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Fortschritt mit Tradition bei Komatsu in Hannover

Noch vor der Bauma hat Komatsu seine Händler, Kunden und die Fachpresse zum großen VIP-Event nach Hannover geladen. In den altehrwürdigen Hallen wurden die aktuellsten Entwicklungen präsentiert – und ein richtiges Schmankerl gab es noch obendrauf.

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Die historische Halle, normalerweise als Auslieferungslager und für die Endabnahme der produzierten Maschinen genutzt, gab eine eindrucksvolle Kulisse für das VIP-Event mit rund 200 Teilnehmern ab. (Bild: bd/Böhmer)

Beim Betreten des Komatsu-Werks in Hannover greift der Besucher fast reflexartig zur Kamera – durch den Kontrast mit der über 100 Jahre alten Produktionshalle ergibt sich eigentlich immer ein Motiv. Auch bei der aktuellen Veranstaltung war vor besagtem Gebäude ein akkubetriebener Kettenbagger platziert worden. So hat man einen großen Bogen von der Vergangenheit in die Zukunft geschlagen, denn diese Maschinen dürften ein Teil des Dekarbonisierungsprogramms von Komatsu werden.

Marco Maschke, Leiter des Deutschlandbüros von Komatsu Europe, unterstrich die Bedeutung des europäischen Markts und des hannoverschen Standorts im Komatsu-Konzern. Ganz bewusst hat man die Entwicklung und Fertigung von Mobilbaggern und kompakten Radladern an diesem Standort gebündelt, nimmt doch der deutsche Markt die mit Abstand größten Anteile dieser Produktgattungen auf. Außerdem werden in Hannover Radlader bis hinauf zum WA 500 gebaut, und dies jeweils mit einer vergleichsweise hohen Fertigungstiefe. Seit Anfang Januar fungiert der langjährige Mitarbeiter André Wohlers als Geschäftsführer des Werks in Hannover. Er betonte die Vorteile, die sich durch die räumliche Nähe von Entwicklung und Fertigung ergeben sowie den direkten Draht zu den teilweise langjährigen Kunden.

Da die CO2-Bilanz natürlich auch bei Komatsu ein beherrschendes Themen ist, wurden hier bereits erhebliche Anstrengungen unternommen. Was das direkte Unternehmensumfeld betrifft, wurden gegenüber dem Vergleichsjahr 2010 bereits beachtliche 51 Prozent der CO2-Emissionen eingespart. Da bei einer Baumaschine jedoch über 90 Prozent des Gesamt-CO2-Ausstoßes durch den Betrieb mit fossilen Brennstoffen verursacht werden (betrachtet über den Lebenszyklus einschließlich der Herstellung), sind alternative Antriebe unumgänglich. Beim batterieelektrischen Antrieb befindet sich Komatsu auf der Schwelle zur Markteinführung. Um dies zu unterstreichen, waren gleich drei Maschinen aus dem Elektro-Programm in Hannover dabei. Der PC 210 LCE (22,8 t / 451 kWh) und der kompakte PC 138 E-11 (15,0 t / 225,6 kWh) werden derzeit noch in Japan gebaut und befinden sich in Europa in der Markt-Erprobungsphase. Der PC 33 E-6 (3,62 t / 35 kWh) wiederum kann bereits bei den Händlern bestellt werden.

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Vergangenheit trifft Zukunft: Die Halle in Hannover gibt es schon über 100 Jahre, der akku-betriebene PC 201 LCE (450 kWh) befindet sich hierzulande gerade in der Markterprobung. (Bild: bd/Böhmer)

Mit reichlich Spektakel wurden schließlich die neuen Leistungs-Radlader WA 475-11 und WA 485-11 in die Halle gefahren. Beiden gemeinsam ist das leistungsverzweigte Getriebe aus eigener Produktion. Unter den richtigen Einsatzbedingungen soll eine Steigerung der Kraftstoffeffizienz bis zu 29 Prozent gegenüber dem herkömmlichen Antriebsstrang aus Wandler und Lastschaltgetriebe möglich sein. Der WA 485-11 wurde in der Ausstattungsvariante Aggregat präsentiert, was in etwa bedeuten soll: optimiert für die Rückverladung. Durch eine spezielle Kinematik und Schaufel konnte die Nutzlast auf 9.300 kg gesteigert werden, womit auch gewichtsoptimierte Sattelkipper in drei Arbeitsspielen ausgeladen werden können. Ein enormer zeitlicher Vorteil, wenn zu Stoßzeiten eine Fahrzeugschlange zügig aufgelöst werden soll. Auch wirtschaftlich macht es sich natürlich positiv bemerkbar, wenn nicht bei jedem Sattel noch eine nur teilweise gefüllte Schaufel aufgelegt werden muss.

