Liftbare Volvo-Antriebsachse
Die liftbare Antriebsachse im Doppelachs-Aggregat kommt bei den Volvo-Kunden offenbar gut an. Am häufigsten wird sie für die Drei- und Vierachser geordert, dann folgen die 6×4-Kippsattel-Zugmaschinen. Dass die Liftachse bei Leerfahrt Sprit spart wussten wir. Die Größenordnung war dann doch eine Überraschung.
Was genau die angetriebene Liftachse bringt, hatten wir schon lange auf dem Zettel. Und endlich hatten wir ein Testobjekt, das uns länger als nur einen Tag für Messfahrten zur Verfügung stand. Deshalb der Fokus auf eine Detail-Messung, die wir im üblichen Test-Alltag aus Zeitgründen nie schaffen. Denn: Der Effekt lässt sich nur herausfiltern über wiederholte Verbrauchsmessungen auf immer der gleichen Runde. Einmal mit gelifteter Achse, einmal ohne. Und das Ganze natürlich mehrfach, um kleinere Veränderung etwa bei Wetter und Verkehr zu egalisieren. Zudem wollten wir eine Strecke, die den Effekt nicht besonders begünstigt, also etwa durch viele enge Kurven oder Kreisverkehre. Genauso ein Profil hat unsere leichte Landstraße: Sie verläuft über knapp 28 km entlang des Altmühltals durch sechs Ortschaften, relativ flach, nur durch kleinere Anstiege aufgelockert – ideal für diesen Zweck.
Die Vorteile einer liftbaren Achse nutzen verschiedene Branchen schon lange: Beim 6×2-Motorwagen ist sie – in zusätzlich gelenkter Ausführung – praktisch Standard, aber auch dreiachsige Kippsattel profitieren manchmal sogar mit zwei Liftachsen für die Leerfahrt. Stichwort Leerfahrt: Kommt zu nahezu 50 Prozent im Kipperbetrieb vor. Rückfrachten sind da selten, es sei denn man bedient eine Linie. Etwa mit Kies aus dem Donautal in den Jura – da gibt’s keinen Kies – und Retour mit Jurakalk-Schotter, den gibt’s nämlich im Donaumoos nicht. Glücklich, wer solche Auslastungsgrade mit dem Kipper hinbekommt.
Ein Reifen nun, der die Fahrbahn nicht berührt, unterliegt vordergründig ja erst mal keinem Verschleiß. Das ist schon mal ganz prima. Viel wichtiger ist aber der Fahrwiderstand. Insbesondere bei Kurvenfahrt. Dann erfahren die Reifen seitlich wirkende Scherkräfte, und die erhöhen nicht nur abermals den Reifenverschleiß, sondern vor allem den Fahrwiderstand. Der seitlich durch die Kurve schubbernde Reifen wirkt wie eine Bremse. Das erhöht den Leistungsbedarf und damit in direkter Folge den Spritverbrauch. Soweit ist das alles ganz gut nachvollziehbar.
Bei angetriebenen Achsen ist die Darstellung einer Liftachse allerdings nicht ganz so einfach wie bei einer geschleppten Achse. Dass eine angetriebene Liftachse nur im Doppelachsaggregat sinnvoll ist, versteht sich von selbst (Scherz). Dass man dafür die letzte Achse wählt, ist ebenfalls einleuchtend: Eine gelupfte Antriebsachse ist immer vom Triebstrang abzukoppeln. Und das geht ja wohl schlecht bei der ersten Achse, die die Antriebskraft zur letzten Antriebsachse durchleitet – da würde sich dann gar nichts mehr drehen. Also immer die letzte Achse: Hat auch den Vorteil, dass dadurch der wirksame Radstand deutlich verkürzt wird. Der Dreiachser dreht so gefühlt fast auf der Stelle, der Vierachser ist plötzlich so wendig wie ein Knicklenker – zumindest gefühlt. Und: Die Federung arbeitet mit der nun stärker belasteten Achse viel effektiver und weicher. Dazu kommt, dass die verbleibende Antriebsachse beim Vierachser mit einer Tonne mehr Gewicht beaufschlagt wird. Das sind 15 Prozent mehr Aufstandsdruck, der sich bei traktionskritischen Verhältnissen als Riesenvorteil erweisen und viel Zeit sparen kann.
Nun ist es gar nicht einfach, eine Beladung so auszutarieren, dass die Lift-Automatik überlistet wird. Es gibt aber einen schmalen Bereich, der beide Zustände – geliftet und abgesenkt – erlaubt. Diesen zu finden war uns wichtig, weil wir durch unterschiedliche Beladung die Vergleichbarkeit der Fahrten torpediert hätten. Also ließen wir den Laderfahrer etwa vier Tonnen auf den Meiller-Dreiseitenkipper rieseln. Damit ließ sich die Achse tatsächlich per Knopfdruck heben und senken. Auf der Straße jedoch und angeregt durch Stöße bei höherer Geschwindigkeit, stieg der Druck in den Federbälgen kurzzeitig an. Mit der Folge, dass sich die Achse wieder senkte. Erst nach zweimaligem Abkippen homöopathischer Schottermengen hatten wir den Gewichtskorridor so fein austariert, dass beide Zustände stabil eingehalten wurden.
Der Rest war fahren. Runde um Runde, Achse oben, Achse unten. Das Ergebnis ist eindeutig: Jede hundert Leer-Kilometer spart die angetriebene Liftachse bei diesem Volvo FMX 500 gut über zwei Liter – oder 11,5 Prozent. Das ist von der Größenordnung her gewaltig, wenn man bedenkt, welche Kopfstände die Entwickler in Kauf nehmen, um nur ein Prozent Spritersparnis zu erzielen.