Automatisierung markiert gewaltigen Technologiesprung
Bei neuen Baumaschinen werden viele Funktionen durch Steuerungs-und Assistenzsysteme automatisiert. Immer mehr solcher Systeme werden auch nachgerüstet. Sie erleichtern die Bedienung und verkürzen den Einsatzverlauf.
- Größter technischer Wandel in der Baumaschinen-Geschichte
- Fahrer und Bediener brauchen neue Kompetenzen
- Technik und Know-how von Automatisierungsspezialisten
- Automatikbetrieb spart jede Menge Aufwand und Zeit
- Mehr Teamwork von Mensch und Maschine
Baumaschinen können heute weitaus mehr als in allen Jahrzehnten zuvor: Sie nehmen dem Fahrer die Bedienung bestimmter Teilbereiche ab, bewegen Tieflöffel, Dozerschild, Graderschar, Frästrommel oder Fertigerbohle mehr oder weniger automatisch – und das mit höherem Tempo und mehr Präzision als ein noch so versierter Fahrer. Die Bezeichungen für die neuen Technologien aber sind entweder unzutreffend oder umständlich lang: Digitalisierung ist ebenso unzureichend wie smarte Maschine, und Fahrerassistenzsysteme oder 3D-Maschinensteuerungen sind lange Wortungetüme, die in der täglichen Baustellenpraxis nur ungern in den Mund genommen werden. Wir stehen also sprachlos vor dem größten technischen Wandel, den Baumaschinen in ihrer nun schon über 150-jährigen Geschichte durchlaufen haben. Alles, was ebnet und nivelliert, planiert, abzieht und einbaut, alles, was aushebt, aufschüttet und ausschachtet, lässt sich heute dank satellitengestützer Ortserfassung, fortschrittlicher Sensoren und schnellster, leistungsfähiger Rechnertechnik bestens erfassen, überwachen und in automatisierten Prozessschritten steuern. Und genau das eröffnet für die Baustellenpraxis wie für Fahrer und Bediener völlig neue Perspektiven.
Etliche Arbeiten verkürzen oder erübrigen sich, sei es das früher unverzichtbare Abstecken mit Pflöcken, das Spannen von Leitdrähten oder aufwendiges Nachmessen. Ebenso Vergangenheit sind arbeits-und zeitintensive Nacharbeiten wie Mehr-und Minderaushub, nachträglicher Materialeinbau oder Nachverdichtung. Das spart Maschinen-und Fahrerzeiten, nachträgliches Umsetzen von Maschinen und damit Fahrwege, mindert Verschleiß, Kraftstoffverbrauch und Betriebsstunden. Und die Maschinen stehen früher für andere Aufgaben zur Verfügung.
Die positiven, zeit-und kostensparenden Folgen von teilautomatisierten Baumaschinen und Maschinensteuerungen sind in ihrem ganzen Umfang noch kaum abzusehen – nicht nur für die Effizienz von Fahrer und Maschine, sondern auch für den kompletten Prozessablauf auf der Baustelle. Andererseits wandelt sich – langsam aber stetig – das Profil des Fahrers: Seine herkömmliche Fahrertätigkeit und sein bisheriges Können geraten in den Hintergrund, zugunsten des sicheren, kompetenten Bedienens von 2Dund 3D-Maschinensteuerungen, von Displays und Assistenzsystemen. Trotz noch so gut gemeinter Ansätze ist die neue Technik keineswegs stets selbsterklärend. Um den Wert und die Vorteile der Systeme bestmöglich auszuschöpfen, braucht es Schulungen und ausführliches Einarbeiten.
