Baggertest 6/2024

Hydrema Kurzheck-Mobilbagger der MX Serie im Test

Ihnen eilt der Ruf voraus, wahre Kraftwunder zu sein. Bei den Hydrema-Erlebnistagen in Weimar konnten wir ausgiebig testen, ob die dänischen Bagger wirklich die Physik überlisten können.

Hydrema MX-Citybagger im Test
Kompakt ist das erste Merkmal, was dem Betrachter an den Hydrema-Kurzheckbaggern auffällt. Wie unser bd-Baggertest beweist, haben die Maschinen noch sehr viel mehr zu bieten. (Bilder: bd/Bömer)

Das Weimar-Werk war zu DDR-Zeiten quasi ein Synonym für die Produktion von leichten Mobilbaggern und -ladern. So ist es nicht verwunderlich, dass hier auch die Wurzeln der MX-Citybagger von Hydrema liegen. Als der dänische Baumaschinen-Hersteller 1996 die Weimar-Werk Baumaschinen GmbH übernahm, existierten bereits einige Kompakt-Mobilbagger im Programm. Nach einer gründlichen Marktanalyse und einer Besinnung auf die eigenen Stärken in Fertigung und Vertrieb, entschloss man sich zu einer drastischen Straffung des Produktprogramms. Die knickgelenkten Radlader, die Raupenbagger und die Mobilbagger mit konventionellem Heck wurden ersatzlos gestrichen. Der Kurs war klar: Konzentration auf wenige Nischenprodukte mit gleichzeitigem Anspruch, als Premium-Anbieter aufzutreten. Daraufhin wurde die Dumper-Produktion nach Weimar verlegt, und im dänischen Stammwerk entstanden neben den knickgelenkten Baggerladern die ersten MX-Citybagger.

Der erste Eindruck

Heute besteht die MX-G-Serie aus fünf Typen mit Maschinengewichten von 16,0 bis 20,2 t. Dabei folgt alles dem Konzept eines modularen Aufbaus mit möglichst vielen Gleichteilen bei dennoch spezifischen Eigenschaften der einzelnen Maschinen. Grob gesagt, bestehen die Haupt-Unterscheidungsmerkmale in verschiedenen Kontergewichten – und somit Heckschwenkradien – sowie unterschiedlichen Fahrmotoren, Auslegerlängen und Unterwagen-Ausstattungen. Sehr lobenswert: Auf der Hydrema-Homepage gibt es eine Übersicht, worin sich die einzelnen MX-G-Typen unterscheiden. Das würden wir uns bei eng gestaffelten Produktprogrammen eigentlich immer wünschen, damit man nicht aus einer riesigen Datenmenge die jeweils abweichenden Merkmale mühsam herausfiltern muss. Bei der Konfiguration kommt dann dem jeweiligen Verkaufsberater die wichtige Aufgabe zu, gemeinsam mit dem Kunden die exakten Anforderungen an die Maschine zu ermitteln.

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Geht man um einen Hydrema herum und öffnet verschiedene Klappen, fallen die ersten Besonderheiten auf. So befindet sich an der Kabine ein eigenes Türchen für die Sicherungen und Relais, alles in Augenhöhe und ohne Verrenkungen erreichbar. Das Oberwagendeck muss für Wartungsarbeiten nicht betreten werden, was die Absturzgefahr erheblich mindert. Es gibt lediglich eine ausziehbare Leiter, um die Tankstutzen für Diesel und Adblue hinter der Kabine zu erreichen. An der großen Motorhaube sucht man vergeblich nach einem Griff zum Öffnen – das übernimmt nämlich per Tastendruck ein Elektromotor. „Das ist eben Premium-Ausstattung“, gibt Vertriebsleiter Martin Werthenbach dem gebührend beeindruckten bd-Tester schmunzelnd mit auf den Weg. Der Ölstand des längs verbauten Cummins B 4.5 lässt sich vom Boden aus bequem kontrollieren. Der Stufe-V-Vierzylinder-Common-Rail-Motor verfügt für die Abgasnachbehandlung über ein DOC-, DPF- und SCR-System. Eine Abgasrückführung entfällt bei dieser Konfiguration – und was nicht vorhanden ist, kann auch nicht für Störungen sorgen.

Am Unterwagen gibt es Staukästen, die beim Öffnen nach außen kippen und somit leichter zugänglich sind. Zwischen der obersten Trittstufe am Unterwagen und dem Oberwagen ist ausreichend Platz, sodass man beim Absteigen quasi blind einen Tritt findet. Das klingt eigentlich selbstverständlich, ist es jedoch nicht. Gleiches gilt für die massiven Trittstufen, die hier auf der Rückseite des Schildes verschweißt wurden. Für den Unterwagen ist im Grunde alles bestellbar, was einem so in den Sinn kommen könnte. Neben der Breitspur (2,75 m) ist jedwede Kombination von Schild und Pratzen über Schraubverbindungen adaptierbar.

