Turmkrane

Obendreher sind filigrane Riesen

Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben – nicht anders geht es den Obendrehern: Sie erreichen immer größere Hakenhöhen, sind zunehmend bequemer zu transportieren und schneller zu montieren. Und sie tricksen die Schwerkraft mit modernsten Windenantrieben für feinfühliges, aber auch flottes Heben und Senken der Lasten aus.

Liebherr Turmkran 150EC-B
Eisiger Kälte und Windgeschwindigkeiten bis 280 km/h musste ein spitzenloser 150 EC-B trotzen, der für den Seilbahnbau mit einem Hubschrauber auf der Zugspitze montiert wurde und mit 2975 m Höhe zeitweise der höchste Punkt Deutschlands war. (Bild: Liebherr)

Immer häufiger werden heute Obendreher eingesetzt, wo zuvor Raupen- oder Autokrane – ob mit Gittermast- oder Teleskopausleger – oder untendrehende Schnellmontagekrane verwendet wurden. Moderne Obendreher erfüllen mittlerweile nämlich unterschiedlichste, teils sich sogar widersprechende Anforderungsparameter – und genau das wünschen sich die Anwender, um vielfältigere Einsätze, günstigere Transporte, kürzere Montagezeiten und bessere Auslastungen zu erreichen. Sie stehen in drei verschiedenen Bauarten auf ihren Türmen: in konventioneller Bauart mit Turmspitze und einem daran abgespannten, waagerechten Laufkatzenausleger, in spitzenloser Bauart mit Laufkatzenausleger oder mit einem im Anstellwinkel veränderlichen Verstellausleger, auch Wipp- oder Nadelausleger genannt, dessen Seile für die Hakenflasche über das Auslegerende geführt werden. Statt mit der Laufkatze wird die Ausladung dann durch das Verändern des Auslegerwinkels variiert.

Wilbert WT335L e.tronic und WT420 e.tronic
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Auf heimischen Baustellen sind nach wie vor Obendreher mit Katzauslegern sehr beliebt; beim Bau von Hochhäusern in Großstädten – besonders in Asien und den Vereinigten Staaten – kommen fast ausschließlich Krane mit Verstellauslegern zum Einsatz. Werden die steil gestellt, können sie beim Schwenken Nachbargebäuden und anderen Kranen ausweichen. Zudem lässt sich die Hakenhöhe in Relation zur Turmhöhe beträchtlich vergrößern. So kann man den Kran jederzeit schlank machen und mit oder ohne Last auf engstem Raum schwenken.

Gegenüber den früher verbreiteten Obendrehern mit Turmspitze finden spitzenlose Varianten – im Kranjargon auch Topless- oder Flat-Top-Krane – einen rasch wachsenden Freundeskreis. Ihre Abspannungen sind in den Unter- und Obergurt der Drehbühne integriert, was den Montageaufwand reduziert: Denn durch die geringere Turmhöhe genügen für Montage und Demontage kleinere Autokrane, der Ausleger kann in Segmenten vollständig oben montiert werden.

Außerdem benötigen überschwenkende Ausleger von Nachbarkranen weniger Turmhöhe, weil keine Turmspitze in die Höhe ragt und stört. Insofern ermöglicht die spitzenlose Bauweise knappere Abstufungen der Hakenhöhen. Zur Hakenhöhe addieren sich samt Hakenflasche und Eigenhöhe des Auslegers bis zur Kranoberkante nur etwa 3 bis 4,5 m.

Verschlafen haben die Entwicklung der filigranen Himmelsstürmer sowohl nordamerikanische als auch japanische und koreanische Konstrukteure, denn dort wurden über viele Jahrzehnte bevorzugt Raupenkrane mit sehr langen Auslegern, oft auch mit zusätzlicher Gittermastspitze, eingesetzt. Raupenkrane haben den Vorteil, mobil zu sein und sich unten am Rohbau hin und her bewegen zu können. Das erspart eventuell Transport, Montage, Betrieb, Demontage und Abstransport mehrerer Turmkrane – ein nicht zu unterschätzender Vorzug. Doch die Welt ändert sich rasant: In den Großstädten wachsen die Gebäude in immer größere Höhen, die Baugrundstücke werden enger und grenzen dicht an vorhandene Bebauung. Und das bereitet Raupenkranen beim Hochbau ernste Probleme. Turmkrane beanspruchen – auch bei großen Hakenhöhen – am Boden kaum Fläche und können mit dem Gebäude in die Höhe klettern, während bei Raupenkranen durch die geneigten Ausleger unten am Boden ein weiter Abstand zum Gebäude unumgänglich ist. So wurden obendrehende Turmkrane rund um den Globus zu überaus begehrten Maschinen.