Kooperationen mit Spezialisten ebnen den Weg
Die Entwicklung robuster, praxistauglicher Steuerungen, die sich zu vertretbaren Kosten für viele Maschinentypen eignen, ist nicht so ohne weiteres aus dem Boden zu stampfen. Daher verschaffen sich zunehmend mehr Baumaschinenhersteller durch Kooperation mit einem Systemanbieter einen schnellen und direkten Zugang zu nachrüstbaren Maschinensteuerungen. So können sie Komplettpakete samt 2D-und 3D-Steuerungen anbieten, basierend auf den reichhaltigen Erfahrungen eines Spezialisten für Mess-und Steuerungstechnik. Zudem lassen sich die Maschinen schon werksseitig optimal auf eine schnelle und unkomplizierte Nachrüstung vorbereiten. Und letztlich können auch optionale Maschinenversionen mit bereits integrierter Steuerung angeboten werden. Den Auftakt setzte schon Mitte der 1990er Jahre Caterpillar über ein Joint Venture mit Trimble, führender US-Hersteller von Vermessungssystemen und Maschinensteuerungen aller Art. Gemeinsam wurde CAES (Computer-Aided Earthmoving System) entwickelt, das als Vorreiter heutiger Technologien erstmals einen Bordcomputer und GPS für Baumaschinen vereinte. Exklusiver Vertriebs-und Servicepartner von Trimble in Deutschland ist heute Sitech aus Raunheim – nunmehr eine 100-prozentige Tochter des deutschen Cat-Exklusivpartners Zeppelin. So lassen sich in Cat-Maschinen bereits werksseitig vorhandene 2D-Steuerungen später mit Trimble-Bausteinen modular zu 3DSystemen ausbauen.
Maschinensteuerungen können eine feine Sache sein – sofern der Bagger überwiegend mit dem Tieflöffel arbeitet. „Spätestens wenn der Tiltrotator des einen Herstellers nicht mit der 3D-Baggersteuerung eines anderen Herstellers funktioniert, ahnt der Bauunternehmer, was mit dem Flaschenhals der Automatisierung gemeint sein könnte: der Engpass der Steckverbindungen im Schnellwechsler, die nur eine begrenzte Anzahl von Anbaugeräten ansteuern können“ – so skizziert MTS aus Hayingen ein sich immer öfter abzeichnendes Problem. Was die Landwirtschaft mit dem Isobus-Protokoll für Traktoren schon verwirklicht hat, möchte MTS nun auch für Bagger anstoßen: die standardisierte Datenübertragung zur störungsfreien Kommunikation einer nicht begrenzten Zahl von Anbaugeräten. Die Perspektiven sind faszinierend und reichen von vollautomatisierten Löffelbewegungen bis zur Protokollierung einer raumfüllenden Verdichtungskontrolle mittels 3D-Baggersteuerung und einem Anbauverdichter. Voraussetzung ist aber ein ungestörter Datenfluss zwischen den Technologien der verschiedenen Hersteller. MTS hat deshalb einen Arbeitskreis initiiert, der die Grundlagen einer künftigen Standardisierung vorantreiben soll.
Die nächste globale Steuerungskooperation schloss Komatsu mit dem US-Vermessungsunternehmen Topcon. Daher sind seit Jahren viele Komatsu-Maschinen werksseitig darauf vorbereitet, 2D-oder 3D-Steuerungen von Topcon schnell und unkompliziert nachrüsten zu können. 2014 gab Case eine strategische Allianz mit Leica Geosystems aus der Schweiz bekannt, mit fast 200 Jahren Erfahrung ein Pionier der Vermessungstechnik. Leica gehört zur schwedischen Hexagon, die 2006 die dänische Mikrofyn erwarb, einen der damals führenden europäischen Steuerungshersteller. Die skandinavische Firma Scanlaser, die im deutschen Greven bis 2013 Leica vertrat, wurde 2006 ebenfalls von Hexagon übernommen.
Zur Bauma 2016 gaben nun Volvo CE und Trimble ein Abkommen bekannt, bei dem die Integration von 3D-Steuerungen von Trimble samt Connected-Site-Technologien in die vorhandenen 2D-Systeme von Volvo-Baggern im Vordergrund steht. Ebenfalls in Kooperation mit Trimble kündigte Doosan an, den Raupenbagger DX225LC-5 ab Werk optional als Trimble-ready bestellbar zu machen – das soll die nachträgliche Installation der Trimble-Systeme GCS900-2D oder 3D-Grade-Control ohne Schweißen, Bohren, Demontagen und Nachlackierung ermöglichen.
Drohnen sind die neuen Stars der Vermessung
Auch in verwandten Gebieten koppeln sich Firmen gern ans Know-How der Vermessungsexperten. Beispielsweise kooperiert Indexator Rototilt aus Schweden mit Topcon und Leica, um Baggerfahrern bei der Verwendung eines Tiltrotators die vollständige Kontrolle des Tieflöffels zu ermöglichen. Das System kombiniert Tiltrotator und Drehwinkel des Löffels mit den Messwerten der 2D-oder 3D-Steuerung. Die Zukunft der Vermessung skizzieren wiederum Drohnen, die auch auf schlecht zugänglichen Arealen genaue 3D-Geländeaufnahmen erstellen. Konsequenterweise hat Caterpillar ein Übereinkommen mit der erst 2013 gegründeten US-Firma Redbird getroffen – ein Pionier bei Zusammenstellung und Analyse von Flächen-und Geländedaten, die von Unmanned Aerial Vehicles, also Drohnen, aufgenommen werden. Sie schwirren über Baustelle und Baumaschinen und speisen Geländedaten schneller als je zuvor in digitale Projektmodelle ein.
