Kelchgestützte Bahnhofshalle
Der extravagante Entwurf für den Neubau der Bahnhofshalle in Stuttgart stammt von Christoph Ingenhoven. Er sieht für das Gebäude 28 markante übergroße Kelchstützen vor, die hohe Anforderungen an die Schalungstechnik stellen.
Für die Realisierung der überdimensionierten Kelchstützen holte das Bau-Unternehmen Züblin aus Stuttgart den Schalungsspezialisten Robusta-Gaukel mit ins Boot. „Aufgrund der extrem komplexen Form der Kelchstützen, wie sie bisher nie zuvor in Beton realisiert wurde, mussten wir die hydrostatischen Betonlasten sehr aufwendig über eine 3D-Finite-Elemente-Berechnung feststellen,“ erklärt der technische Leiter Johannes Lissner. Schnell war klar, dass bei solchen Lasten und unter Berücksichtigung des Bauablaufs keine Standardrüstungssysteme infrage kommen. So übernahm Robusta-Gaukel sowohl die Konzeption als auch die Produktion der individuellen Unterstützungskonstruktion der Schalkörper.
Insgesamt sind 28 Kelchstützen vorgesehen, ergänzt durch 14 Restkelche und vier Brillenwandkelche. Standard- oder Regelkelch ist der vollständige Kelch mit eigenem Fuß in der Mittelreihe der Bahnhofshalle. Randkelche haben ebenfalls einen eigenen Fuß, der an einem Rand in die Trogwand übergeht. Als Restkelch oder Brillenwandkelch werden Teilkelche ohne eigenen Fuß bezeichnet, die aus der Trogwand hervorgehen. Die 14 Querachsen der Bahnhofshalle bestehen jeweils aus einem Rand-, Standard- und Restkelch.
Die Unterstützungskonstruktion mit den montierten Holzschalungen besteht zu rund 60 Prozent aus den Türmen des Regelkelchs, die restlichen Türme sind speziell für den Randbereich entlang der Längswand entwickelt. Die Dimensionen der Schal- und Bewehrungsarbeiten sind enorm: Die Unterstützungskonstruktion besteht aus 26 Turmeinheiten und wiegt knapp 300 t. Beim Verlegen der Bewehrung (ebenfalls ca. 300 t) verbauten die Spezialisten in der komplexen Geometrie rund 11.000 verschiedene Positionen. Nach dem Montieren und Verankern der oberen Deckschalung – bestehend aus 18 Schalkörpern – wurden rund 700 m³ Beton mit zwei Betonpumpen innerhalb von zehn Stunden eingebracht.
Beim Ausschalen der bis zu zwölf Meter hohen Türme wurden mit dem Schwerlast-Plattformwagen von Robusta-Gaukel die Einheiten kranlos umgesetzt. Dafür ist das Gerät mit vier Sonder-Hubzylindern ausgerüstet, die schwenkbar am Wagen angebracht sind. Die Turmeinheiten lassen sich damit problemlos und in kürzester Zeit absenken und zur Seite fahren. Um das benachbarte Segment ausschalen zu können, müssen zuvor Notstützen eingebaut werden, die den Kelchrand so lange unterstützen, bis die offenen Deckenfelder zwischen den Kelchen ebenfalls betoniert und geschlossen sind.
Im letzten Schritt wird die sogenannte Hutze als Kragen am Lichtauge des Kelchs geschalt und bewehrt. Dabei halten die Robusta-Schrägstützen die innenliegenden schrägen Schalkörper auf die inneren Unterstützungstürme, um die notwendige Stabilität zu gewährleisten.