Schulungen schützen vor unbedachten Manövern

Allerdings sollte sich der Bediener dabei auch der Urgewalt einer solchen Schaufelfüllung bewusst sein. Falls nämlich die über 9 t Schotter allzu forsch in der Mulde landen, hebt es den arglosen Kutscher samt Kaffeetasse aus dem Sitz, was zu mannigfaltigen Unmutsbekundungen führen dürfte. In diesem Zusammenhang sei die Komatsu-Driving-Academy empfohlen, die am Standort Hannover Fahrerschulungen sowohl an Simulatoren als auch mit realen Maschinen auf dem Demogelände anbietet.

Bei Veranstaltungen im Vorfeld der Bauma ist man nie sicher, wie weit echte Neuheiten preisgegeben werden. Von daher war es schon etwas Besonderes, dass es einen echten Prototypen zu sehen gab: In der klinisch reinen Werkstatt der Abteilung für Entwicklung und Erprobung stand einer von bislang zwei existierenden WA 170 M. Schon auf den ersten Blick wirkt er wie der große Bruder der erfolgreichen Kompakt-Radlader, deren Ursprünge bis in das Ende der Hanomag-Ära zurückreichen. Tatsächlich kommt er auch den Rückmeldungen von Kunden entgegen, die sich beim WA 100M-8 (7,5 t Dienstgewicht) ein Plus an Hubkraft, Reichhöhe und Motorleistung wünschten – und das mit der gleichen Agilität, Wendigkeit und Übersicht, wie sie von den kleineren Vertretern der Baureihe bekannt ist.

Kein Wunder also, dass der Neue in den Proportionen und im Kabinendesign an die Kompakt-Baureihe angelehnt ist. Die Motorhaube nimmt dagegen eher die Formensprache der großen Leistungs-Radlader auf. Allzu viele technische Details sind noch nicht bekannt, lediglich, dass ein Stufe-V-Motor mit 96 kW (128 PS) den Hydrostaten antreibt und der Standard-Schaufelinhalt bei 1,6 m³ liegt. In München wird der knapp 10 t schwere Lader dem großen Publikum vorgestellt und soll danach auch bestellbar sein; selbstverständlich wird dann auch ein vollständiges Datenblatt vorliegen.

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Der WA 170 M wird mit zwei unterschiedlichen Hubgerüsten lieferbar sein, wobei eines eher auf die Anforderungen in der Baubranche und das andere auf die Bedürfnisse der industriellen Anwender zugeschnitten sein wird. Bei der Maschine handelt es sich um eine interessante Zwischengröße, für die es einen breiten Anwendungsbereich gibt. Denkbar sind Einsätze in der Industrie, beim Recycling, auf dem kommunalen Bauhof, in der Landwirtschaft und natürlich auf der Baustelle. Die Überladehöhe dürfte auch für ausgewachsene Lkw taugen, und dass auch ölhungrige Anbaugeräte problemlos betrieben werden können, wurde bereits in praktischen Versuchen nachgewiesen. Die Kabine ist für Reparaturen kippbar und die hintere Haube schwenkt mit einem Handgriff nach hinten, was die Routine-Wartungsarbeiten erleichtert.

Man hat den Eindruck gewonnen, dass der WA 170 M eine echte Antwort auf Kundenbedürfnisse ist – und dabei vom ersten Entwurf bis zur Serienproduktion made in Hannover. Zugleich kann man davon ausgehen, dass sich der Konzern noch ein paar Besonderheiten für die Bauma aufgehoben hat. Wer sich einmal bis zur japanischen Website durchgearbeitet hat, könnte eine Idee bekommen, um was es sich handelt.