Ob Maschinensteuerung oder Assistenzsystem – aus Sicht des Fahrers gibt es eigentlich keinen großen Unterschied: Sie erleichtern die Bedienung, ersparen oder verkürzen diverse Arbeitsschritte und liefern unzählige wertvolle Informationen. Der eigentliche Unterschied liegt in der Herkunft: Maschinensteuerungen werden als Option werksseitig installiert oder nachgerüstet, eignen sich für Maschinen unterschiedlicher Fabrikate und stammen von spezialisierten Anbietern. Assistenzsysteme hingegen werden werksseitig serienmäßig oder optional in eine Neumaschine integriert und vom Hersteller mitsamt der Maschine geliefert.
Die Vorteile sind mannigfaltig. Durch Automatisierung diverser Arbeitsbewegungen der Maschinen wird viel kostbare Zeit eingespart. Das nicht mehr erforderliche Abstecken macht viele Arbeiten sicherer, denn zwischen den Maschinen bewegen sich weniger Menschen – weder beim Vermessen und Abstecken von Pflöcken noch beim Einweisen. Werden die Bordcomputer vor Projektbeginn per USB-Stick, Datenfunk oder Internet-Download mit einem digitalen 3D-Geländemodell gefüttert, formen Fahrer und Maschinen auch kompliziertes Terrain schnell und effizient. Unmittelbar am Ende der Arbeiten sind die gewünschten Endprofile bereits vorhanden, es muss nicht mehr auf Prüfmessungen gewartet werden. Folgearbeiten können vielmehr sofort begonnen werden, die Maschine ist frei für andere Aufgaben oder schon zur nächsten Baustelle unterwegs.
Zu den Steuerungsanbietern gehören neben namhaften, global agierenden Unternehmen wie Leica, Trimble (Sitech) und Topcon beispielsweise Bridgin mit iDig (Dirk Seidlitz, Lemgo), Gritzke aus Lemgo, Hirotek aus Bald Vilbel, Moba aus Limburg, MTS aus Hayingen, Prolec (Tolk & Düsterhus, Delbrück und Illig, Hamburg), Pronivo aus St. Wolfgang und Wansor aus Gevelsberg mit Topcon-Produkten. Ihre Systeme sind meist vielseitig und – mit passenden Sensoren, Monitoren und Softwarepaketen – in unterschiedlichsten Maschinenarten verwendbar.
Clevere Assistenten sorgen für mehr Präzision
Mit Steuerungen sind heute bereits viele Baumaschinen ausgestattet, mit werksseitig integrierten Assistenzsystemen nur vergleichsweise wenige. Bei Cat-Radladern der M-Serie überwacht ein Leistungsmanagementsystem die Fahrereingaben und stimmt sie mit der verfügbaren Leistung ab, damit die Maschine stets mit höchstem Wirkungsgrad betrieben wird. Die Hydraulik kann moduliert werden, je nachdem, ob mit Schaufel, Gabeln, Lastarmen oder anderen Werkzeugen gearbeitet wird – ebenso das Ansprechverhalten beim Heben und Kippen. Die Einstellungen lassen sich speichern und auf Knopfdruck wieder abrufen.
Immer mehr Baumaschinen sind inzwischen auch mit Automatik und Assistenz durchsetzt – bei den knickgelenkten Muldenkippern von Cat beispielsweise in Form einer automatischen Antischlupfregelung, einer Dauerbremsautomatik und eines Berganfahrassistenten. Vornehmlich bei Raupenbaggern, Gradern und Planierraupen gesellen sich auch Tiefenkontrollen und Nivelliersysteme hinzu. Der erste Bagger, der serienmäßig mit einer integrierten Maschinensteuerung antrat, war 2014 der 22-Tonner PC210LCi-10 von Komatsu. Seine automatisierte iMC (intelligent Machine Control) mit Echtzeitdaten der Löffelposition verhindert zu tiefes Eindringen des Löffels über das Zielprofil hinaus. Dazu wird die Löffelschneide in Relation zu Baggerposition und Geländeplan gesteuert. Die Position des Tieflöffels wird dem Fahrer in Echtzeit auf einem Farb-Touchscreen angezeigt. Dort können aktueller Arbeitsfortschritt, vergrößerte Darstellung für Abzieharbeiten und 3D-Anzeige aus der Vogelperspektive gleichzeitig dargestellt und vom Fahrer individuell angepasst werden. Der Bagger wurde als Weltpremiere schon 2013 präsentiert, gemeinsam mit der Planierraupe D61EXi, ausgerüstet mit einer Plug-and-play-Vorbereitung von Topcon zur problemlosen Installation von 2D-und 3D-Schildsteuerungen.