Für den Vortrieb sorgen bewährte Komponenten. Achsen und Getriebe stammen von ZF, den Fahrmotor steuert Bosch-Rexroth bei. Zu den Optionen gehören natürlich auch eine Baggerbremse und die Joysticklenkung. Die zwölf Schmierpunkte des parallel geführten Stützschildes hängen entweder alle an der optionalen Zentralschmieranlage oder wurden strategisch zusammengefasst. Und typisch Skandinavien: Eine Zusatzhydraulik ist bis zum Planierschild verlegt, um den dort obligatorischen Anhänger auch kippen zu können.

In der Kabine

Während die Dumper-Kabinen in Weimar gefertigt werden, entsteht die MX-Hütte nach Hydrema-Vorgaben bei der Tochterfirma FLK Cabin in Dänemark. Obwohl es sich um einen Kurzheckbagger handelt, wird mit dem Platz im Innenraum geradezu verschwenderisch umgegangen. Hinter dem Sitz hat eine ausgewachsene Kühlbox Platz gefunden. Spätestens jetzt wird klar, dass es sich um eine typische Owner-Operator-Maschine nach skandinavischem Zuschnitt handelt. Neben Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit liegt der Fokus ganz klar auf dem Bediener. Oft sind es ja die Kleinigkeiten, die das Leben erleichtern. Zum Beispiel lässt sich die Kabinen-Innenbeleuchtung über einen Türschalter betätigen, ein automatischer Batterie-Trennschalter schaltet das ganze System zum Feierabend spannungsfrei, und in den Cupholder passt auch eine Tasse mit Henkel, also nicht nur der Einwegbecher – geht doch!

Dass sich die Frontscheibe geschmeidig öffnen lässt und die Sicht nach oben ausgezeichnet ist, verwundert nicht wirklich. Und da kommen wir auch schon zu einem der Lieblingsthemen der Hydrema-Verkaufsmannschaft: der extrem große Durchschwenk-Winkel des Grundauslegers, in Verbindung mit dem geradezu vollkommen gestreckten Verstellausleger. Zusammen mit dem richtigen Stiel ergeben sich Front-Schwenkradien, von denen andere nur träumen. In dieser Extremlage befindet sich der (gefüllte) Löffel aber auch mehr oder weniger oberhalb des Kabinendachs. Also alles andere als entspanntes Arbeiten. Aber es ist eben möglich, wenn es mal ganz eng wird.

Für einige Funktionen finden sich herrlich konventionelle Lösungen. So gibt es ein herkömmliches Radio unter dem Kabinendach, das sich mit einer griffgünstigen Mute-Taste stumm schalten lässt. Auch die Steuerung von Lüfter und Temperatur erfolgt über richtige Drehregler, was ich persönlich sehr schätze, weil ihre Bedienung irgendwann ohne Hinsehen erfolgen kann. Das ist nicht möglich, wenn ich erst die entsprechende Funktion im Menu suchen und aufrufen muss. Ein hübsches Touch-Display gibt es trotzdem. Unter anderem wird hier das Bild der verschiedenen Kameras gestochen scharf wiedergegeben. Da sich die Maschine ja besonders für beengte Einsatzbereiche empfiehlt, würde ich auch dringend für die optionale 360-Grad-Kamera plädieren. Es gibt dem Bediener ein großes Plus an Sicherheit, da er mit einem Blick das Umfeld sowohl beim Schwenken als auch beim Rangieren erfassen kann.

An besagtem Display kann man diverse Maschinen-Konfigurationen vornehmen. Beispielsweise lässt sich die Belegung aller Joystick-(Zusatz-)Funktionen anschaulich darstellen – und für die Zusatzkreise jeweils Fördermenge und Druck vorwählen. Um hier alles zu erfassen, was die Maschine an Möglichkeiten bietet, hilft allerdings nur der Blick ins Handbuch bzw. eine umfassende Einweisung oder Schulung. Den ersten MX-Baggern eilte der Ruf voraus, die Umgebung an ihrer ordentlichen Motorisierung auch akustisch teilhaben zu lassen. Das wurde deutlich verbessert: Bei geschlossener Tür herrscht in der Kabine ein Schallpegel von 68 dB(A) – ein Spitzenwert.

Hydrema MX-Citybagger im Testbetrieb

Ein Highlight der Veranstaltung war, dass teilweise mehrere Maschinen gleichen Typs in unterschiedlicher Ausstattung zur Verfügung standen. Es ist schon eindrucksvoll, den gleichen Bagger sowohl mit Zwillings- als auch mit Single-Bereifung kurz hintereinander zu bewegen. Wenig überraschend, dass zwei Reifen Schulter an Schulter mehr Standruhe bringen. Aber die Traktion des Ballonreifens kann im Gelände der entscheidende Vorteil sein. Also auch hier: fundierte Beratung und Erfahrung zählen.