Die Konkurrenz verliert weiter an Boden

Schon haben die Obendreher weitere Konkurrenten ins Visier genommen: Bei der Montage gigantischer Windräder, die effizienter sind als kleinere und daher weltweit wie Pilze aus dem Boden schießen, erweisen sich eigens dafür modifizierte Modelle in mancherlei Hinsicht besser und wirtschaftlicher als die bislang verwendeten Raupen- oder Autokrane. Und während bei Schnellmontagekranen, auch Selbstmontage- oder Schnelleinsatzkrane genannt, die Drehbühne samt Ballastgewichten unten am Boden dreht, geschieht das bei Obendrehern – wie der Name sagt – weit oben in der Höhe. Der Platz unten am Rohbau- oder Baustellenrand ist bekanntlich oft sehr rar.

Weiteren Raum in Bodennähe verschlingt zudem das Entfalten beim Aufrichten eines Schnellmontagekrans, auch bei der sogenannten Ausleger-Luftmontage in einigen Metern Höhe. Ein Obendreher lässt sich meist auf kleinerer Fläche unterbringen und auch montieren. Turm, Drehbühne und Ausleger werden in Komponenten angeliefert und mit einem anderen Kran, meist einem Autokran, montiert und wieder demontiert. Das kann bei guter Planung so platzsparend erfolgen, dass Schnellmontagekrane kaum mithalten können.

Turmkrane als Leuchttürme

Für den Luftverkehr müssen Hindernisse wie Obendreher ab 100 m Höhe nachts beleuchtet werden. In der Nähe von Flugplätzen kann die Grenze für die sogenannte Befeuerung sogar auf 30 oder 40 m sinken, denn dort wird um die Flugplatzfläche ein imaginärer Kegel mit 3° Neigung definiert, der die Höhe eingrenzt, ab der Hindernisse erkennbar sein müssen. Bei Turmkranen genügt aber nicht nur das Beleuchten des höchsten Punkts, es müssen die Konturen des Objektes ersichtlich sein, falls ein Flugzeug zur Seite ausweichen muss. Deshalb sind für die Befeuerungs eines Obendrehers mindestens drei Stellen wichtig: vorne am Ausleger, oben an der Turmspitze und am Gegenausleger. Lanthan aus Bremen, Spezialist für Befeuerungssysteme, hat eigens für Turmkrane sein TCS (Tower Crane System) mit LED-Leuchten entwickelt: eine vorkonfektionierte Hindernisbefeuerung samt wetterfester, frost- und sturmsicherer Notstromversorgung mit Sicherheitsdämmerungsschalter. Deren wartungsfreie Blei-Akkus halten in Longlive-Ausführung 10 bis 12 Jahre. (Bild: Lanthan)

Lanthan Turmkran

Andererseits vergrößern bundes- oder gar europaweite Ausschreibungen den Aktionsradius vieler Bauunternehmen stetig. Turmkrane müssen dann entweder mit etlichen Sattelzügen durch die halbe Republik hin und zurück transportiert werden – das bedeutet für jeden Sattelzug vier Fahrten – oder sie werden vor Ort angemietet.

. Dies ist kein Problem, sofern Kranführer inbegriffen sind, kann aber hinderlich sein, falls sich eigene Kranführer stets in die Bedienung eines anderen Mietkrans einarbeiten müssen. Aber auch Kranvermieter können nicht flächendeckend zahllose Turmkrane vorhalten. Insofern sind Krankonzepte mit optimiertem Transportaufwand gefragt – und fast alle Hersteller verfolgen hier auch interessante Ansätze. Zugleich wird angestrebt, Türme vielseitiger nutzen zu können, damit unterschiedliche Krantypen und Drehbühnen auf standardisierte Turmsegmente montiert werden können.

Um die größten Kostenfaktoren – Montageaufwand, An- und Abtransport – weiter zu optimieren, sind die Konstrukteure gefordert: Es gilt, Drehbühne, Ausleger, Gegenausleger und Kontergewichte so zu gestalten, dass für die Montage und Demontage weniger Autokranhübe erforderlich sind. In besonderem Maß betrifft das größere Obendreher, die genau wegen dieses Aufwands oft nicht eingesetzt werden. „Da durch den Strukturwandel Bauvorhaben in immer kürzerer Zeit abgeschlossen sein müssen, lohnen sich solche Krane für viele Baustellen nicht mehr – obwohl ihr Einsatz oftmals einen enormen Vorteil bringen würde“, so ein Kranvermieter.

