Kippertest 12/2024

DAF-Kippsattel XFC 530 mit Hydro-Vorderachse Paul Xtra Power

Der XFC 530 PXP ist DAFs stärkste und robusteste Lösung für den traktionssicheren Kippsattel. Wir fuhren den Holländer mit Paul Xtra Power (PXP), also mit hydraulisch angetriebenen Vorderrädern. Trittsicher ist er, und für die gebotene Leistung sogar recht sparsam.

DAF, XFC 530 PXP
Der XFC 530 PXP mit erhöhter Bodenfreiheit (N3G) ist DAFs schwerste Baustellen-Sattelzugmaschine. Die bei Bedarf hydraulisch angetriebenen Vorderräder erhöhen die Traktion insbesondere bei Leerfahrt, wenn die Hinterachse nur wenig Aufstandsdruck hat. Mit der langen Kabine bietet der XFC – C steht für Construction – viel Lebensraum samt Ruheliege. (Bild: bd/Domina)

Im letzten Sonnenlicht noch einen Anfahrversuch wagen ist jetzt nicht unbedingt die beste Idee. Nicht auszudenken, wenn wir hier hängenbleiben. Kein Mensch mehr im Steinbruch, kein Laderfahrer weit und breit. Aber es hilft ja nichts: PXP rein und ab geht die Post. Der XFC stemmt sein mächtiges Drehmoment von 2.700 Nm in die Reifen und es geht vorwärts. Ganz entspannt, schön langsam, ohne Gummi auf dem festgefahrenen, mit tückischem Schmirgelsand bedeckten Boden zu lassen. Oben angekommen, schalten wir PXP wieder aus, noch ehe wir 20 km/h oder den fünften Gang erreichen – die Schwelle, an der sich die hydraulischen Radnabenmotoren ohnehin automatisch aus dem Spiel nehmen. Ist ja nicht das erste Mal, dass ich die DAF-Lösung für die hydraulisch angetriebene Vorderachse fahre. Aber jedes Mal erschrecke ich aufs Neue: Das laute Klacken, mit dem die Hydraulikstempel in ihre Ruhestellung schnellen, klingt ungut. „Ist aber völlig okay“, versichert mein Testbegleiter Uwe Müller. „Da fahren nur die Druckkolben aus dem Wellenring.“ Na dann ist ja alles gut.

Auch die Entwickler von Paul in Vilshofen, die PXP für und mit DAF realisiert haben, sagen das Gleiche: Das Geräusch sei völlig normal und systembedingt. Wie auch immer: Bei den vergleichbaren Systemen von Iveco, MAN oder Mercedes heulen die Radnabenmotoren unter Last nicht anders als beim DAF. Den lauten Knall beim Deaktivieren gibt’s aber nur bei PXP.

Unser Testobjekt ist DAFs schwerstes Geschütz im Segment Straßenkipper. In der Gelände-Ausführung N3G ist sein Fahrwerk ab Oberkante Achse um etwa 7 cm höher gelegt – einfach per Stahlklötzchen zwischen Oberkante Vorderachse und Zweiblatt-Parabelfeder. Simpel und effektiv. Ganz vorne erweitert die abgeschrägte Stahl-Stoßschürze nicht nur den Böschungswinkel, sondern schützt, weit nach hinten gezogen, auch die erste Reihe der Kühler gegen Steinschlag. Die eigentliche Stoßstange sitzt darüber: dreigeteilt, mit Eckstücken aus dickem Stahlblech, robust und leicht zu reparieren.

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Dass der XFC mit PXP ein Straßenkipper mit bester Tauglichkeit für Schlechtweg-Eventualitäten ist, zeigt sich auch beim Durchpeilen des Unterbodens über die ganze Länge. Die Bodenfreiheit ist etwas größer als bei der normalen Zugmaschine. Tiefster Punkt ist das Banjo der einfach untersetzten Hinterachse, etwa auf gleichem Level wie der Stabi an der Hinterachse. Tiefstes Geläuf mit Absaufgefahr ist also nicht unbedingt das Terrain für diesen Straßenkipper, darauf weist DAF auch explizit hin. Dass unser XFC 530 PXP mit viel Einsatz in der Grube eingefahren wurde, schließen wir aus den etwas mitgenommen wirkenden Goodyear-Omnitracs: Deren Baustellen-Profilblöcke sind hier und da von feinen Schnitten durchzogen – muss ein hartes Gestein gewesen sein, das befahren wurde. Und es spricht für die DAF-typische Praxisnähe, dass wir den Test auch mit diesen und nicht mit abgeschliffenen Super-Spar-Reifen durchführen konnten.

