Knickgelenkter Zweiachser Bell B45E 4×4 für Gewinnungsbetriebe
Schon bei seiner Premiere 2019 sorgte der Bell B45E 4×4 für großes Interesse gerade bei mitteleuropäischen Steinbruch-Betreibern, auf deren Förderketten der knickgelenkte Allrad-Zweiachser in Größe und Konzept besonders zugeschnitten ist. Mit der Umstellung aller Bell-Muldenkipper auf EU-Stufe V wurde nun die erste Generation überarbeitet – mit technologischen Updates von Antriebskomponenten, Steuerung und Bedienkonzept sowie grundlegenden Veränderungen an der Fahrzeugtechnik.
Als Ergänzung seines Programms klassischer 6×6-Dumper mit sieben Modellen und Nutzlasten von 18 bis 45,4 t bietet Bell Equipment seit sechs Jahren eine eigenständige Zweiachs-Baureihe. Alle drei Modelle vereinen die spezifischen Vorteile des 4×4-Knicklenker-Konzepts gegenüber starren Muldenkippern sowie auch gegenüber den auf extreme Geländegängigkeit ausgelegten Dreiachs-Dumpern. Das gilt am oberen Ende für den Bell B60E 4×4 mit 55 t Nutzlast und 35 m³ Muldeninhalt für den witterungskritischen Ganzjahres-Einsatz in topografisch anspruchsvollen Tagebauen oder Großsteinbrüchen. In der unteren Klasse ist der B30E 4×4 (28 t/18,5 m³) positioniert als kompakte Lösung im Lockergestein, Materialumschlag oder bei Untertageeinsätzen.
Die jetzt zweite Generation des B45E 4×4 (41 t/25 m³) zielt auf kleinere bis mittlere Steinbruchbetriebe und hat ihre Stärken im typischen Hartstein-Abbau auf unterschiedlichen Sohlen mit steil angelegten Fahrwegen und engen Kehren. Allrad-Antrieb und Dreh-/Knickgelenk gewährleisten jederzeit eine hohe Traktion, Hilfs- und Betriebsbremse lassen sich dank ständigem Bodenkontakt aller Reifen selbst unter Volllast sehr kontrolliert einsetzen. Das gute Leistungsgewicht hält Umlaufgeschwindigkeiten bei schwieriger Witterung hoch und verlängert in exponierten Betrieben die Produktionszeiten.
Darüber hinaus meistert der B45E 4×4 auch Haldeneinsätze im Abraum oder bei Neuaufschlüssen. Ist der Allrad-Zweiachser hier naturgemäß seinen Offroad-6×6-Pendants unterlegen, bringt seine zwillingsbereifte Solo-Hinterachse auf trockenen Fahrwegen jedoch große Vorteile gegenüber den hinteren Dumper-Tandemachsen: In engen Kehren laufen diese aus der Spur, verursachen auf weichem Untergrund einen hohen Instandhaltungsaufwand und sind hauptverantwortlich für den in abrasivem Gestein typischen massiven Verschleiß der 6×6-EM-Bereifung. Hinzu kommt eine höhere Wendigkeit dank des kürzeren Hinterwagens, die sich gemeinsam mit der steinbruch-typischen Gesteinsmulde in schnelleren Zyklen an der Wand oder am Vorbrecher auszahlt.
Überzeugende Bremsleistung und verbesserte Traktion
Maßgebliche Veränderungen am B45E 4×4 betreffen insbesondere den Hinterwagen. Trotz einer neuen Achsaufhängung und eines stark angepassten Mulden-Designs blieben Rahmenlänge und Radstand nahezu identisch und machen den Zweiachs-Knicklenker sehr wendig (max. Wendekreis: 17,31 m). Wie beim 60-Tonner übernehmen jetzt zwei Öl-/Stickstoff-Stoßdämpfer die Federung der zwillingsbereiften Antriebsachse vom deutschen Hersteller Kessler. In Verbindung mit der serienmäßigen adaptiven Comfort-Ride-Frontfederung sorgt das für mehr Fahrkomfort, insbesondere aber für noch bessere Traktion und Bremseigenschaften des beladenen rund 79 t schweren Zweiachsers (Leergewicht: 38.137 kg).