2014 folgte dieser Raupe das kleinere Modell D37EXi/PXi-23, in diesem Jahr die größere D85EXi/PXi-18, beide ebenfalls mit iMC . Und befanden sich die GPS-Antennen der Maschinensteuerungen früher am Schild, sind sie bei diesen Komatsu-Raupen bereits ab Werk auf dem Kabinendach für das globale Navigationssatellitensystem (GNSS) montiert. Mit zusätzlich hochpräziser Messeinheit und Hydraulikzylinder mit Hubwegsensoren können sowohl das Grob-als auch Feinplanum in Automatik-Betriebsart ausgeführt werden. Das iMC-System erfasst und steuert die am Schild wirkende Belastung und optimiert automatisch die Einstechtiefe des Schilds.
Halbautomatisch im Team mit dem Bediener
Mit der halbautomatischen Löffelführung Grade mit Assist kann Caterpillar nun Raupenbagger bestücken. Vor Beginn der Baggerarbeiten referenziert der Fahrer die Löffelschneide an einem bekannten Höhenpunkt und gibt einen Höhen-Offset ein – schon wird mit dem automatischen Erstellen eines Feinplanums in cm-Genauigkeit begonnen. Sobald der Fahrer die Automatiktaste betätigt, übernimmt das System die Auslegersteuerung. Der Fahrer zieht nur den linken Joystick für die Stielbewegung heran, der Ausleger hebt und senkt sich automatisch, der Löffel wird dabei mit konstantem Schnittwinkel geführt. Resultat ist eine plane Fläche, entstanden durch Teamwork von Fahrer und Assistenzsystem. Da der Löffel im Automatikbetrieb nicht mehr unter das Soll-Planum bewegt wird, unterbleibt zu tiefes Ausschachten. Das erspart Mehraushub und Nacharbeiten. Das System kann mit Trimble-Bausteinen von Sitech zu einer 3DMaschinensteuerung aufgerüstet werden, was besonders Bauunternehmen hilft, die im Straßen-und Erdbau komplexe Geometrien erstellen müssen.
Hardware-Entwickler, MTS Maschinentechnik Schrode, Hayingen
„Eine zunehmende Anforderung bei der Konstruktion von Schnellwechslern ist die Sicherstellung einer störungsfreien Strom-und Datenübertragung, damit Bagger und Anbaugeräte nahtlos miteinander zusammenspielen. Doch arbeitet jeder bisher mit unterschiedlichen Übertragungsprotokollen und individueller Pin-Belegung. Die mögliche Folge beim Ankoppeln neuer Anbaugeräte: Kurzschlüsse, mühsame Fehlersuche und gestörte Funktionen. Im ungünstigsten Fall geht gar nichts mehr. Künftig werden Abmessungen und Geräteerkennung, aber auch Telematikdaten wie Laufzeiten und Wartungsintervalle im Anbaugerät gespeichert sein. Dann können auch Anbaugeräte wie Löffel, Greifer oder Hammer via automatischer Werkzeugerkennung mit einer 3DBaggersteuerung kommunizieren. Vorteil: Der Fahrer braucht beim Werkzeugwechsel nicht mehr manuell auswählen und läuft nicht mehr Gefahr, wegen eines versehentlich falsch ausgewählten Löffels mit falschen Werkzeugmaßen zu arbeiten.“
Ähnliche Systeme für halbautomatisches Arbeiten entwickelte Cat auch für Grader und Kettendozer. Cat Slope Indicate zeigt die Quer-und Längsneigung des Dozers an, sodass der Fahrer auf dem Monitor verfolgen kann, wie weit er noch von dem vorgegebenen Planum entfernt ist. Beim Planierassistenten Cat Grade Control Slope Assist stellt der Fahrer die gewünschte Längs-und Querneigung des Planums ein. Dann wird der Schild automatisch gesteuert, damit die vorgegebenen Werte schnell erzielt werden; der Fahrer steuert lediglich die Fahrbewegungen. Und mit Cat Grade Control 3D, einer ab Werk voll integrierten Maschinensteuerung, werden sowohl schwere Abschiebearbeiten als auch das Feinplanieren effizienter und genauer. Laderfahrer wiederum unterstützt die Schaufelfüllautomatik