Die Waage bestätigt die kräftige Ausführung dieser Sattelzugmaschine: Mit 8.460 kg ist der XFC kein Leichtgewicht, liegt aber als N3G-Ausführung mit Hydrodrive durchaus im üblichen Rahmen. Berücksichtigen wir den vollen 620-l-Dieseltank, das lange Fahrerhaus und das mit 540 kg relativ schwere PXP, ist der XFC keinesfalls als übergewichtig für die Fahrzeugklasse einzustufen. Zusammen mit dem Meiller-Dreiachs-Hinterkipper zeigt die Waage genau 14.800 kg Leergewicht für den Gesamtzug. Die üblichen 25 t Nutzlast sind also gegeben. Und auch der Auflieger ist schließlich mit einigen Extras wie dem pneumatisch liftbaren Unterfahrschutz und dem elektrischen Meiller-Schiebedach ausgerüstet. Letzteres öffnet und schließt übrigens ziemlich fix in nur 21 Sekunden – vom Fahrerplatz aus, bequem mit Fernbedienung.

Wir lassen uns exakt 25 t 16/32er-Schotter in die Wanne rieseln und drehen ein paar Runden über die Rampen des Jura-Steinbruchs. Im Geländeprogramm schaltet das zwölfstufige Traxxon-Getriebe erstaunlich schnell und der Motor dreht höher aus – vor allem in tieferen Böden mit hohem Fahrwiderstand ein Vorteil. Federtechnisch läuft der DAF voll beladen natürlich viel ruhiger, und einige Anfahrversuche an den steilsten Stellen belegen die Sinnhaftigkeit der Differentialsperre und den Effekt einer gut belasteten Antriebsachse: Zu keinem Zeitpunkt hätten wir beladen hier PXP aktivieren müssen. Sind die lehmigen Böden dieser Gegend von Regen durchweicht, ist man jedoch über jede Traktionshilfe froh. Dann ist PXP die Mobilitätsgarantie.

Auf der ersten Landstraßen-Etappe checken wir die Feinheiten des GPS-Tempomaten. Bei DAF heißt er PCC (Predictive Cruise Control), und er arbeitet mittlerweile höchst zufriedenstellend. Kuppen und anschließende Gefälle erkennt der Computer sehr genau. Und macht vor allem eines richtig: Er fällt nicht automatisch gleich in den niedrigsten eingestellten Unterschwinger, sondern differenziert sehr genau nach dem folgenden Gefälle. Das vermeidet unnötiges Kuppenzuckeln und hält die Fuhre schnell. Denn auch einen Dipp ins Extra-Speed-Töpfchen gönnt sich PCC recht häufig: Plus 3 km/h über den eingestellten Überschwinger (bei uns 65 + 5 = 70 km) ist schon ganz schön sportlich. Ich persönlich mag auf der Landstraße solche ausgereizten Spitzen ja gar nicht. Immerhin: In der Werkstatt ließe sich dieser Vorwärtsdrang auf null oder +1 km/h einstellen.

Fahrtechnisch gefällt mir die direkte, sehr fühlige Lenkung mit ruhiger Mittellage, die einem auf unseren teilweise sehr schmalen Landstraßen-Stücken Sicherheit vermittelt. Die Kabine stützt sich auch in flott gefahrenen Kurven ohne jedwede Wankneigung fest auf dem Rahmen ab. Über vier Luftfedern wohlgemerkt, die andererseits auf holprigen Streckenabschnitten schon mal viel Vibrationen wegstecken. Zusammen mit den Zweiblatt-Parabelfedern ist das eine in sich steife und doch komfortable Abstimmung.

Auf der Autobahn, über die Hügel zwischen Denkendorf und Ingolstadt, segelt der DAF sauber getimt durch die Senken. Und vermeidet auch hier wieder das gnadenlose Ausnutzen des mit minus sechs eingestellten Unterschwingers, wo es sinnvoll ist. Bei unserer Marschgeschwindigkeit von 84 km/h melden sich jetzt auch die wegen PXP stark quer verrippten Traktionsreifen der Vorderachse akustisch mit einem dunklen Brummen zu Wort. Ein bisschen Wind aus Richtung der Spiegel – Sonnenblende hatten wir keine – und das sanfte Grummeln des Paccar MX 13 bei gut 1.100 Umdrehungen summiert sich zu messtechnischen 64 dB(A). Subjektiv klingt der DAF aber leiser, die hohen Frequenzen der Reifen machen sich hier überproportional bemerkbar.

