Geführtes Meva-Schutzsystem MGS-H gibt Europa-Premiere
Ein über 50 Jahre altes Hochhaus im Zentrum von Köln muss einem Neubau weichen. Für den notwendigen Rückbau mit einer geschlossenen Lösung nutzen die Experten von Linkamp das geführte Schutzsystem MGS-H von Meva – eine erfolgreiche Europa-Premiere.
Wenn‘s auf Baustellen hoch hinaus geht, haben Sicherheit und Arbeiterschutz Priorität. Nicht anders ist es auf umgekehrtem Weg, beim Rückbau von oben nach unten. 16 Stockwerke, 54 m hoch, schlichter rechteckiger Grundriss: Das 1966 eröffnete Büro-Hochhaus des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) war kein Schmuckstück und entsprach nicht mehr den heutigen Anforderungen. Es soll seinen Platz daher zügig für ein neues Bürohaus mit 1.200 Arbeitsplätzen freimachen. Aufgrund der sensiblen zentralen Lage schieden ein radikaler Abriss mit Longfront- und Kettenbaggern oder gar eine Sprengung von vornherein aus. Die Baustelle ist umgeben von enger Bebauung, frequentierten Straßen und dem belebten Bahnhof Messe-Deutz. Erschütterungen, Staub, herabfallendes Geröll und Lärm dürfen die Umgebung nicht beeinträchtigen.
Obendrein wurde eine starke Belastung der Fassade mit dem gesundheitsschädigenden Dämmstoff Asbest festgestellt, der gewissenhaft abgetragen und entsorgt werden muss und keineswegs in die Umgebung gelangen darf. So war auch ein offener Rückbau nicht möglich, sondern nur eine Sanierung mit geschlossener Lösung und Schwarzbereich. Die Abbruch- und Sanierungsspezialisten von Linkamp mussten beim Rückbau äußerst behutsam und mit einer flexiblen, möglichst einfach zu handhabenden Lösung vorgehen – dem geführten Schutzsystem MGS-H von Meva.
Das schienengeführte System ist eine lückenlose Rundum-Einhausung der Absturzkanten in den oberen Geschossen. Es gewährleistet zuverlässigen Schutz gegen herabfallende Gegenstände sowie Witterungseinflüsse und kann hydraulisch oder per Kran klettern. MGS-H erfüllt strenge internationale Standards für den Hochhausbau und wird weltweit bei der Errichtung von Wolkenkratzern eingesetzt, häufig kombiniert mit den Meva-Klettersystemen MAC und MGC-H. Seine Stärken spielt das System genauso gut auch beim Herunterklettern aus – nun zum ersten Mal auch in Europa.
Das System lässt sich an praktisch jede, auch runde, spitz- oder stumpfwinklige Gebäudegeometrie anpassen, mit oder ohne Arbeitsplattformen. Breiten und Höhen der Klettereinheiten, die aus Plattformen, Rückenschutz und Windschild mit gelochtem oder geschlossenem Trapezblech bestehen, sind frei wählbar. Zwei senkrechte, flexibel positionierbare Führungsschienen verbinden die Einheit mit dem Gebäude – auch während der Hub- bzw. Absenkprozesse. Nutzung und Versatz sind bei Windgeschwindigkeiten bis 20 m/s (72 km/h) möglich – das mindert, insbesondere in großen Höhen, die Gefahr teurer Stillstandszeiten.
