Bobcat Minibagger E60
Mit dem E 60 bringt Bobcat den bislang größten Vertreter der neuen R2-Serie auf den Markt. Das frische Design ist schon von den kleineren Typen der Baureihe bekannt. Ob der Minibagger auch bei Leistung und Komfort überzeugen kann, haben wir im Praxiseinsatz getestet.
Baumaschinen amerikanischer Abstammung stehen oft in dem Ruf, einen eher spröden Charme zu versprühen und mitunter etwas rustikal verarbeitet zu sein. Mit solchen Einschätzungen sollte man lieber vorsichtig sein – allzu oft basieren sie auf Erfahrungen, die schon gerne mal Jahrzehnte alt sind. International tätige Anbieter wie Bobcat haben den anspruchsvollen europäischen Markt für Minibagger sehr genau im Blick. Das ist schon an der deutlich größeren Modellpalette ablesbar, die hier im Vergleich zu anderen Regionen verfügbar ist. Auch beim Bedienkomfort und der hydraulischen Zusatz-Ausstattung werden in unseren Breiten kaum Kompromisse akzeptiert. Eine Antwort auf solch hohe Ansprüche sind Maschinen auf einem Entwicklungsstand wie die neuen Bobcat-Bagger der R2-Serie.
Der erste Eindruck
Für unseren bd-Test hat uns das Bobcat-Werk im tschechischen Dobris freundlicherweise eines der ersten europäischen Exemplare des E 60 zur Verfügung gestellt. Als Flaggschiff der beliebten Baureihe von 4 bis 6 t ersetzt er den E 55 und E 62 der derzeitigen M-Serie. Das Gerät war mit dem langen Löffelstiel und optionalen Zusatz-Heckgewicht ausgestattet. Das Betriebsgewicht liegt in dieser Konfiguration bei knapp 6 t. Da es sich um einen Bagger klassischer Bauart handelt, ragt das Heck bei quer gestelltem Oberwagen über die Ketten hinaus, in diesem Fall um 280 mm. Bei der Version mit Zusatzballast kommen nochmal 70 mm hinzu. Weitere Sonderausstattungen waren das 7-Zoll-Touch-Display sowie das hydraulisch verstellbare Schwenkschild.
Das Design ist nicht verspielt, durchaus markant und passt zu einer Baumaschine. Gegenüber dem Vorgänger sind die Ecksäulen der Kabine schlanker, was der gesamten Maschine ein leichteres Aussehen verleiht und gleichzeitig die Sicht nach außen verbessert. Auf gewölbte Scheiben wird generell verzichtet, wodurch geringere Kosten beim Ersatz beschädigter Scheiben anfallen.
Pro & Kontra: Bobcat E60
In der Kabine
Die breite Tür öffnet etwas über 180 Grad und steht dabei nicht über die Kontur des Oberwagens hinaus. Die Gefahr, damit irgendwo hängen zu bleiben, sollte weitgehend gebannt sein. Unser Testmodell war mit einer beheizbaren Heckscheibe ausgestattet – das ist mir in all den Jahren bei einem Minibagger noch nicht untergekommen. Aber an Frost-Tagen bin ich für jedes Detail dankbar, das mir das Leben etwas erleichtert.
Ein für Bobcat typisches Detail kann gar nicht oft genug hervorgehoben werden: die unverlierbar befestigte Kurzanleitung in der Kabine. Gerade bei der wachsenden Vielfalt an Einstellmöglichkeiten kann diese bebilderte Info so manche Nachfrage beim Händler erübrigen. Gleichwohl wird in naher Zukunft zusätzlich ein eingelaserter QR-Code in der Kabine zu Video-Tutorials führen, die die Inbetriebnahme der Maschine mehrsprachig erläutern. Erste Schritte in diese Richtung sind in Verbindung mit dem 7-Zoll-Display realisiert worden. Wählt man etwa über das Menü einzelne Anbaugeräte an, werden jeweils Funktion und Ansteuerung am Monitor visualisiert. Das große Display erfüllt weitere Funktionen wie beispielsweise Anpassung der Maschinen-Grundeinstellungen, Radio, Kamerabild, Hinterlegen von Nutzerprofilen und Einstellen der Literleistung von Anbauteilen. Die Bedienung kann sowohl über Touch-Funktion als auch über einen Dreh-Drückschalter erfolgen. Wem das alles zu viel wird, der wählt das Standard-5-Zoll-Display ohne Touch-Steuerung.
