Linearverbau ideal für tiefe Gruben
Im Rohrvortriebsverfahren hat Wayss & Freytag Ingenieurbau in München einen neuen Abwasserkanal erstellt. Auch wegen der engen Innenstadtbebauung wurde zur Sicherung der Baugruben der e+s-Linearverbau eingesetzt.
Um die großen Abwassermengen im Münchner Westen und Südwesten noch besser ableiten zu können und das bestehende Kanalsystem im Bereich Pasing und Laim zu entlasten, ist in der Landsberger Straße im Auftrag der Münchner Stadtentwässerung ein neuer 2,2 km langer Abwasserkanal DN 3000 im Rohrvortriebsverfahren vom Bereich Tunnelbau der Wayss & Freytag Ingenieurbau aufgefahren worden. Nach den Vortriebsarbeiten erfolgte die Herstellung von 19 Einsteigschächten und drei Überleitungsbauwerken. Sie schaffen die Verbindung zwischen dem Bestandskanal und dem neuen Abwasserkanal. Bei der Sicherung der Baugruben entschied sich das ausführende Unternehmen für den e+s Linearverbau, ein Gleitschienensystem mit Stützrahmen, der vor allem mit seinen technologischen Leistungsparametern alle Anforderungen vor Ort erfüllen konnte. Beispielsweise im Hinblick auf die Tiefe der Baugruben und die enge Bebauung im innerstädtischen Bereich.
Als das 2.400 km lange Kanalnetz von München um rund 2,2 km verlängert war, konnte Chris Hömberg, Bauleiter bei Wayss & Freytag Ingenieurbau, auf ein planmäßig und bis auf Restarbeiten erfolgreich abgeschlossenes Großprojekt zurückblicken. In nur sieben Monaten waren an sieben Tagen in der Woche und rund um die Uhr 735 Vortriebsrohre DN 3000 mit 3 m Baulänge und einem Stückgewicht von 22 t eingebaut worden. Und das trotz schwieriger Bodenverhältnisse und für eine Innenstadtlage typisch aufwendiger Logistik. Das Projekt war notwendig, da insbesondere im Münchner Westen neue Wohngebiete erschlossen werden und die Anforderungen an das Kanalnetz damit steigen. Der 3 m unter Geländeoberkante liegende Bestandskanal, der die Abwasserströme aufnimmt, war hydraulisch nicht mehr ausreichend. Deshalb mussten mit Blick auf zunehmende Starkregenereignisse zusätzliche Stauraumvolumen geschaffen werden. Wenn in Zukunft der Pegel um 30 cm steigt, kann das Abwasser über die neuen Überleitungsbauwerke in den in 9 m Tiefe liegenden neuen Kanal abfließen.
„Der Auftraggeber hatte sich für ein grabenloses Verfahren entschieden, um den Verkehr auf der vielbefahrenen vierspurigen Landsberger Straße aufrechtzuerhalten und die Anwohner vor Lärm weitestgehend zu schützen“, sagt Bauleiter Hömberg. Ähnliches war bei der Herstellung der Einsteigschächte und Überleitungsbauwerke zu meistern, die den Altkanal mit den neuen Haltungen künftig verbinden. Neben der für ein innerstädtisches Baufeld typisch engen Bebauung waren es die Abmessungen der großdimensionierten Vortriebsrohre und die baulichen Anforderungen bei der Erstellung der Tangentialschächte, die besondere bauliche Maßnahmen erforderlich machten. Darüber hinaus waren die schwierigen Bodenverhältnisse zu berücksichtigen: Im Bereich der Baumaßnahme sind die in München üblichen Bodenschichten aus Auffüllungen, quartären Kiesen und tertiären Sanden anzutreffen, und die zu erstellenden Baugruben, Kanäle und Bauwerke befinden sich teilweise im Grundwasser.
