältigen. Eickholz: „Sämtliche Geräte können an zentraler Stelle katalogisiert, verortet und mit einem Barcode versehen werden. Telematik gibt einen jederzeitigen Überblick über die Einsatzorte.“ Bei guter Organisation seien Prüfungen auch zu versetzten Zeiten, an Wochenenden oder nachts möglich.

DGUV-Prüfungen haftet aber auch der Ruf überbordender Bürokratie an. Neben Baugeräten müssen zugleich auch für Büro-Computer, Monitore oder Verlängerungskabel und sogar für Kaffeemaschinen, Wasserkocher oder Radios von Mitarbeitern Gefährdungsbeurteilungen erstellt und je nach Ergebnis Prüfungen durchgeführt werden. Die Vorschrift umfasst sämtliche Geräte, egal, ob sie der Produktivität der Firma dienen oder nicht. Es wäre ein Fehler, das auf die leichte Schulter zu nehmen. Selbst defekte Tauchsieder haben Gebäude schon bis auf die Grundmauern niederbrennen lassen. „Sachversicherer haben in ihren Vertragsbedingungen oftmals sogar kürzere Prüffristen als die DGUV-Vorschrift 3 vorgegeben. Im Schadensfall gibt es dann Probleme bei der Regulierung“, warnt Thomas Lucks, Sprecher der BG Bau.

In welchem Turnus genau ein einzelnes Arbeitsmittel zu prüfen ist, wird unter Berücksichtigung der Technologie und der Nutzungsumgebung mit der Gefährdungsbeurteilung festgelegt. Zuständig ist gewöhnlich der Beauftragte für Arbeitssicherheit. Dafür geradestehen muss der Unternehmer persönlich. Rechtssicher sind DGUV-Prüfungen nur, wenn sie von dafür qualifizierten Personen durchgeführt werden. Viele halten es für ausreichend, wenn jemand mit einem Prüfgerät umzugehen weiß, also darin eingewiesen wurde. Als befähigt gilt eine „Elektrofachkraft, die durch ihre Fachausbildung, eine mindestens einjährige Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit über die für die jeweilige Prüftätigkeit erforderlichen Fachkenntnisse verfügt“. Als ausreichend wird unter anderem eine Berufsausbildung zum Elektro-, Automatisierungs- oder Telekommunikationstechniker angesehen. Berufserfahrung wiederum bedeutet unter anderem die Durchführung mehrerer Prüfungen pro Jahr.

Die Berufsgenossenschaften überwachen die betriebliche Praxis. In der Regel hat der Unternehmer vier bis fünf Wochen Zeit, um eine versäumte Prüfung nachzuholen. Es kann aber auch direkt ein Bußgeld verhängt werden – bis zu einem hohen vierstelligen Betrag. Für einen fortgesetzten Betrieb elektrotechnisch unsicherer Geräte und Anlagen sehen die Bußgeldvorschriften Strafen bis zu 25.000 Euro vor. Kommen durch grobe Fahrlässigkeit Personen zu Schaden, wird der Unternehmer für die gesamten Kosten – von der Versorgung des Verletzten bis zu den Reha-Maßnahmen – in Regress genommen und womöglich auch strafrechtlich verfolgt.

 

DGUV-3-Prüfungen

Im Büro

  • Verlängerungs- und Geräteanschlussleitungen mit Steckvorrichtungen: Richtwert 6 Monate (Prüfung auf ordnungsgemäßen Zustand); Möglichkeit der Fristverlängerung bei Fehlerquote unter zwei Prozent.
  • Anschlussleitungen mit Stecker/Bewegliche Leitungen mit Stecker und Festanschluss: zwei Jahre.

Auf Bau- und Montagestellen (Richtwerte nach DGUV Information 203-006)

  • Ortsfeste elektrische Anlagen und Betriebsmittel: jährlich.
  • Schutzmaßnahmen mit Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) bei nichtstationären Anlagen sowie Isolationsüberwachungseinrichtungen: mindestens monatlich auf Wirksamkeit; arbeitstäglich auf einwandfreie Funktion (durch den Bediener).
  • Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel: 3 Monate; Anpassung nach jeweiliger Beanspruchung, zum Beispiel bei Schleifen von Metallen oder Verwendung in Bereichen mit leitfähigen Stäuben deutliche Verkürzung der Frist, gegebenenfalls wöchentlich oder täglich.
  • Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel: Sichtprüfung auf äußerlich erkennbare Schäden oder Mängel vor jeder Benutzung (durch den Bediener).

Zusätzlich wird empfohlen, die geprüften und als mängelfrei beurteilten Betriebsmittel zu kennzeichnen, zum Beispiel mit einer Prüfplakette oder einer Banderole.