An den Fahrhebeln befinden sich ausklappbare Fußpedale. Ansonsten ist der Fußraum völlig leer, was für ausgezeichnete Bein- und Fußfreiheit sorgt. Wurden Zusatzhydraulik und Seitenversatz des Auslegers einst über Pedale angesteuert, liegt deren Betätigung heute auf den Schiebeschaltern der Joysticks. Die jeweilige Belegung ist vom Fahrer frei wählbar.
Rundgang um die Maschine
Am Oberwagen springen alle Teile der Kabine und der Verkleidung gegenüber dem massiven Rahmen leicht zurück, sind also bei ungewolltem Kontakt mit einem Hindernis nicht direkt in der Schusslinie. Die Kunststoffhauben machen dabei einen sehr robusten Eindruck. Die Heck- und die Seitenklappe geben alle täglichen Wartungs- und Kontrollpunkte frei. Als Antrieb dient ein 4-Zylinder-Dieselmotor, der im konzerneigenen Doosan-Motorenwerk gefertigt wird. Zum Erreichen der Stufe V sind eine Abgasrückführung (EGR), ein Diesel-Oxikat (DOC) sowie ein Partikelfilter (DPF) verbaut. Die Hydraulikpumpe und die Steuerschieber stammen von Bosch Rexroth.
Die Gummiketten des Unterwagens laufen auf jeweils fünf Doppelflansch-Rollen, was die seitliche Kippkante um einige Zentimeter nach außen verlagert und somit die Standsicherheit erhöht. In unserem Gerät ist der hydraulische Raupenspanner verbaut, eine optimale Vorspannung der Ketten ist also ohne Zutun des Fahrers stets gewährleistet. Abgeworfene oder überspannte Kettenbänder werden somit vermieden.
Auch das Thema Ladungssicherung ist inzwischen bei den Herstellern angekommen. Zurrpunkte gibt es reichlich, da sollte für jede Transportsituation etwas dabei sein. Wie bei Bobcat üblich, befindet sich der Schwenkzylinder für die seitliche Ausleger-Verstellung auf der linken Seite des Schwenkbocks. Bei der weit verbreiteten rechtsseitigen Anordnung ist der Zylinder im ausgefahrenen Zustand oft der vorderste Berührungspunkt mit dem frischen Fassaden-Putz. Zum Schutz vor Beschädigungen gibt es noch weitere Details, so sind zum Beispiel sämtliche Hydraulikschläuche mit einem Berst- oder Scheuer-Schutz ummantelt. Die Rohrbruch-Sicherheitsventile am Hub- und Stielzylinder erhöhen die Sicherheit für Fahrer und Bodenpersonal bei Hebearbeiten.
Der Schwenkbock und die Aufnahme am Oberwagen-Rahmen sind als Stahlgussteile ausgeführt und machen einen massiven Eindruck. Eine LED-Beleuchtung setzt sich als Standard wohl allgemein durch – am E 60 gehören zwei Strahler an der Kabine und einer am Ausleger zur Grundausstattung. Nicht ganz nachvollziehbar ist die Anordnung des Auspuff-Endrohrs im Heck nach unten. Bei dieser relativ großen Maschine mit Kabine sollte es doch möglich sein, den Abgasstrom nach oben – also weg von den Beschäftigten im Umfeld – zu führen. Auch wenn er durch die Abgasnachbehandlung nicht mehr als Geruchsbelästigung wahrgenommen wird: Gesundheitsförderlich ist das sicher nicht.
Im Testbetrieb
Wir hatten den Bagger mehrere Tage auf einer Baustelle im Einsatz. Gestartet wird unser Modell mit dem optionalen schlüssellosen Schalter. Das Geräusch des Bobcat-Doosan-Motors nehmen wir auch bei Nenndrehzahl sowohl in der Kabine als auch draußen als angenehm leise wahr. Nach jedem Starten oder dem Anheben der linken Steuerkonsole muss die Zusatzhydraulik mit der AUX-Taste aktiviert werden – man fragt sich warum. Einen Gewinn an Sicherheit können wir eigentlich nicht erkennen. Für das Wechseln hydraulischer Anbaugeräte ist, wie bei den Bobcat-Kompaktladern, im Menü eine Funktion zur Druckentlastung der Zusatz-Steuerkreise vorhanden, das geläufige Betätigen der Magnetventile bei stehendem Motor tut es natürlich auch. Die ausklappbaren Pedale für die Fahrwerkssteuerung sind auch mit Arbeitsschuhen vernünftig zu bedienen, was ein häufiges Umgreifen mit den Händen überflüssig macht.