Megaprojekte brauchen Megakrane mit gigantischen Fähigkeiten

Wenn auch nicht unbedingt in Deutschland, so nehmen doch manche Projekte riesige Dimensionen an. Gleich 58 Obendreher der Baureihe EC-H lieferte beispielsweise Liebherr für den Bau des neuen Flughafens Istanbul. Das ist der bislang größte Einzelauftrag in der Geschichte der Liebherr-Sparte Turmdrehkrane. Die ersten Krane wurden 2015 ausgeliefert und sollen bis 2018 auf der Baustelle bleiben. Die 58 Obendreher mit Hakenhöhen zwischen 30 und 60 m und Tragfähigkeiten bis zu 12 t verfügen über präzise Hochleistungsantriebe und automatisierte Kransteuerungen. Neben den schnellen Lieferzeiten, die Liebherr garantieren konnte, war auch der Service vor Ort ausschlaggebend für die Projektvergabe: Vereinbart ist ein Rund-um-die-Uhr-Service an allen sieben Wochentagen.

Immer kürzere Zeitfenster bei Neubauten aller Art lassen zugleich Fertigbauteile zunehmend beliebter werden – und meist auch deutlich größer und schwerer. Dazu braucht man leistungsstarke Obendreher, die größere Traglasten bei weiten Ausladungen bewältigen.

Krøll aus Dänemark unterscheidet bei den Einsatzschwerpunkten seiner Obendreher, die zu den größten und stärksten der Welt gehören, zwischen Werften, Kraftwerken, Brücken- und Hochbau. Ab 1978 baute Krøll in nur 13 Exemplaren den größten Obendreher der Welt, den K 10.000 für 100 t Traglast und 100 m Ausladung bei 86 m Hakenhöhe. Ursprünglich waren die Krane mit ihren unübertroffenen 10.000 mt Lastmoment für den russischen AKW-Bau bestimmt, doch betätigt sich einer dieser Giganten nun in einer norwegischen Werft bei der Montage von Bohrinseln und Förderplattformen.

Jüngst wurde im dänischen Werk ein K 10.000 generalüberholt, mit zeitgemäßer Antriebs- und Steuerungstechnik versehen und in 78 Containern nach Alberta in Kanada zum Erweiterungsbau einer Ölsand-Raffinerie verfrachtet. Er hob dort mehr als 300mal Lasten von 50 bis 75 t. Entsprechend hubstarke Raupenkrane hätten am Boden zu viel Platz benötigt und das Projekt unnötig verkompliziert. Montiert wurde der Kran auf einem eigens gebauten, 3 m dicken Betonfundament von 15 m Durchmesser, das mit Bohrpfählen 9 m tief gegründet wurde.

Setzen sich die Höhenflüge weiter so fort, werden Kranführer nicht nur schwindelfrei sein müssen, sondern auch einen Pilotenschein benötigen: Für den Bau riesiger Brückenpfeiler ragen die Türme einiger Obendreher bereits in Höhen von 200 bis 300 m, manchmal sogar bis 330 m – wie bei zwei Potain-Obendrehern MD 1100 und MDT 368 von Manitowoc mit 40- und 60-m-Auslegern für den Bau der Russky-Brücke bei Wladiwostok. Derartige Höhen stellen nicht nur große Ansprüche an die Turmkonstruktion, Klettereinrichtung, Turmverankerung und Windsicherheit, sondern auch an die Krantechnik selbst. Sehr wichtig sind dann nämlich hohe Seilgeschwindigkeiten, denn herkömmliche Kranwinden würden die Hübe und damit viele Arbeiten verzögern.

Kroll Turmkran
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Manchmal dürfen die Türme hoher Obendreher nicht mehr an der Gebäudestruktur verankert werden, wie dies bei Brückenpfeilern oder Hochhäusern der Fall ist. Werden etwa historische oder denkmalgeschützte Gebäude saniert, kann das Befestigen der Turmverankerungen undurchführbar oder gar untersagt sein. So derzeit bei einem Tempelneubau in Indien, wo zwei spitzenlose Obendreher CTT 331-16 von Terex Cranes mit 70-m-Auslegern und bis zu 16 t Traglast beim Bau einer 113 m hohen Zentralkuppel nicht verankert werden dürfen. Um die geforderten 120 m Hakenhöhe zu erreichen, muss ein Kran freistehen und einer in Fundamenten verspannt werden. Dazu wurde eigens ein Haltekragen konstruiert. Und weil dieser in 70 m Höhe angebracht ist, kann der Kran noch weitere 50 m klettern, bevor die maximale Hakenhöhe erreicht wird.

