bd-Maschinentest bei Sunward Europe in Belgien
Im belgischen Tessenderlo hat der chinesische Baumaschinen-Hersteller Sunward vor über 20 Jahren seine Europa-Zentrale aufgeschlagen. Vor Ort haben wir uns informiert, wie die Marke aktuell aufgestellt ist. Und selbstverständlich auch den Besuch genutzt, um zahlreiche Maschinen persönlich zu testen.
Sunward, zu Deutsch sonnenwärts – das klingt erst mal nach reichlich Pathos. Aber wenn man sieht, wo das Unternehmen nach einem knappen Vierteljahrhundert steht, scheint die Richtung jedenfalls zu stimmen. In Europa ist man seit 2015 vertreten, 2021 wurde der jetzige Standort im belgischen Tessenderlo bezogen. In einem angenehm funktional wirkenden Gebäude haben derzeit 50 Mitarbeitende ihren Arbeitsplatz. Und mit Arnaud Berthier als CEO Europe wurde ein Branchenprofi verpflichtet, der insbesondere im Kompaktmaschinen-Geschäft zuhause ist.
Auf 25.000 m² werden am Standort von den gängigen Modellen reichlich Exemplare vorgehalten, die Abstimmung auf die länderspezifische Ausstattung der Maschinen erfolgt ebenfalls hier vor Ort. Dazu lagern Grabwerkzeuge und Schnellwechsler verschiedenster Hersteller in großer Zahl in den Hochregalen. Dass man sich mit Standard-Geräten, die auf dem Weltmarkt durchaus erfolgreich sind, in Europa mitunter schwer tut, haben die Chinesen sehr schnell verinnerlicht. Bevor die georderten Bagger also zum Händler gehen, können etliche Details quasi ab Werk nachgerüstet werden: so beispielsweise Zylinder-Rohrbruchsicherungen, Zentralschmierung, proportionale Joysticks, Komfort-Sitze, spezielle Bodenplatten oder Steelwrist Tiltrotatoren. Neben dem Werkstattbereich mit Lackierkabine ist in einem eigenen Hallentrakt das Ersatzteillager untergebracht, das eine Teileverfügbarkeit von 95 Prozent innerhalb von 24 Stunden sicherstellen soll.
Gleichwohl repräsentiert das derzeit in Europa verfügbare Produktprogramm, so Marketing-Manager Emmanuel Ficot, nur einen Ausschnitt der gesamten Produktion im chinesischen Werk. Verfügbar in Tessenderlo sind Mini- und Kompaktbagger, Kettenbagger, Kompaktlader, Arbeitsbühnen, kompakte Raupenkrane sowie seit jüngstem Bohrgeräte für den Spezialtiefbau. Wobei die beiden letzteren über eine eigene Vertriebsstruktur verfügen, die sich noch im Aufbau befindet. Etwa drei Viertel der 2022 verkauften 5.000 Einheiten sind Minibagger. Die stärksten Märkte dafür sind Deutschland, Italien und Frankreich, wobei die kleinen Sunward-Bagger hierzulande auch unter dem Markennamen Atlas vertrieben werden.
Der Produktmanager für Erdbewegungsgeräte, Hans Driesen, pflegt als Hydraulik-Profi den direkten Kontakt zu den Anwendern und ist in der Lage, durch feinste Anpassungen im System beispielsweise das Ansprechverhalten der Maschine auf individuellen Kundenwunsch abzustimmen. Auf einem Werkstatt-Platz für die Endausrüstung stand bei unserem Besuch gerade ein Mobilbagger der 15-t-Klasse. Für Vorführungen in Deutschland wurden gerade ein Tiltrotator montiert sowie die Joystick-Lenkung und Baggerbremse aktiviert. Bei Sunward gibt dieser SWE155FW seine Europa-Premiere in dieser Maschinen-Gattung – und wir haben uns gleich eine baldige Proberunde auf dieser Maschine gesichert. Ist ja schließlich auch das Hauptanliegen unseres Besuchs hier vor Ort in Tessenderlo.
Eigens für Schulungen und Kundenevents ist auf dem Gelände ein Demo-Bereich eingerichtet, wo für uns ein breiter Querschnitt aus dem gesamtem Baggerprogramm bereitstand – Motto: Schlüssel steckt. Genaugenommen war es nicht mein allererster Kontakt mit einem Sunward-Bagger, den gab es schon auf der Demopark in Eisenach. In Tessenderlo nun habe ich mich strategisch von unten nach oben vorgearbeitet. Zunächst also der 2-Tonner SWE20F, ein grundsolider Minibagger, kombinierte Bewegungen laufen in ansprechendem Tempo ab. Auch mit dem reichlich dimensionierten Grabenräumer steht er angenehm ruhig. Das Kabineninnere eher schlicht und funktional, die Kopffreiheit ist für meine Statur bei geöffnetem Fenster nicht gerade ideal. Das gesamte Design versprüht doch einen gewissen 90er-Jahre-Charme. Doch ein herbei eilender Produktmanager versichert, dass hier bald eine Modellpflege ansteht. Die Kabine soll dann in der Gestaltung dem SWE17F entsprechen, und diese bietet deutlich mehr Raum – auch über Kopf, wovon ich mich gleich überzeugen konnte.