Die Hinterachse bietet neben einem Anti-Schlupf-Differenzial jetzt auch eine sensor-gestützte automatische Traktionskontrolle. Anlenkung und Federwege der neuen Aufhängung wurden so dimensioniert, dass eine Ausrüstung der 21.00-R35-Zwillingsbereifung mit Schneeketten möglich ist.
Komplett neu gezeichnet wurde die abgasbeheizte Gesteinsmulde mit flachem Boden: Für ein besseres Zusammenspiel mit den in kleineren bis mittleren Steinbrüchen oft typischen Radladern wurde die Standardmulde verlängert und bekam eine gerade Stirnwand, was dank längerer Muldenoberkante und besserem Füllverhalten jetzt auch die zügige Beladung mit breiten 3,5- bis 6-m³-Felsschaufeln ermöglicht (Überladehöhe: 3.485 mm).
Dabei blieben sowohl die max. Kipphöhe (6.485 mm bei 55°) als auch die große Bodenfreiheit der Schurre (890 mm) nahezu unverändert. Damit lässt sich der knickgelenkte 41-Tonner deutlich einfacher in bestehende Infrastrukturen (z.B. Brecher-Einhausungen) einpassen als vergleichbare 6×6-Knicklenker mit langer Erdbau-Mulde, bietet jedoch deren Vorteile gegenüber konventionellen Starrkippern mit tiefer Schurre beim schnellen Entladen in jedem Terrain.
Alternativ zur 4.265 mm breiten 25-m³-Standardmulde (mit Heckklappe: 26 m³/4.639 mm) ist optional jetzt auch eine schmalere Version gleichen Inhalts erhältlich, mit der die Fahrzeugbreite trotz Heckklappe unter 4 m bleibt. Der etwas längere Narrow-Muldenkörper mit erhöhter Muldenkante (3.671 mm) optimiert dabei nochmals die Ladespiele mit schweren Radladern.
Mit dem identischen Vorderwagen des 6×6-Schwestermodells profitieren Betreiber bei Antrieb, Kraftübertragung und intelligenter Fahrzeugsteuerung von der ständig weiterentwickelten 6×6-Knick-lenker-Großserientechnik des Herstellers. Unter der Haube arbeitet der 390 kW starke Reihensechszylinder OM471LA von Mercedes-Benz in MTU-Offroadversion.
Die Abgasreinigung nach EU-Stufe V übernimmt ein wartungsarmes System aus kontrollierter Abgasrückführung (EGR), SCR-Technologie und Dieselpartikelfilter. Gemeinsam mit der selbstlernenden Allison-Siebengang-Automatik 4700 ORS gewährleistet der drehmoment-optimierte Motor (2.460 NM bei 1.300 U/min) eine hohe Kraftstoff-Effizienz. Ölbadlamellen-Bremsen an beiden Achsen übernehmen die Verzögerung – in Kombination mit der Jacobs-Motorbremse auch als mehrstufig programmierbare, vollautomatische Dauerbremse.
Der Arbeitsplatz in der großräumigen Bell-Standardkabine des B45E 4×4 bietet gute Übersicht, hohen Komfort und ein vollständiges Serien-Paket an fahrerbezogenen Assistenzsystemen. Dazu zählen beispielsweise Berganfahrhilfen bzw. Rückroll-Sperren sowie Lade- und Kipp-Routinen. Alle elektronischen Helfer und Status-Anzeigen basieren auf Echtzeit-Messdaten der vernetzten Fahrzeug-Sensorik (On-Board-Waage, Neigungs- und Rollsensoren etc.), die über praxisgerechte Auswertungen der satellitengestützten Bell-Maschinenüberwachung Fleetm@tic auch zur Leistungsdokumentation bzw. Wartungsoptimierung abgerufen werden können.