Viele neue Aufgaben bieten interessante Perspektiven

Sogar Hafenkranen wird ihre Domäne inzwischen von Obendrehern strittig gemacht: In Kentucky am Tennessee River dient seit zwei Jahren ein Linden Comansa 30LC1450 (BKL Baukran Logistik, Forstinning bei München) als Hafen-Umschlagkran. Mit seinen bis zu 48 t Traglast gilt der spitzenlose Obendreher als stärkster Turmkran Nordamerikas. Für den Umschlag von Schütt- und Stückgütern sowie Containern hebt er auf einem 50-m-Radius bis zu 28 t. Dank einer 200 kW starken Schnellwinde für bis zu 259 m/min Seilgeschwindigkeit werden Binnenschiffe nun deutlich flotter als mit herkömmlichen Hafenkranen be- und entladen.

Ein Potain MD 560 B für 25 t Traglast wiederum förderte beim Bau eines Tunnels in England für die Wasserversorgung den Aushub aus Tunnelschächten und unterstützte zudem anschließend das Betonieren. Der Kran war nur 32 m hoch, musste jedoch wegen des in der Endphase 80 m tiefen Schachts immerhin mit 100 m Hubhöhe arbeiten.

Ein starkes und schnelles Hubwerk war deshalb ein maßgebliches Auswahlkriterium. Auf ähnliche Weise wurde eine Flotte von 18 spitzenlosen CTT231 von Terex Cranes bei Aushubarbeiten für den Bau einer 16 km langen U-Bahnstrecke der Kopenhagener Metro eingesetzt. Die 12 t tragenden Obendreher hoben anfänglich Tunnelaushub aus Förderschächten und später Baumaterial. Sechs Krane wurden mobil auf Schienen montiert, um größere Flächen bedienen zu können. Dagegen beanspruchten die stationär errichteten Obendreher weniger Aufstellplatz als die vorher genutzten Raupen- und Autokrane.

Beachtliche Vorteile auch beim Bau von Windkraftanlagen: Obendreher können dichter am Windradturm stehen als Auto- oder Raupenkrane, die auch hier weiter entfernt sein müssen – und das erfordert mehr vorbereitete, geebnete und meist auch verdichtete Montagefläche. Liebherr betont, dass der Flächenbedarf für die Montage eines Obendrehers nur etwa die Hälfte der üblichen Standfläche anderer Kransysteme beträgt. Zudem sei der logistische Aufwand für den Transport eines spitzenlosen Obendrehers wie dem 1000 EC-B 125 Litronic deutlich geringer als für vergleichbare verfahrbare Kransysteme, weil die Komponenten des Turmkrans in kleineren Kolli angeliefert werden. So können Auslegerteile in die Turmelemente eingeschoben, auf einem Lkw transportiert und auf der Baustelle montiert werden.

Kranführer im Simulator

Große Obendreher sind auf vielen Baustellen Schlüsselmaschinen und lassen sich deshalb kaum über viele Stunden für Schulungen zweckentfremden. Andererseits entscheidet das Können der Kranführer über die Sicherheit und das mögliche Tempo auf der Baustelle. Liebherr hat deshalb den Simulator LiSIM entwickelt, mit dem Kranführer unter realistischen Bedingungen üben können. Im virtuellen Umfeld werden Umgebungsbedingungen wie Wind, Nebel, Regen sowie unterschiedliche Tages- und Nachtzeiten wirklichkeitsnah simuliert. Beim Training im Simulator produzieren Full-HD-Flachbildschirme und Surround-Lautsprecher Bilder und Geräusche, die typischerweise in der Kabine wahrgenommen werden. Zudem erlebt der Kranführer auf einer beweglichen Plattform realistische Bewegungen, vergleichbar mit einem Flugsimulator. LiSIM gibt es in drei Konfigurationen: integriert in einen Schulungsraum, als platzsparende Kabinenlösung oder in einem leicht transportierbaren Container. (Bild: Liebherr)

Liebherr LiSIM Simulator

An Standorten von Windrädern herrschen zudem meist raue Windbedingungen, die Kraneinsätze sehr beeinträchtigen können. Hier bieten die Liebherr-Obendreher bei bis zu 65 km/h Windgeschwindigkeit Betriebssicherheit. Der 1000 EC-B 125 Litronic, speziell optimiert für Windradmontagen, errichtete bereits Anlagen mit 149 m Nabenhöhe und 115 m Flügeldurchmesser. Mit 31,5-m-Ausleger können bei 164 m Hakenhöhe 100 t Last gehoben werden. Der Kranführer hat aus der Kabine optimale Sicht, was das exakte und sichere Positionieren der Rotorblätter mit dem Laufkatzausleger erleichtert.