Wie heute üblich, geht der MX 13 nicht allzu verschwenderisch mit seinen mächtigen 2.700 Nm Drehmoment um. Auch die Motor-Elektronik beherrscht die Kunst der Differenzierung: Multi-Torque nennt sich das und begrenzt das Drehmoment auf weniger durstige 2.550 Nm für den Normalbetrieb. Das ist absolut sinnvoll, denn die volle Wucht des Motors benötigt man ja nur dann und wann, wenn es zur Sache geht, also voll beladen die Berge hinauf.

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Die Kunst ist, Multi-Torque und die verschiedenen Fahrprogramme genau in solchen Situationen in Einklang zu bringen. Grundsätzlich bietet DAF nämlich zwei unterschiedliche Programmfamilien an. Die eine heißt Eco Fuel und unterscheidet per Tippschalter am rechten Lenkstockhebel zwischen Eco und Standard. Diese Grundeinstellung ist sinnvoll bei Fernverkehrs-Trucks, aber nicht beim Baufahrzeug. Hier heißt die Grundsoftware Eco Performance mit den zwei Schaltprogrammen Standard und Performance. Diese Software hatten wir im Steuergerät und gingen den Kindinger Berg erst mal im Standardprogramm an. Das war gefühlt recht gemütlich, mit 3:29 min für die 4,5 km lange Messstrecke jedoch noch leistungsgerecht für einen 530er. Die Steilstücke geht der Holländer dabei betont drehmomentorientiert und damit spritsparend an. Hier würde man sich dann schon wünschen, dass das Fahrprogramm die Pferde auch mal richtig arbeiten lässt. Das funktioniert im Performance-Programm natürlich schon, ist aber auch verbrauchsintensiver.

Gespannt waren wir auch, wie der XFC ohne Retarder die Bergab-Passagen meistern würde. Die Ventilhebelbremse des MX 13 ist mit 365 kW oder rund 500 PS schon eine wirkungsvolle Motorbremse. Vor allem – laut Diagramm – eine zwischen 1.100 und 1.950 Umdrehungen sehr konstante Bremskraft. Unser langes Sieben-Prozent-Gefälle hinunter nach Beilngries packt der DAF im Neunten bei knapp 2.000 Umdrehungen mit genau einer Beibremsung etwa in der Mitte – bei konstant 68 km/h. Das ist von einem Motor dieser Größe zu erwarten. Und rechtfertigt das Weglassen eines Retarders mit gutem Gewissen.

Wird es noch steiler, wie bei der Abfahrt Spindeltal hinunter nach Eichstätt, müssen wir in aller Regel bis in den Siebten runterschalten. Das funktioniert normalerweise einfach durch rechtzeitiges Runtertippen des Tempomats. Voraussetzung dafür ist allerdings ein automatisches, vom Tempomat gesteuertes Beibremsen mit der Betriebsbremse während der Rückschaltungen, wo die Kupplung ja kurz öffnen muss. Das nennt sich Brake Blending und ist sehr hilfreich, will man Bergabfahrten ohne Retarder elegant und geschmeidig gestalten. Das gelingt dem DAF an dieser Stelle noch nicht ganz, dennoch hält er die angestrebten 45 km/h mit einmal Beibremsen im händisch geschalteten siebten Gang.

Insgesamt liefert der DAF XFC 530 PXP eine überzeugende Vorstellung ab. Begeistern kann der fein abgestimmte GPS-Tempomat mit seinen feinen, aber nicht übertreibenden Segeleigenschaften. Das macht nicht nur längere Autobahn-Etappen zum Vergnügen, sondern auch die Landstraßen-Runden. Denn PCC fährt auch die letzte Tour aufmerksam, frisch und fehlerfrei. Den DAF mit PXP zu bestellen ist auf jeden Fall eine Empfehlung, weil dieses offene Hydrauliksystem erstens verzögerungsfrei und zweitens sehr feinfühlig auf die Gaspedalbefehle reagiert. Und es hält den Zug am Laufen. Und darauf kommt es schließlich an.

 

Pro & Kontra:

DAF-Kippsattel XFC 530

sehr guter Fahrkomfort, Sichtverhältnisse, Einstieg
GPS-Tempomat leicht einstellbar
gute Motorbremse, ausreichend auch für bergige Strecken
lautes Entkoppel-Geräusch PXP
kein Brake Blending