Weiter mit dem SWE25UF, ein Null-Heck-Bagger aus der 2,5-t-Klasse, die äußere Form echt gelungen. Die Vorführmaschine stammt aus einem großen Mietpark – das sah man ihr zwar an, dennoch zeigte sie bei der Leistung keinerlei Schwächen. Der verbaute Yanmar-Diesel verschafft sich derweil unmissverständlich Gehör. Auch hier ist die Botschaft klar: Sunward will nicht den Premium-Herstellern erklären, wie es geht, Ziel ist vielmehr ein günstiges Preis-/Leistungsverhältnis bei vernünftiger Qualität. Mit dem Bagger lässt sich ein Planum ziehen, und dabei ist er flott unterwegs. Was will man mehr. Zwei Zusatzkreise plus eine Ansteuerung für einen hydraulischen Schnellwechsler gehören zur Standard-Ausstattung, damit ist man eigentlich für alles gerüstet.
Der nächste Kandidat: ein Kompaktbagger SWE90UF in der beliebten 9-t-Klasse mit geringem Hecküberstand. In diesem Fall eine Maschine mit Mono, ein Verstellausleger ist allerdings auch verfügbar. Verbaut werden, wie auch in den anderen Modellen, Qualitätskomponenten. Hier ein Yanmar-Motor und Bosch-Rexroth-Load-Sensing-Hydraulik. Einzige Kritikpunkte: die Schalldämmung in der Kabine und vielleicht das etwas sportliche Schwenkwerk. Auch hier ist man dran, wie man uns versichert. Ein wohl allgemein bei chinesischen Herstellern übliches Vorgehen: Es wird bei Anwendern sehr genau nachgefragt und hingehört. Und man kann davon ausgehen, dass die Anpassungen bei der nächsten Lieferung bereits berücksichtigt sind.
Weiter auf dem Demo-Gelände: Es folgt der SWE155UF-2PB. Die Typenbezeichnung wirkt etwas umständlich, steht aber lediglich für einen Kurzheckbagger mit zirka 16 t Betriebsgewicht und Verstellausleger. Die Maschine entspricht sowohl im äußeren Erscheinungsbild als auch beim Kabineninterieur durchaus europäischen Erwartungen. Auch hier besteht der Antriebsstrang aus Komponenten renommierter Zulieferer, vom Cummins-Motor der Stufe V bis zum Hydraulik-System von KPM und KYB. Bei unserer Proberunde gab es auf Anhieb aber mal gar nichts zu kritteln. Der Geräuschpegel ist angenehm, die Arbeitsgeschwindigkeit lässt Freude aufkommen, der Bagger liegt einfach gut in der Hand.
Jetzt noch ein Schmankerl auf der Sunward-Agenda, der Akku-Bagger SWE240FED aus der 24-t-Klasse. In den Niederlanden ist man beim emissionsfreien Arbeiten scheinbar schon weiter, dort laufen bei einem Vermieter schon mehrere Exemplare dieses Typs. Beim Einsatz mit einer Schrottschere sind schon Laufzeiten über zehn Stunden erzielt worden. Die Batterie hat eine Speicherkapazität von mehr als 400 kWh, bei rund 620 Volt Betriebsspannung. Mit dem Akku-Pack im Heck sieht der Stromer jetzt nicht gerade schnittig aus, aber wen bitte sollte das ernsthaft stören. Fahren tut er sich jedenfalls wie gewohnt – von der Geräuschkulisse mal abgesehen. Auch wenn der Drehzahl-Regler nicht komplett aufgedreht ist, legt der Bagger ein beachtliches Tempo hin. In dieser Konfiguration hat die Elektro-Maschine bislang nur sehr wenige Wettbewerber.
Bis sich jedoch Akku-Bagger mit einem Betriebsgewicht über 20 t auf hiesigen Baustellen durchsetzen, ist der Weg sicher noch weit. Trotzdem wächst das Angebot stetig. Etwas leichter dürfte sich der deutlich kleinere SWE20FED in der 2-t-Klasse tun. Er ist verfügbar in Canopy- oder Kabinen-Variante, die Batterie-Laufzeit wird mit 4 bis 6 Stunden angegeben. Auf dem Testgelände gibt er sich jedenfalls wie sein Diesel-Pendant, nur eben deutlich leiser und ohne leichte Abgas-Note in der Nase.
Was kommt im Jahr 2024: Neben einer Abrundung des Kettenbagger-Programms nach oben, stehen Akku-Bagger in diversen Größenklassen kurz vor der Markteinführung. Und ein komplett neues Marktsegment soll mit kleinen knickgelenkten Radladern erschlossen werden.
Steckbrief
- Gegründet: 1999 von Professor He Qwinghua
- Mitarbeitende: aktuell über 5.500
- Jahresumsatz: 1,2 Mrd. US-Dollar
- Stammsitz: Fabrik in Changsha auf 120 Hektar
- Marktposition: weltweit unter den Top-20-Baggerherstellern, Rang 32 der weltgrößten Baumaschinen-Hersteller (Yellow Table 2022)