Manche Hersteller betonen auch, dass ein Obendreher mit Verstell- bzw. Wippausleger weniger Turmhöhe benötigt, weil der steilgestellte Ausleger beim Aufsetzen der Gondel und Ansetzen der Rotorblätter bequem über die Nabenhöhe der Windanlage reicht. Insofern erfordert ein solcher Kran weniger Transporte von Turmelementen und einen kleineren Autokran für die Montage. Angesichts der oft gewundenen, engen und provisorischen Wege, die zu Windrad-Baustellen führen, ein durchaus schlüssiges Argument für den Wippkran.

Wahre Höhe zeigt sich im alpinen Einsatz

Richtig himmelhoch werden Turmkrane aber erst im Gebirge. Für die Erhöhung einer Staumauer in den Walliser Alpen wurden zwei Wolff-Obendreher mit Verstellausleger verwendet, also Wipper. Ein Wolff 1250 B mit 80-m-Ausleger und bis zu 40 t Traglast hob Baumaschinen auf die Mauer und 40-t-Mulden mit Abbruchmaterial von der Mauer.

Der Kran wurde von einem Wolff 500 B mit 60-m-Ausleger und 30 t Tragkraft beim Betonieren der Mauererhöhung unterstützt. Mit beiden Kranen wurden 25.000 m³ Betonschutt abgefördert und 70.000 m³ Frischbeton verbaut. Die benötigten Turmhöhen mit zunächst 30 und 45 m, später dann 50 und 60 m, waren dank der Verstellausleger niedriger als dies bei Katzkranen der Fall gewesen wäre. Daher erübrigte sich nachträgliches Klettern, denn beide Krane konnten mit einem Autokran komplett auf Endhöhe montiert werden.

Sogar mit Hubschraubern lassen sich Obendreher wesentlich besser befördern als ihre Konkurrenten, denn die klotigeren Raupen- oder Autokrane können nicht ohne weiteres an vorgesehenen Montagepunkten in leichte, also Hubschrauber-gerechte Komponenten zerlegt werden. Auf der Zugspitze etwa wurde 2015 ein spitzenloser Liebherr 150 EC-B mit 50 m Ausladung und 18,6 m Hakenhöhe mittels Helikopter-Montage errichtet. Dank modularer Bauweise wurde der Kran in Einzelteile zerlegt, die 3,4 t und damit die maximale Tragkraft des Helikopters nicht überstiegen. Der Kran, der für den Bau der neuen Eibsee-Seilbahn benötigt wurde, markierte mit 2975 m vorübergehend sogar Deutschlands höchsten Punkt. Und um in fast 3000 m Höhe den enorm hohen Windgeschwindigkeiten bis 280 km/h und der immensen Kälte Stand zu halten, wurde er von Liebherr-Spezialisten entsprechend konfiguriert.

Ein besonderer Markt in europäischer Hand

Obendrehende Turmkrane sind europäische Produkte – Punkt. Am Markt partizipieren weder US-amerikanische noch japanische oder koreanische Hersteller, und auch chinesische Marken gelangen – anders als noch vor wenigen Jahren befürchtet – nur äußerst zögerlich auf den Weltmarkt und scheinen derzeit noch einen Bogen um Europa zu schlagen. Manch große Händler und Vermieter wie London Tower Cranes mit einem 200 Obendreher umfassenden Kranpark bieten zwar auch chinesische Fabrikate wie Yongmao, doch bleiben dies Ausnahmen. Ein anderer Name bei chinesischen Obendrehern ist Zoomlion. Um seine spitzenlosen Obendreher fit für den US- und europäischen Markt zu machen, kooperierte Zoomlion mit P&J Arcomet – nordamerikanischer Zoomlion-Händler mit Vertretungen in Deutschland, den Niederlanden und Belgien. Die Arcomet Group ging aus einem belgischen Kranverleiher hervor und ist heute bei Turmkranen eine weltweite Größe.

