Fahrbericht: Ivecos Heavy-Duty-Kipper T-Way
Die einen nennen es Testgelände, die anderen Spielplatz: Spaß macht es auf jeden Fall, mit der gesamten Iveco-Kipper-Range durchs Gelände zu heizen. Mit Schwerpunkt T-Way: Ivecos Heavy-Duty-Kipper – T steht für tough – bekamen neue Achsen und eine Überarbeitung an Haupt und Gliedern.
Der Steinbruch Gerhausen der Firma Merkle nahe Markbronn bei Ulm ist schon ein Riesenloch. Und eine ideale Kulisse: Fette Steigungen hinauf zu den Arbeitsterrassen, der Boden ist zwar fest, heute liegt aber eine dicke Soße aus wassergesättigtem Kalkstein-Schlamm auf allen Wegen. Ein Alptraum zum Säubern, vor allem wenn das Zeug an warmen Auspuffleitungen und Getriebedeckeln klebt wie Beton.
Traktionstechnisch ist dieser Untergrund jedoch beherrschbar: Die Fuhre sinkt kaum ein, alles fest, die Oberfläche aber dennoch tückisch, weil rutschig. Die Steigungen gehen wir mit Schwung an, vorhandene Hi-Traction-Hydro-Vorderachsen an den X-Way- und T-Way-Kippern sind aktiviert, die hinteren Sperren auch – zur Sicherheit.
Stoisch zieht mein fünfachsiger X-Way-Sattel die Serpentinen hinauf. Die hydraulische Vorderachse namens Hi-Traction arbeitet sich erstaunlich leise durch den Matsch. Es gibt andere Systeme, die hier deutlich lauter sind, obwohl alle die gleichen Radnabenmotoren vom Hydraulik-Spezialisten Poclain verwenden. Was Hi-Traction auch noch auszeichnet, ist der praktische Creeping Mode. Kippschalter im Armaturenbrett für Vorwärts und Rückwärts aktivieren diesen alleinigen Hydraulik-Antrieb über die Vorderachse. Praktisch ist das für diffizile Rangiervorgänge, weil der Hauptantriebsstrang hier außen vor bleibt und die Kupplung dadurch geschont wird. Die Kriechgeschwindigkeit wird dabei nur übers Gaspedal und die Drehzahl an der Hydraulikpumpe gesteuert – feine Sache.
Heute sind wir aber hier, um die überarbeiteten T-Way Probe zu fahren. T steht bei Iveco für tough, also robust. In der Tat unterscheiden sich die T-Way von den etwas leichteren X-Way durch kompromisslose Off-Road-Spezifikation. Die Fahrgestellhöhe ist durchgehend mit Off für Off-Road gekennzeichnet, die Rahmenstärken liegen zwischen 7,7 und kräftigen 10 mm, der X-Way kommt mit den 7,7-mm-Rahmen aus.
Auch am Antriebsstrang hat sich einiges getan: Neue Vorderachsen mit steiferer Bremssattelstütze ergeben laut Iveco eine Verkürzung des Bremswegs aus 60 km/h um mehrere Meter im Vergleich zur alten Trakker-Baureihe. Die Radlager sind wartungsfrei und besonders reibungsarm – auch eine Effizienz-Verbesserung. Die Standard-Vorderachse trägt 9 t, die angetriebene Vorderachse ist für 10 t gut. Bei den Hinterachsen verloren die Iveco-Entwickler auch die gute alte Trommelbremse nicht aus den Augen.
Technisch 32 t Tragkraft bietet das neue Heavy-Duty Doppelachs-Aggregat mit Trommel- oder Scheibenbremsen. Herzstück ist eine völlig neu konstruierte Aufhängung über eine zentrale Guss-Traverse, die die beiden Achsen über V-Lenker anbindet. In der luftgefederten Variante bedeutet die neue Aufhängung platzsparende Lenkerschwerter aus Guss, was wiederum kürzere Überhänge ermöglicht. Die Stabis sind jetzt oben montiert, was die Bodenfreiheit erhöht.
Im eigens aufgeschütteten Verwindungs-Parcours zeigen die neuen Achsen ihre Beweglichkeit: Je mehr Verschränkung die Achsen aufnehmen, umso besser für den Rahmen und Aufbau. Und auch wenn mal eine Achse in der Luft hängt: Die neuen Außenplaneten-Achsen sind gut für 32 t – die halten das aus.