Das Team um die Linkamp-Projektleiter Thorsten Blasse und Bernhard Gillig kam bei dem Kölner Projekt erstmals mit dem MGS-H in Kontakt. Meva-Schalmeister Adam Szanto leistete in den ersten Tagen der Anwendung technischen Support vor Ort, Stefan Kappler aus der zentralen Anwendungstechnik plante das Projekt. „Die sorgfältige Vorbereitung und Unterstützung durch Meva hat uns geholfen, schnell mit dem MGS-H vertraut zu werden“, berichtet Thorsten Blasse. 18 Klettereinheiten wurden, liegend an zwei Montageplätzen, sicher zusammengebaut. Jede Einheit ist zwischen 4,60 und 5,10 m breit und besteht aus vier Plattformen, Rückenschutz und geschlossenem Trapezblech. Acht Einheiten wurden zusätzlich mit Seitenschutz ausgestattet, um sicheren Rundgang und das Arbeiten an den Gebäudeecken unter höchster Sicherheit zu gewährleisten. Per Kran wurden die Einheiten von den Montageplätzen angehoben und von oben in die vorbereiteten Führungsschuhe mit Klappmechanismus eingefädelt. Sobald die Führungsschienen eingehängt und mit Sperrklinken gesichert waren, konnte die nächste Klettereinheit abgeholt werden. Schnell waren die vier oberen Etagen des über 30 m langen, rund 15 m breiten Gebäudes komplett eingehaust.
Die Arbeitsplattformen der Elemente sind nur durch schmale Fugen getrennt. Jede noch so kleine Öffnung, auch zur Gebäudewand und am Trapezblech, wurde konsequent geschlossen. Dafür wurden stabile, flexible Hartgummilippen verwendet. Bürsten decken die Freiräume zwischen den 5 cm starken Bohlenbelägen und den Führungsschienen ab. Die obere Plattform 1 dient als Schutz für die zweite Ebene und zum Ein-/Aushängen der Kranhaken. Die Plattformen 2 und 3 werden für die Sanierung der asbesthaltigen Fassade unter erhöhten Arbeitsschutzbedingungen benötigt. Nach dem Rückbau der oberen Etage wird die MGS-Einheit am Kran angeschlagen, rund 10 cm aus den Befestigungshaken angehoben und von der Wand abgesetzt. Der obere Führungsschuh kann gelöst und drei Etagen tiefer angebracht werden. Dann wird die MGS-Einheit – per Führungsschienen mit dem Gebäude weiter verbunden – heruntergefahren und erneut verankert.
Im Unterschied zu einem Neubau, wo die Kletterkonen zur Befestigung der Führungsschuhe einfach mit einbetoniert werden, ist beim Rückbau etwas mehr Aufwand nötig: In die Außenwand wird ein 350-mm-Loch gebohrt, um den mit einer Halteschiene verbundenen Führungsschuh nach außen hindurchführen zu können. Die längs justierbare Halteschiene liegt auf der Decke vollflächig auf und wird kraftschlüssig befestigt, um die Last des Schutzsystems sicher abzuleiten. In ein 100-mm-Loch durch die Decke werden die Kletterkonen (M24) und DW-15-Ankerstäbe mit Quellvergussmörtel einbetoniert und von unten durch einen Querausrichter (als Durchstanzschutz) per Gelenkflanschmutter gesichert. Ähnlich das Vorgehen im Bereich des früheren Treppenhauses: Da hier die Decken in Wandnähe ausgespart sind, konnten die Kletterkonen für zwei der 18 MGS-H-Einheiten nur über die Außenwand fixiert werden. Auch hier wird ein 100-mm-Loch gebohrt, ein Kletterkonus M30 und DW-20-Ankerstab einbetoniert und per Querausrichter mit Gelenkflanschmutter gesichert.
Aller Anfang war ungewohnt. Doch bereits nach dem Rückbau des oberen Stockwerks nahm das Linkamp-Team Tempo auf: Seither geht es mit jeder Etage unkompliziert und zügig voran. Für Projektleiter Thorsten Blasse war die Wahl des Meva-Systems die richtige Entscheidung: „Unsere Mannschaft fühlt sich wohl und sicher beim Arbeiten in der Höhe. Deshalb und wegen des einfachen Handlings ermöglicht das Schutzsystem MGS-H, dass wir mit jedem rückgebauten Stockwerk viel Zeit gewinnen. Wir hatten für die Absenkung der Rundum-Einhausung eigentlich mehrere Tage pro Etage veranschlagt. Dass wir dies bereits beim dritten Absenken in weniger als einem Tag schaffen, hatten wir nicht für möglich gehalten.“