Im Umfeld gibt es viel weniger Erschütterung
„Bei der Sicherung der zirka 4 × 4 m großen und rund 9 m tiefen Baugruben für die Schachtbauwerke haben wir uns bewusst für das e+s-Linearverbausystem von Thyssenkrupp Infrastructure entschieden“, erklärt Hömberg. Die Verwendung von Spundbohlen, die durch Rammen oder Vibrieren eingebracht werden, sei vor allem wegen der Tiefe der Baugruben und der engen Bebauung nicht möglich gewesen. Im Gegensatz dazu wird das Bauumfeld beim Einbringen des Linearverbaus deutlich weniger erschüttert. In senkrecht eingebauten Doppelgleitschienen werden innere und äußere Verbauplatten so gehalten, dass sie aneinander vorbeigleiten und auf die erforderliche Tiefe gebracht werden können. Zwei biegesteife, entsprechend der fortschreitenden Bautiefe höhenverstellbare Laufwagen halten Träger und Verbauplatten auf stets gleichem Abstand; die Grabenbreite bleibt in jeder Bauphase gleich. So machte das Verbausystem ein effektiveres, schnelleres, qualitativ besseres und wirtschaftlicheres Arbeiten möglich. Dabei resultiert ein wesentlicher Vorteil des Systems aus der Konstruktion von Träger und Laufwagen: „Nur beim gestuften Linearverbausystem ist es möglich, die Verbauplatten von der Seite einzuschwenken“, so Matthias Schel, Fachberater Region West bei Thyssenkrupp Infrastructure.
In Längsrichtung des neuen Kanals konnten die Elemente des Verbausystems auf der vom Rohr abgewandten Seite unter Verwendung von 9,13 m langen Trägern bis zur Baugrubensohle eingebracht werden. Auf der anderen Seite endeten die 7,13 m langen Träger und die Verbauplatte direkt auf dem Vortriebsrohr – ebenso wie der Verbau auf den Kopfseiten, der ebenfalls nur bis zum Rohrscheitel der Vortriebsrohre eingebracht werden konnte. Um den verbleibenden Arbeitsraum, den etwa 2,70 m hohen Bereich neben dem Rohrstrang bis zur Sohle ebenfalls zu sichern, entschloss man sich, hinter dem kopfseitigen Verbau Kanaldielen bis auf das Rohr und daneben bis zur Sohle einzubringen. Um diese Konstruktion mit Blick auf die statischen Erfordernisse entsprechend abzusichern, wurden neben den beiden Laufwagen zusätzlich zwei sogenannte Kopfverbau-Adapter in das Linearverbausystem integriert. „Das wurde notwendig, da die Laufwagen nur in Längsrichtung auf Druck und Zug und nicht horizontal belastet werden dürfen“, erklärt Fachberater Schel.
Zeitliche Vorteile mit drei kompletten Systemen
Die Kopfverbau-Adapter werden wie auch die Laufwagen im Profil der Linearverbauträger geführt, sind jederzeit in der Höhe verstellbar und schließen mit der kopfseitigen Kante des Verbausystems bündig ab. Eine temporäre Stütze zwischen Rohr und seitlicher Verbauwand sicherte die Kanaldielen in dieser Bauphase. Sie konnte nach dem Betonieren einer 25 cm starken Sauberkeitsschicht wieder entfernt werden. Danach wurde die Anschlussbewehrung am Vortriebsrohr über 64 Anschlusseisen angebracht und ein Block anbetoniert. Mit einer Kernbohrung, die mit einem Durchmesser von 1,30 m durch den Betonblock in das Vortriebsrohr hergestellt wurde, war dann der tangentiale Einstieg geschaffen.
Für Bauleiter Hömberg waren die Tiefbauarbeiten technisch herausfordernd. Bei dieser Tiefe Geräte zu finden, mit denen man die erforderlichen Arbeiten noch handhaben kann, sei sehr anspruchsvoll gewesen, ebenso wie die logistischen Aspekte des Projekts oder auch die straffen Zeitpläne. Unter diesen Gesichtspunkten habe sich der Einsatz des Linearverbausystems bezahlt gemacht und auch zeitliche Vorteile gebracht. Drei komplette Systeme wurden auf der Baustelle vorgehalten. Während bei einer Baugrube der Verbau eingebracht wurde, wurde in der zweiten betoniert und in der dritten der Verbau bereits wieder gezogen.