Das Angebot an Motoren blieb unverändert: Der 13 l große Cursor 13 liefert 410, 450 oder in der Spitze 510 PS, bei Drehmomenten zwischen 2.100 und 2.300 Nm. Nach wie vor gibt es den T-Way auch mit handgeschalteten Ecosplit-Getrieben, die genauso wie die automatisierten Hi-Tronix-Getriebe auf 16 Gangstufen basieren. Wer es etwas leichter will, kann auf den Cursor 9 mit 340 oder 360 PS zurückgreifen. Ihn verbandelt Iveco entweder mit dem handgeschalteten 16-Gang-Ecosplit oder mit der zwölfstufigen Variante der Hi-Tronix-Automatik.
Wichtig: Neben den üblichen Nebenabtrieben an Motor oder Getriebe, bietet Iveco auch ein Sandwich-PTO mit wuchtigen 2.450 Nm Ausgangs-Drehmoment an. Der doppelt übersetzte Nebenabtrieb wird als komplettes Modul zwischen Motor und Getriebe eingesetzt und bedient die Druckversorgung leistungsstarker Pumpen oder Kräne.
Auch an der Kabine gab es einige kleine und feine Änderungen. So ist nun eine A-Säulen-Verkleidung erhältlich, die den Luftstrom zwischen Spiegel und A-Säule so regelt, dass kein Wasser mehr von der Windschutzscheibe die Sicht auf die Spiegel vernebelt. Neue, geteilte Stahlstoßstangen, optionale LED-Scheinwerfer, eine neue, bewegliche Trittstufe und schließlich eine neue Frontklappe geben dem T-Way nun ein kantiges, fast schon aggressives Gesicht, passend zum schweren Einsatz.
Beim nach wie vor tiefschwarz gehaltenen Armaturenbrett der T- und X-Way hält es Iveco mit klassischen Analog-Anzeigen: gut ablesbare Rundinstrumente, viele Schalter, manuelle Handbremse. Kein Schnick-Schnack und leicht bedienbar. Die Sperren aktiviert ein Drehschalter in logischer Reihenfolge, den Vollzug zeigt eine gut sichtbare Anzeige im Zentraldisplay. Über der Mittelkonsole ragt ein Sekundär-Bildschirm auf, mit allerdings etwas kleiner sichtbarer Diagonale.
Von hier aus werden neuerdings diverse Sprach-Assistenten und andere Handy-Apps gespiegelt und bedient. Besonders das My-Iveco-Paket geht hier über die üblichen Infotainment-Funktionen hinaus: Es können Fahrzeug-Parameter und Fehlermeldungen angezeigt werden sowie Wartungsabfragen und Service-Buchungen über das Iveco-24h-Service-Center angestoßen werden. Damit sind jetzt auch die schweren Baufahrzeuge technisch und kommunikativ auf Höhe der Zeit. Mit dem T-Way als schwerster Vertreter ist die Iveco-Baureihe über X-Way und Euro-Cargo bis hinunter zum Daily 4×4 komplett.
Elektrischer Mischaufbau voll im Trend
Zusammen mit Liebherr zeigt Iveco einen Misch-Sattel mit vollelektrischem Antrieb: Gespeist wird das 32-kWh-Akkupack im Batteriekasten von einem wassergekühlten Generator am motorseitigen Nebenabtrieb der X-Way-Sattelzugmaschine. Die Akkus wiederum speisen den eigentlichen Trommelmotor mit integriertem Getriebe und 60-kW-Dauer- sowie 120-kW-Spitzenleistung. Ein wassergekühltes Thermo-Management sorgt laut Liebherr für volle Leistung auch bei sehr hohen oder niedrigen Außentemperaturen.
Auf dem Bediener-Touchscreen im Fahrerhaus werden sämtliche Betriebsparameter übersichtlich und grafisch unterstützt dargestellt, ein Zusatzdisplay am Heck erlaubt die Bedienung von außen. Über Nacht ist auch externes Laden über einen 400-V-Drehstromanschluss möglich. Liebherr spricht bei dieser Version (ETM 1004 T) von Kraftstoffeinsparungen bis zu 30 Prozent, das Aufbaugewicht beträgt 7.830 kg in dieser Sattelversion, die 10-m³-E-Mischer für den Vierachser liegen bei gut 4,3 t. Die Akkus finden beim Vierachser zwischen den Rahmen-Längsträgern Platz.