MAN D-15-Motor für leichte Mischer und Kipper
Bei MAN tut sich was: Die Münchner werten ihr Motorenprogramm mit einem neuen 9-l-Sechszylinder auf. Der D15 mit 330, 360 und 400 PS soll leichte und Teillast-Anwendungen antreiben. Erste Fahreindrücke lassen ein potentes und sparsames Triebwerk erwarten.
So kann man leicht natürlich auch interpretieren: Der TGS 18.400 Kippsattel ist – leer – tatsächlich ein Leichtgewicht. Die Zugmaschine mit dem D15 als Herz wiegt gerade mal 7.270 kg, die Alu-Kastenmulde von Fliegl (25 m³) bringt auch nur 4.160 kg auf die Waage. Macht zusammen 11.505 kg Leergewicht für den Zug, mit Fahrer. Nutzlast: 27.500 kg. Das ist ein Wort. Und das, obwohl hier nur auf 39 t ausgeladen wurde. Eine Tonne mehr wäre also noch drin.
Ob Extrem-Downsizing immer sinnvoll ist, kann man durchaus hinterfragen. Es kommt halt darauf an: Ausladungsgrad, Einsatzgebiet und Topographie sind hier die entscheidenden Faktoren. Wer vollgeladen losfährt und nach der halben Strecke leer ist, braucht für den Rückweg vergleichsweise wenig Leistung. Silos, Tanker, Lebensmittel-Sattel, Kipper, Baustoffzüge sind allesamt nutzlastsensibel und nach der halben Tour leer. Mit dem Leergewicht und der Nennleistung zu knausern, ist hier vernünftig. Jedenfalls, so lange keine langen Steigungen drohen oder gar den ganzen Tag im bergigen Terrain gefahren wird. Die Gefahr, voll beladen stets zu langsam unterwegs zu sein, ist hier groß. Auch wenn der Volllast-Verbrauch unter diesen Bedingungen immer besser sein dürfte als mit dem jeweils hubraumstärkeren Motor.
Für unsere erste bd-Tour rund um den Münchner Flughafen – schön flach hier – schnappen wir uns den Verteiler-Sattel. „Gut ausholen beim Abbiegen“, rät Instruktor Roland Heide von MAN. Aber der hat doch eine gelenkte, letzte Achse – nein, hat er nicht. Leichtbau mit Fliegl, da kann man aus Gewichtsgründen auf die Lenkung schon mal verzichten. In der Tat: Der Sattel fährt sich im Kreisel oder um die Ecke wie ein Dreiachs-Auflieger mit starrem Aggregat. Man muss es nur wissen, dann klappt Verteiler-Sattel auch ohne Lenkachse. Vom Reifenverschleiß wollen wir hier jetzt mal nicht reden.
Der D15 ist mit den 28 t in der 400-PS-Einstellung nicht wirklich gefordert. Die höchsten Steigungen sind hier im Erdinger Moos die Auf- und Abfahrten zu den Bundesstraßen und Autobahnen. Ziehen lassen am Berg fällt hier also aus, wäre mit diesem Gewicht aber bestimmt kein Problem. Ein wenig laut fallen die Anfahrvorgänge aus: Hier dreht der D15 unnötigerweise weit in den Bereich über 1.500 Touren aus. Das ganze gepaart mit aufdringlichem Lüftergeräusch. Wir erlauben uns daher, die Automatik per Tipp am Hebel früher zum Hochschalten zu bewegen, was auch gut funktioniert. Ansonsten Gewohntes: Der D15 zieht kräftig an, kurbelt im elften Gang bei 65 km/h knapp 1.200 Umdrehungen. Das Geräusch: gut vernehmbar, angenehm tiefe Frequenzen, unaufdringlich.