Sobald man auf dem Fahrersitz Platz nimmt, ist man zunächst überwältigt von der Vielzahl an Schaltern, die vorrangig auf der rechten Kabinenseite aufgereiht sind. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch schnell deutlich, dass sie gemäß ihrer Funktion gruppiert wurden. Obwohl ich eine sorgfältige Unterweisung erhalten habe, würde ich behaupten, dass sich die Grundfunktionen auch intuitiv erschließen. Für das Fahrwerk gibt es je Fahrtrichtung ein Trittplattenventil und für Schild und Verstellausleger je eine Fußwippe. Die schlanke Lenksäule lässt sich in Neigung und Höhe verstellen und ist damit weitgehend aus dem Blickfeld. Für meine sperrigen Haxen könnte die Höhenverstellung noch ein paar Zentimeter mehr betragen, dann wäre der Wechsel zwischen den Pedalen noch entspannter.

Verschiedene Maschinen waren mit einem Engcon-Tiltrotator ausgerüstet – die sind ab Werk bestellbar. Ein Servicetechniker vor Ort konnte binnen weniger Minuten die Proportional-Roller auf den Engcon-Joysticks so konfigurieren, dass ich mit meinem gewohnten Schema arbeiten konnte. Die Loadsensing-Hydraulik stammt samt Pumpe, Steuerschiebern und Hydraulikmotoren von Bosch-Rexroth und erzeugt, auch dank der hydraulischen Vorsteuerung, vom ersten Augenblick an das gute Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Sicherheit wird auch durch die gute Übersicht und die großen, elektrisch verstellbaren Spiegel vermittelt.

Das zusätzliche Gewicht des Tiltrotators bringt die Kurzheck-MX-Bagger auch nicht ins Straucheln. Die niedrigste von vier Drehzahl-Stufen (1.500 U/min) sorgt für ein nervenschonendes Geräuschniveau und sollte für die meisten Einsätze ausreichen. Eigentlich werden die höheren Stufen erst benötigt, wenn die volle AUX-Literleistung (bis 200 l/min) von einem Anbaugerät gefordert wird.

Um nun die Frage nach den Superkräften zu beantworten: Ich habe es zwar nicht selbst ausprobiert, konnte aber verfolgen, wie ein Teilnehmer das berühmte 8-t-Gewicht mit einem MX 14 aus einem Demo-Kanalgraben gehoben hat. Das war sicher an der Grenze des Machbaren, und die Überlast-Warneinrichtung dürfte geplärrt haben. Natürlich verstößt der Hydrema nicht gegen Gesetze der Physik, aber die Kombination aus der speziellen Kinematik, den selbst gefertigten Zylindern und der Gewichtsverteilung scheint in besonderer Weise gelungen zu sein. Und diese einzigartige Ausleger-Geometrie bringt nicht nur im Grenzbereich Vorteile. Unter aktiver Verwendung der Verstellausrüstung können einerseits die volle Ausladung genutzt und andererseits bestimmte Tätigkeiten näher zur Maschine verlagert werden.

Unser Fazit

Allem Anschein nach, hat Hydrema mit der Fokussierung auf bestimmte Nischenprodukte eine kluge Entscheidung getroffen. Fristete der Mobilbagger am Weltmarkt bislang eher ein Schattendasein, ist es erstaunlich zu beobachten, wie sich auch immer mehr asiatische Hersteller der Thematik mit großer Ernsthaftigkeit widmen. Um gegen diese Massenprodukte zu bestehen, helfen bekanntlich nur Spezialisierung und Qualität.

Die MX-Mobilbagger sind definitiv die klassischen Owner-Operator- oder Stammfahrer-Maschinen. Was an Kraft und Leistung in ihnen steckt, verlangt nach einem verantwortungsbewussten Umgang. Ihr volles Potenzial können die Hydremas auch erst dann ausschöpfen, wenn sie mit den richtigen Anbaugeräten zu dem Multitool werden, als das sie konzipiert wurden. Und wenn der Bagger als Geräteträger die Arbeit von anderen Spezialmaschinen mit übernehmen kann, relativiert sich natürlich auch sein Anschaffungspreis. Wer das alles für Hokuspokus hält sollte sich mal ein Vorführgerät kommen lassen, um sich ein eigenes Urteil zu bilden.

 

Erlebnistage in Weimar

Bei den Erlebnistagen in Weimar gab es jede Menge Auswahl an Maschinen und Anbauteilen. In der Verbaugrube lauert das 8-t-Gewicht auf Herausforderer beim Kräftemessen.