Erste E-Fahrmischer und E-Kipper als Trendsetter auf der Bauma
Kleine Nutzfahrzeug-Nachlese zur Bauma: Viel Publikum, wenig ausstellende Fahrzeug-Hersteller und mieses Wetter am Eröffnungstag. Mercedes-Benz Trucks überrascht mit einigen schweren E-Fahrzeugen für den Bau, die Kipper-Hersteller feilen an Details.
Die Transformation zum batterieelektrischen Antrieb geht auch bei den schweren Baufahrzeugen mit Riesenschritten voran: Mercedes zeigt einen ersten Prototypen des eActros – fit for construction. Die für den dreiachsigen Hinterkipp-Sattel umgerüstete Straßen-Zugmaschine wurde von Meiller mit einer kompletten Kipp-Hydraulik ausgestattet, die hinter dem Fahrerhaus montiert ist. Zuoberst ein flach bauender Tank fürs Öl der Kipphydraulik, darunter ein Hochvolt-Konverter, der den Gleichstrom des Fahr-Akkus in Wechselstrom für den ebenfalls unterm Tank sitzenden E-Motor der Hydraulikpumpe umwandelt. Das heißt, der Strom fürs Kippen kommt direkt aus dem Fahr-Akku. Dass dabei die Reichweite (rund 500 km) leiden würde, sei nach Aussage eines Daimler-Sprechers nicht zu erwarten: Es sei erstaunlich wenig, was die Zusatzfunktionen für Kipper, Absetzer und Abroller aus den Fahrbatterien abzweigen. Man habe selbst nicht mit so wenig gerechnet.
Dass der eActros Long Haul als Kipper-Zugmaschine nicht wirklich für Schlechtweg-Strecken geeignet ist, darauf weisen die Mercedes-Leute explizit hin. Mit seiner E-Achse und den unterm Chassis durchgeführten Batterie-Paketen ist er ein reiner Straßenkipper. 2024 soll er in Serie gehen.
Zusammen mit Paul/Vilshofen (früher Paul/Passau) und Liebherr stellte man einen 8×4-Betonmischer auf die Räder, der auf der Messe erstmals gezeigt wurde. Bei Paul kennt man sich aus mit Heavy Duty: Deshalb entwickelten die Vilshofener für das Arocs-Fahrgestell einen eigenen E-Antrieb. Er ist ganz normal längs eingebaut. Verkoppelt mit einem Getriebe, können die bewährten Außenplanetenachsen des Arocs genutzt werden, um auch weiterhin die für den Baustelleneinsatz benötigte Bodenfreiheit und Geländegängigkeit zu bieten.
Für Reichweiten von deutlich über 200 km
Die Paul Group gibt für den elektrischen Antriebsstrang des Fahrzeugs eine Dauerleistung von mehr als 300 kW und eine Spitzenleistung von mehr als 400 kW an. Der Battery-Electric-Arocs kann mit wahlweise sechs oder sieben Batteriepaketen mit jeweils 60 kWh nutzbarer Energie konfiguriert werden. So sind laut Paul Reichweiten von deutlich mehr als 200 km möglich. Der Battery-Electric-Arocs verfügt über ein zukunftsfähiges 800-V-Bordnetz und kann laut Paul Group an einer Ladesäule mit 150 kW innerhalb von rund 1,5 Stunden bei sechs Batteriepaketen von 20 auf 80 Prozent aufgeladen werden.
Der Fahrmischer-Aufbau mit 9-m³-Trommel von Liebherr und ist ebenfalls elektrisch angetrieben, der Strom für den Direktantrieb der Trommel stammt aus den Fahrbatterien. Das Mehrgewicht für die E-Ausrüstung beim Mischer wird übrigens seitens der Zulassung nicht kompensiert. Es scheint fast, als habe man den Betonmischer bei der Gewichtskompensation vergessen, so ein Sprecher auf dem Mercedes-Stand. Deshalb kann der E-Mischer nicht wie üblich acht bis neun Kubik tragen, sondern ein Kubik weniger. In der Kleinserie ab Ende 2023 sind Konfigurationen flexibel als 4- und 3-Achser für Liebherr-Fahrmischer, Pritschen- und Kippanwendungen verfügbar. Der Hauptvertrieb liegt bei Paul, die Unternehmensgruppe übernimmt auch alle Service- und Wartungsarbeiten für den Lkw.
Für alle dieselgetriebenen Actros- und auch Arocs-Modelle ist seit Oktober 2022 die dritte Generation des Motors OM 471 mit bis zu vier Prozent Kraftstoffersparnis verfügbar. Auch hier legten die Mercedes-Motorenentwickler kräftig Hand an: Eine Vielzahl technischer Innovationen seien im Hinblick auf kraftstoffsparendes Fahren, einen reduzierten CO2-Ausstoß, niedrigere Betriebskosten und höhere Erträge konsequent auf die Senkung der Total Costs of Ownership ausgerichtet. Leistung, die Fahrdynamik oder der Fahrkomfort blieben gleich oder wurden verbessert. Für noch mehr Fahrdynamik hat Mercedes-Benz Trucks den gesamten Antriebsstrang weiterentwickelt. Um den Arocs noch belastbarer zu machen, wurde zudem eine neue Vorderachse mit 10 t entwickelt. Das ermöglicht unter anderem den Verbau von größeren Kränen und Arbeitsgeräten.