Auto Dig von Cat: Mit der Wägeeinrichtung voll kompatibel, automatisiert sie ständig wiederkehrende Arbeitsgänge der Schaufel. Nach Aktivierung des Systems läuft das Füllen der Schaufel automatisch ab, sobald sie in das Haufwerk eindringt. So kann sich der Fahrer auf Lenken, Fahrtrichtungswechsel und Arbeitsumfeld konzentrieren. Ähnliche Systeme bietet auch Komatsu für Radlader. Volvo CE hat eine für diverse Maschinenarten – vom Bagger bis zum Straßenfertiger – nutzbare Plattform namens Co-pilot vorgestellt, die über einen Tablet-Computer mehrere Assistenten anbietet: Load Assist, Dig Assist, Compact Assist und Pave Assist. Der Dig Assist als 2D-oder In-Field-Variante ermöglicht es, Baggerarbeiten mit hoher Präzision und in kurzer Zeit auszuführen. Load Assist für die Volvo-Radlader L110H bis L250H liefert dem Fahrer in Echtzeit genaue Informationen zum Ladevorgang und verhindert Unter-und Überlast. Auch im Straßenbau erfreuen sich Assistenzsysteme seit einigen Jahren zunehmender Beliebtheit. So installiert Wirtgen das Steuerungskonzept Widrive, das früher nur bei den größeren Kaltfräsen zum Einsatz kam, nun auch in kompakteren Modellen.
Es erspart dem Fahrer etwa 50 Prozent der manuellen Eingriffe, die zur Steuerung der Fräse und zur Koordination der Arbeitsschritte erforderlich sind. Das in die Steuerung integrierte Nivelliersystem Level Pro Plus ist nun sogar für die kleinste Wirtgen-Kaltfräse W 35 Ri erhältlich. Für präzise Fräsergebnisse wird der voreingestellte Sollfrästiefenwert über Wegmesssensoren exakt automatisch geregelt und auf einem Farbdisplay angezeigt.
An der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine
Automatisierte Assistenzfunktionen bei Straßenfertigern beginnen mit dem Andocken der Lkw, die das Mischgut in den Fertigerkübel schütten. Dazu entwickelte Vögele den Pave Dock Assistant, der die Kommunikation zwischen Fertiger-und Lkw-Fahrer erleichtert und eine sichere, stoßfreie Übergabe des Mischguts erlaubt. Das sorgt für konstante Materialbeschickung und daher einen hochwertigen und ebenen Einbau. Dem Lkw-Fahrer wird über zwei Signalampeln rechts und links am Fertigerdach angezeigt, was der Mischgut-Lkw durchführen soll – ob Rückwärtsfahrt, Stopp, Abkippen. Mit der Nivellierautomatik Niveltronic Plus setzt Vögele die Grundlage für einen hochpräzisen, profilgenauen und ebenen Einbau auf jedem Untergrund. Unebenheiten im Untergrund werden durch Sensoren sicher erkannt und ausgeglichen. Und weil die Automatik direkt vom Maschinenhersteller stammt, sind Maschinentechnik und Nivelliersystem optimal aufeinander abgestimmt.
Ähnlich wie 3D-Steuerungssysteme im Erdbau wirken Navitronic Plus (für Kettenfertiger) und Navitronic Basis (für Radfertiger) von Vögele. Beide Systeme arbeiten mit einer virtuellen Referenz, weshalb zeitintensives Einrichten von Leitdrähten samt der hohen Kosten entfallen. Die Systeme übernehmen neben der Nivellierung auch die Steuerung der Einbaulage und Einbaurichtung vollautomatisch und hochpräzise – das soll bisher einzigartig am Markt sein. Navitronic kann über eine offene Schnittstelle mit unterschiedlichen Positionierungssystemen verbunden werden, beispielsweise Pave Smart 3D von Leica oder mmGPS von Topcon. Somit können 3D-Systeme, die im Bauunternehmen schon in anderen Maschinen arbeiten, auch für den Straßenfertiger verwendet werden. Weitere Kosten spart man, weil bereits vorhandene Vermessungsdaten, die etwa für den Erdbau erstellt wurden, jetzt auch für den Oberbau der Straße nutzbar sind.