Neu bei MAN ist auch der Lane Return Assist oder Spur-Rückführ-Assistent. Er baut auf der elektrisch verstärkten Servolenkung namens Comfort Steering auf. Anders als der Spurhaltewarner, der mit dem sogenannten Nagelband-Rattern aus dem jeweils seitenrichtigen Lautsprecher warnt, greift der Rückführ-Assistent aktiv in die Lenkung ein. Droht die Fuhre seitlich wegzudriften, lenkt der Stellmotor dagegen an und korrigiert die Abweichung wieder zurück in die Fahrbahnmitte. Das Ganze passiert erfreulich ruhig und unaufdringlich, fast schon sanft und ohne eine Über-Reaktion in die andere Richtung. Auch ein Vibrieren in der Lenksäule haben die MAN-Sicherheits-Ingenieure weggelassen. Führe ich das Lenkrad allerdings allzu leicht, poppt im Zentraldisplay die Meldung „Lenkung übernehmen“ auf – ebenfalls sehr unaufgeregt in schwarz-weiß. Provoziert man freihändiges Fahren, eskalieren die Warnmeldungen auch akustisch. Sehr, sehr gut gemacht, dieser Assistent.
Beim Abbiege-Assistenten ist MAN allerdings noch nicht zu weit. Dennoch offeriert man eine Tote-Winkel-Überwachung per Seitenkamera, die sich in einer weiteren Ausbaustufe mit Ultraschall-Sensoren ergänzen lässt. Bis dahin kann der Fahrer nur den vor der rechten A-Säule platzierten Bildschirm beobachten und dort eventuell vorhandene Fußgänger oder Radfahrer vorm Rechtsabbiegen identifizieren. Problem dabei ist der begrenzte Kontrastumfang eines reinen Bildschirmsystems: Liegt die rechte Fahrzeugseite im Schatten, ist es schwer fürs menschliche Auge, hier einen Radfahrer optisch zu erfassen. Umso leichter fällt dies beim Birdview-System, das im 18-t-Solo-Verteiler verbaut war – offenbar noch im Prototypen-Stadium. Diese Optik ist bestechend, erlaubt sie doch den Blick aus der Vogelperspektive rund ums Fahrzeug. Je eine Kamera an jeder Seite stellt die Bilder zur Verfügung. Ein Rechner verbindet die Einzelbilder in Echtzeit zur Draufsicht, fast als schwebe eine Drohne überm Fahrzeug.
Ganz und gar ohne derlei Assistenten kommt die 4×2-Kipper-Zugmaschine TGS 18.400 aus. Mit fast 40 t machen wir uns auf den Weg in Richtung einer kleinen Kiesgrube. Wie zu erwarten und mangels kräftiger Steigungen, fährt sich der 400-PS-Motor ausgesprochen agil. Die 1.800 Nm im mittleren Drehzahlbereich reichen für die brettebene Topographie völlig aus. Auch beim Anfahren in den Rampen der Kiesgrube sind Sorgen unbegründet: Selbst ohne die Antriebsachse quer zu sperren, fährt der voll beladene Zug problemlos bergauf an, am schonendsten natürlich mithilfe des Hill-Holders.
So viel lässt sich nach diesen kurzen Trips schon sagen: MAN scheint mit dem D15 ein moderner Nachfolger des D20 gelungen zu sein. Der Neue ist sage und schreibe 230 kg leichter als der alte D20. Und er dürfte dank moderner Steuerung der Peripheriegeräte deutlich sparsamer sein. Kühlmittelpumpe, Generator und Luftpresser arbeiten je nach Bedarf geregelt. Die Motorbremse wird jetzt per ebenfalls regelbarer, dem Turbo vorgeschalteter Motorstauklappe verstärkt. Auch an motorseitige Nebenabtriebe in der Elf- und Ein-Uhr-Position hat man gedacht, schließlich ist der D15 wie gemacht für den leichten 8×4-Betonmischer oder Absetz- und Abrollkipper. Was er verbrauchstechnisch zu leisten vermag, werden wir hoffentlich noch im Herbst mit entsprechenden Tests ventilieren können.