Traditionshersteller Meiller stellt natürlich sein neues Trigenius-Konzept ins Zentrum. Der Name steht für die neue Dreiseiten-Kipper-Generation, vom kleinsten bis zum größten Kipper sei alles überarbeitet und im Erscheinungsbild aus einem Guss. Sämtliche Trigenius- Dreiseitenkipper basierten ab sofort auf einem modularen Baukasten, mit glatten Oberflächen, bester Ergonomie, Bedienung und Effizienz, so Meiller. Als gutes Beispiel könnte hier der Dreiseiten-Kipper mit Bordmatic rechts für den leichten 4×2-Kipper dienen. Die Ladefläche in 2,45 m Breite erlaubt nicht nur den sicheren Transport palettierter Ware, sondern auch von Bau-Containern. Schönes Detail: Die ausschwenkenden Kanten der Bordmatic-Bordwand sind nun mit gelb blinkenden Diodenbändern ausgestattet – ein echter Sicherheitsgewinn.
Neue Namen auch für die beweglichen Kipper
Der Abroller heißt bei Meiller jetzt Tectrum, der Absetzer Tectris. Geschraubt statt geschweißt ist das Motto und erlaubt mehr Freiheitsgrade in der Anpassung an die verschiedenen Fahrgestelle. Die Montage bereits fertig lackierter Bauteile, die flexible Anpassung an Kundenwünsche, die einfache Nachrüstung von Komponenten sowie ein schnellerer und kostengünstigeren Ersatzteilaustausch sollen damit möglich sein. Serienmäßig verbaut Meiller jetzt energiesparende und langlebige LED-Rückleuchten. Für eine bessere Kräfteeinleitung und -verteilung haben die Ingenieure außerdem den Lagerlappen optimiert und für einen größeren Schwenkbereich die sogenannte M-Lasche geändert. Ganz neu ist das integrierte Wiegesystem für die Meiller-Absetzkipper. Mit dieser Option kann das Behältergewicht gemessen und sofort im Farbdisplay der bewährten Funkfernbedienung i.s.a.r.-control 3 angezeigt werden. Tragende Stahlbauteile werden jetzt KTL-grundiert. Mit der neuen Verfahrenstechnik erweitert Meiller die Garantie für alle tragenden Teile wie Grundrahmen, Schwingen, Ausleger, Ladebrücken und Stützfüße auf fünf Jahre.
Die Bordwände kann man am Fahrzeug verstauen
Mit dem Kögel-Multi stellt das Burtenbacher Unternehmen einen vielseitig nutzbaren Plateau-Auflieger vor. Die Ladefläche kann mit abnehmbaren Bordwänden oder Steckrungen begrenzt werden. Die Alu-Bordwände lassen sich am Fahrzeug in einer Art Palettenkasten verstauen, sind also immer dabei, wenn sie gebraucht werden. Nicht benötigte Steckrungen finden in einem Gestell gleich hinter der Stirnwand Platz. Die Steckplätze auf der Ladefläche für die Rungen sind in einem engen Raster gesetzt.
Auch den Kipp-Auflieger hat Kögel stark überarbeitet und dabei Kundenwünsche berücksichtigt. Kögel bietet den Kipper grundsätzlich als Zwei- und Dreiachser mit einem Stahlchassis an. Für den Transport von Schüttgut gibt es eine Vollstahlmulde und eine gewichtsoptimierte Stahl-Alu-Mulde. Die Kögel-typische Bolztechnik ermöglicht den Materialmix aus widerstandsfähigem Stahlboden und leichten Aluminium-Seitenwänden. Damit sich im Bereich der Bolzverbindung kein Schmutz mehr bei den nicht isolierten Muldenausführungen festsetzen kann, bietet Kögel für die neue Fahrzeuggeneration nun Schmutzabweiser an. Sie erleichtern nicht nur die Reinigung der Muldenaußenwand, sondern auch das Bekleben mit Werbe-Folien.
Alle Kögel-Kipper profitieren nun von der überarbeiteten Rückwandklappe. Sie besteht nun aus 4 mm starkem, hochfestem HB450-Stahl, der eine enorme Beulfestigkeit aufweisen soll. Der in Serie klappbare Unterfahrschutz mit seinem schmutzabweisenden Profil verfügt fortan über zusätzliche Anschlagpuffer, damit der Unterfahrschutz perfekt am Gummi aufliegt.