San Marco spitzenloser Obendreher SMTTH601
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Keineswegs aber sind Obendreher Nischenprodukte, allein den deutschen Markt teilen sich über ein Dutzend Anbieter wie BBL Baumaschinen, Condecta, Eurogru, Jost, König Baumaschinen, Krøll, Liebherr, Linden Comansa (BKL Baukran Logistik), Potain (Manitowoc), San Marco (Kaiser Kranservice), Terex Cranes (Comedil; früher BKT Baukran-Technik und Peiner), Wilbert und Wolffkran. Dabei sind Obendreher von Herstellern wie Condecta, BBL, Eurogru, Jost, König und Wilbert eher die Ausnahme, obwohl es sich um durchaus hochentwickelte Produkte mit vielen außergewöhnlichen, oft interessanten technischen Merkmalen und Vorzügen handelt. Emsige Kranbauer sind auch die Italiener etwa mit Comedil, FM Gru, San Marco und Raimondi sowie die Spanier mit Jaso, Linden Comansa und Sáez. Viele dieser Marken sind allerdings in Deutschland nur wenig bekannt oder auch gar nicht vertreten.

Ein Lift für den Kranführer ersetzt mühsame Kletterei

Der lange Weg der Kranführer auf Leitern durch Turmsegmente bis in die Kabine ist unproduktive Zeit und sehr beschwerlich, besonders bei Regen, Wind, Frost, Schnee und Eis oder im Dunklen. Kranführer älterer Jahrgänge spüren dies nach jedem 50-, 80- oder 110-m-Aufstieg und haben Untersuchungen zufolge für mindestens eine Stunde erhöhte Herzfrequenz. Was früher selbstverständlich war, bereitet heute – angesichts der wachsenden Kranhöhen – Sorgen, auch hinsichtlich der Sicherheit. Für Abhilfe sorgen Aufzüge, die in Dänemark bereits ab 25 m Höhe vorgeschrieben sind. Frankreich fordert seit 2014 ab 60 m einen Kranführeraufzug, 2017 dann sogar schon ab 30 m. Ähnliche Vorgaben sind auch in anderen Ländern zu erwarten.

Seit vielen Jahren bietet Geda-Dechentreiter solche Aufzüge für Kranführer und bringt den Vorteil auf den Punkt: „Bei jedem Wetter konzentriertes und motiviertes Arbeiten von der ersten Minute an.“ Die Teile des Kranführer-Zahnstangenaufzugs 2 PK, der für Turmhöhen bis 150 m konzipiert ist, werden durch patentierte Schnellverschlüsse miteinander verbunden. Die Bedienung erfolgt am Ein- und Ausstieg, optional auch am Steuerpult im Lift. Alimak Hek stellte unlängst den neuen Turmkranaufzug TCL vor, der sich durch schnelle Installation an der Außenseite des Turms, einfache Nachrüstung ohne Turmumbauten sowie komfortablen und zuverlässigen Zugang auszeichnet. Die Bauweise erlaubt einen größeren Verankerungsabstand, der an die jeweilige Plattform am Turm angepasst werden kann. So werden weniger Verankerungen benötigt, die Montagezeit verringert und eventuelle Ausfallzeiten reduziert. Eine andere Variante, der von Alimak Hek mit Manitowoc und Potain entwickelte Cab Lift, verläuft vormontiert im Inneren der Turmsegmente und kann daher bei der Demontage dort verbleiben.

Wegen der sich abzeichnenden Vorschriften beschäftigen sich auch Turmkranhersteller vermehrt mit Aufzügen für Kranführer. So hat Jaso den GTC 25 für bis zu 200 m Turmhöhe entwickelt. Bei Liebherr gibt es den LiUp für zwei Personen bzw. 200 kg Lastr. Die innen liegenden Fahrschienen sind auf die Längen von Liebherr-Turmstücken abgestimmt und werden einmalig installiert. Vorhandene Turmstücke können mit Fahrschienen nachgerüstet werden. Das Auf- oder Abfahrttempo beträgt bis zu 25 m/min. Ganz andere Wege in die Höhe schlägt die schwedische ProCab Elevation AB ein: Die Liftkabine fungiert gleichzeitig als Kabine für den Kranführer, fährt von Seilen gezogen am Turm in die Höhe und schwenkt aufgrund einer patentierten Bauweise in jeder beliebigen Höhe am Turm gemeinsam mit der Drehbühne. Dadurch kann der Kranführer auch Bereiche dicht über dem Boden oder in weniger großer Höhe optimal einsehen.