Stichwort Fahren: Ganz amerikanisch ist ein akustischer Alarm für diese Funktion vorhanden – und was für einer: Der durchdringende Piepton schmerzt in den Ohren und zerrt an den Nerven. Er lässt sich zwar per Taster deaktivieren, ertönt jedoch beim erneuten Anfahren sofort wieder. Dankenswerterweise ist in der Betriebsanleitung der Einbauort des Schallerzeugers beschrieben, falls er mal defekt sein sollte. Aus dem Taster einen Ein/Aus-Wahlschalter gemacht, schon ist das Thema erledigt.
Die Schwimmstellung für das Planierschild gehört zur Standard-Ausstattung. Das geschraubte Schneidmesser am Schild erhöht die Chance, dass es beizeiten auch mal erneuert werden muss. In unserem Fall ist das optionale Schwenkschild verbaut, dessen Vorzüge in diesem Einsatz nicht so recht zur Geltung kommen konnten. Außerdem fiel im Schubbetrieb immer wieder Material über das Schild nach hinten und landete auf der Kolbenstange des Schwenkzylinders oder in den beweglichen Teilen der Schwenk-Lagerung.
Letztlich bin ich sowieso der Ansicht, dass ein Bagger so wenig wie möglich in der Gegend herumfahren sollte – für die eigentliche Arbeit ist ja die Ausrüstung da. Und die ist in diesem Fall auch hervorragend dafür geeignet. Der lange Stiel sorgt für eine beeindruckende Schlagweite. Das Planieren mit dem Löffelboden ist also in einem großen Bereich möglich, was häufiges Umsetzen überflüssig macht. Die dabei erforderlichen drei simultanen Bewegungen sind gut zu koordinieren, und das Ganze läuft in flottem Tempo ab. Der E 60 verfügt über eine bewährte hydraulische Vorsteuerung. Durch die neuen Kawasaki-Joysticks liegt der Bagger sowohl bei zügigen Ladespielen als auch beim Feinplanieren stets sicher in der Hand.
Trotz der großen Ausladung zeigt der E 60 keine Schwächen bei der Standsicherheit, ein voller Löffel mit gestrecktem Stiel quer zum Unterwagen bringt ihn jedenfalls nicht an seine Kippgrenze. Hier bewähren sich der Hecküberhang und der Zusatz-Ballast. Bei der Physik lässt sich halt nicht mauscheln. Das Schwenkwerk reagiert sowohl beim Feinsteuern als auch beim Abbremsen sehr präzise, und seitens der Verzahnung sind keine Geräusche wahrnehmbar. Richtig gut gefallen hat die Rückfahrkamera: Das Bild auf dem 7-Zoll-Monitor ist gestochen scharf und auch bei Sonneneinstrahlung gut zu erkennen. Allein dafür lohnt es sich, bei der Bestellung den großen Monitor anzukreuzen.
Unser Fazit
Auch wenn die Marke Bobcat allgemein als Synonym für antriebsgelenkte Kompaktlader verwendet wird, haben sich die anderen Kompakt-Maschinengattungen des Herstellers zwischenzeitlich eine gleichwertige Aufmerksamkeit erarbeitet. Bei Ausstattung, Leistung und Bedienkomfort sind die Minibagger der R2-Serie auf einem hohen Stand angekommen.
Will man die Möglichkeiten der Maschine – insbesondere als Geräteträger – voll ausschöpfen, kommt man an einer menügeführten Einstellung per Display offenbar nicht mehr vorbei. Das kommt der Generation Smartphone wahrscheinlich sogar entgegen. Bis auf wenige Kritikpunkte, die mit geringem Aufwand zu ändern wären, hinterlässt der neue Bagger einen ausgesprochen positiven Eindruck. Wenn bald die ersten Exemplare bei den Händlern auftauchen, sind sie auf jeden Fall eine nähere Betrachtung wert.