Für Gleitschalungsfertiger – und besonders für den leitdrahtlosen Betoneinbau – hat Wirtgen den Auto Pilot auf GPS-Basis entwickelt. Das benutzerfreundliche und kosteneffiziente 3D-System führt Offset-Anwendungen und monolithische Profile wie Betonschutzwände, Bordsteine, Bordsteinrinnen oder Kanäle aus und ermöglicht den vollautomatisierten Einbau auch kleinster Radien bis 600 mm. Ohne den Leitdraht entfallen das zeit-und personalintensive Vermessen, Aufspannen und auch die Demontage des Leitdrahts. Der AutoPilot sorgt für hohe Präzision und Effizienz bei geraden oder komplexen kurvigen Betonprofilen sowie bei geschlossenen Figuren. Ein digitales Geländeprofil wird nicht benötigt, weil die Programmierung von Profilverlauf und -figur an Ort und Stelle erfolgt.
Bei den Walzen gibt es reichlich Potenzial
Ein willkommenes Feld für Teilautomatisierungen sind auch Walzen. So erspart etwa das Compaction Expert System, das von Ammann für viele Walzenzüge und Tandemwalzen angeboten wird, unnötige Überfahrten (und damit Kraftstoff), verhindert das Überverdichten der Oberfläche und vermeidet kostenintensive Nachbearbeitungen. Automatische Einstellungen ermöglichen eine schnelle Anpassung an wechselnde Bedingungen und steigern die Produktivität im laufenden Betrieb. Bomag entwickelte zur automatischen Verdichtungsregelung Variocontrol: Im manuellen Modus wählt der Fahrer die gewünschte Amplitude, im Automatikbetrieb kann er Verdichtungskennwerte vorgeben, dann übernimmt das System die Regelung der Wirkamplitude.
Die integrierte Messtechnik informiert permanent über Verdichtungsfortschritt und -kennwert. Das Verdichtungsende wird präzise angezeigt. Für jeden Einsatzfall wird die optimale Energieübertragung angeboten und so Überverdichtung verhindert. Das Zusammenspiel zwischen Mess-und Regelungstechnik unterstützt den Fahrer, verbessert die Verdichtungsqualität und reduziert die Anzahl der Überfahrten.
Die neue Tandemvibrationswalze CD54B von Cat in der 8-bis 11-t-Klasse verfügt über die Verdichtungseinstellautomatik AAC (Auto-Adjustable Compaction). Sie nutzt die vordere und hintere Bandage, nimmt die automatische Einstellung über das gesamte Amplitudenspektrum in wenigen Sekunden vor und fördert so eine gleichmäßige Verdichtung. Weil weder Unter-noch Überverdichtung eintreten, sorgt AAC in kürzester Zeit für effiziente, homogene Verdichtung. Grafische Anzeigen zur Kartierung von Übergangszahl, Verdichtungswert und Schichttemperatur liefern Echtzeitwerte. Das verringert Unregelmäßigkeiten beim Walzschema, die durch Unaufmerksamkeit und Ermüdung des Fahrers verursacht werden könnten.
Bei Hamm erfasst das satellitengestützte System Witos HCQ wichtige Parameter und den Arbeitsfortschritt einer oder mehrerer Walzen während der Verdichtung. Dazu erzeugt der HCQ-Navigator in Echtzeit eine Verdichtungslandkarte, bei der auf einen Blick zu erkennen ist, wo schon ausreichend verdichtet wurde und wo noch Bedarf besteht. Der Fahrer sieht die Messergebnisse in Form unterschiedlicher Farbmarkierungen, arbeitet daher sehr effizient und kann mit der Walze sehr homogen verdichten. Zugleich protokolliert der HCQ-Navigator die Daten während der Verdichtung. Bisher wurden diese nach Abschluss eines Tages oder Teilprojekts per USB-Stick zur Datensicherung auf einen Office-PC übertagen. Bei Witos HCQ erfolgt dies nun sofort über ein Online-Tool, auch jederzeit während der Verdichtung, sodass die Daten sofort eingesehen und ausgewertet werden können – ob im Baubüro oder Pkw, im Zug oder beim Auftraggeber.