MAN TGE 3.140 Doka Pritsche
Mit der TGE-Baureihe wagt MAN einmal mehr den Weg in die Transporter-Klasse mit dem Produktionspartner VW. Wir fuhren den 3,5-t-Doppelkabiner mit Alu-Pritsche.
Kooperationen zwischen MAN und VW sind nicht neu. Zu Beginn der 1980er lancierte MAN den G 90, das G stand für Gemeinschaft. In der Tat prangte auf dem Kühlergrill der LT-Fahrerhäuser sowohl das Logo von MAN als auch von VW. Chassis, Motoren und Vorderachse steuerte MAN bei, Fahrerhaus, Getriebe und Hinterachse kamen von VW. Ein großer Erfolg wurden die simpel gestrickten 7,5-Tonner nicht. Das soll sich 37 Jahre später ändern. Mittlerweile ist MAN eine VW-Tochter und damit ein enges Familienmitglied – da sollte doch die Erweiterung des Produktportfolios nach unten kein Problem sein. Denn was MAN fehlt, hat VW nun sogar als Eigengewächs im Programm: Den schweren Transporter Crafter mit 3,5 t Gesamtgewicht. Produziert wird er im nagelneuen Werk im westpolnischen Wrzesnia. Die Zusammenarbeit mit Mercedes und die Abstammung vom Sprinter sind damit Geschichte.
Pro & Kontra: Pro & Kontra: MAN TGE Doka Pritsche
MAN übernimmt den Transporter baugleich von VW und nennt ihn – der Baureihenname TGL (L für leicht) ist ja schon vergeben – nun TGE, wobei das E möglicherweise für extra leicht steht. Aber wer versteht schon die Logik von Typbezeichnungen. Einleuchtender und MAN-typisch ist jedenfalls die Bezeichnung 3.140: Wir haben hier einen 3,5-Tonner mit 140-PS-Maschine. Den 2,0-l-Vierzylinder-Konzernmotor gibt es in den vier Leistungsabstufungen 75, 90, 103 und 130 kW, respektive 102, 122, 140 und 177 PS. Interessanter ist aber eigentlich das maximale Drehmoment: Die beiden kleineren Einstellungen sind mit 300 Nm schon ganz schön kräftige Gesellen, die beiden oberen Varianten stemmen 340 und für die Motorgröße sagenhafte 410 Nm auf die Kurbelwelle – dank Biturbo-Beatmung. Als Antriebsvarianten gibt es mit dem kleinen Motor sogar Frontantrieb, Heckantrieb ist der Normallfall, Allrad ebenfalls möglich.
Unser Doppelkabiner mit mittellangem Radstand und 2,7-m-Pritsche bietet einer Crew von Sieben Platz, inklusive Fahrer. Die Beifahrer-Doppelsitzbank muss als Extra bestellt werden, bietet aber vergleichsweise viel Platz und Knieraum für zwei Beifahrer. Unter den Sitzpolstern findet sich reichlich Stauraum. Auf der Suche nach Lademöglichkeiten fürs Handy finden wir – nichts. Weit und breit nicht eine einzige Steckdose. Die hat man hier offenbar schlicht vergessen zu bestellen. Denn es gibt sie natürlich reichlich in der Aufpreisliste. Schließlich ertaste ich doch noch einen USB-Stecker in der oberen Ablage hinterm Lenkrad: Die Handy-Ladung ist gesichert.
Die Hinterbänkler werden – wie meistens bei Doppelkabinern – komfortmäßig eher wie Holzklasse-Klientel behandelt. Das fängt schon beim Einstieg an: Zwar gibt es nicht mehr jene Stolperfalle in Form des aus dem Boden ragenden Längsträgers. Abwesend sind zudem für den Ein- und Ausstieg doch ganz hilfreiche Griffe. Da muss man sich schon an den Sitzlehnen oder Türrahmen festklammern, um einigermaßen sicher in den Fond zu gelangen. Power-Outlets für die Smartphones der Hinterbänkler: Fehlanzeige. Auch Becherhalter und Haken für die Jacken sucht man vergebens. Die komatöse Langeweile im Fond durch Sauerstoffmangel noch zu verstärken verhindern – einziger Luxus in dieser Vierergondel – die zwei Ausstellfenster, die einen handbreiten Luftspalt freigeben. Ein gewisser Kuschelfaktor während der freitagnachmittäglichen Heimfahrt ist hier wie in allen viersitzigen Dokas garantiert.
Wenigstens für den Fahrer gibt es Abwechslung
Mehr Spaß mit dem TGE hat da schon der Fahrer: Er kann sich nämlich mit dem MAN-Media-Van-Infotainment-System die Zeit vertreiben. Ähnlich wie auf dem Handy hangelt man sich mit wischendem Finger auf dem 8-Zoll-Touchscreen durch die vielfältigen Menüs von DAB-Radio, Bordcomputer und Navi. Sehr fein. Aber auch das eigentliche Fahren hat mit der 140-PS-Maschine durchaus einen Fun-Faktor: Sehr geschmeidig, leise und kraftvoll zieht der kleine, mit einem variablen Lader beatmete Euro-VI-Diesel die Fuhre voran. Und das, obwohl der Motor unter der Haube ohne jede Abdeckung auskommen muss. Ein Wust an Leitungen verdeckt den Vierzylinder zur Gänze, wenn man die Kurzhaube öffnet. Ein Paradies für den Marder, wenn er es denn bis hier oben hin durch den Motorraum schafft.
Das Sechsganggetriebe mit seinem kurzen, leider gratigen Schaltknauf schaltet ein wenig hakelig, geschuldet möglicherweise der erst geringen Laufleistung des Testwagens. Aber die Abstufungen der Gänge passen. Bei Leerfahrt ist es sogar passend, Gänge zu überspringen. Von drei nach fünf: kein Problem. Zum Bremsen von sechs nach vier: passt.
Abrollkomfort und Federverhalten sind auch im Leerzustand vorbildlich. Ins Innere der Doppelkabine dringt null Lärm vom Fahrwerk, ein wenig Wind ist natürlich zu hören, die Maschine ist, wie gesagt, flüsterleise. Und sie arbeitet dank AdBlue-Einspritzung hoch effektiv: Die wässrige Harnstofflösung ermöglicht die Einhaltung der Euro VI-Abgaswerte trotz hoher Drücke und Temperaturen. Die erzeugen zwar ein gerüttelt Maß an Stickoxiden. Das in den Abgasstrang eingespritzt AdBlue verwandelt diese aber in harmlosen Stickstoff und Wasserdampf. Im schweren Lkw wissen wir schon lange: Wer mit AdBlue-Einsatz nicht spart, kann den Diesel heißer und effektiver verbrennen und verbraucht deutlich weniger Sprit.
Und so sind die 11,2 l/100 km, die wir im Kurzstrecken-Verkehr mit hohem Landstraßen-Anteil verbrennen, ein sehr guter Wert. Denn man darf nicht vergessen: Wir kommen beim 3,5-t-Doppelkabiner von Durschnittsverbräuchen von gut 13 l/100 km – da sind 11 l schon eine Ansage. Der AdBlue-Verbrauch bewegt sich bei Transportern dieser Größe bei Werten um 0,2 l/100 km. Der 18 l fassende AdBlue Tank reicht hier also theoretisch gut 9.000 km, was die Reichweiten-Anzeige im Display so auch bestätigt. Man muss bei Euro-VI-Dieseln mit AdBlue-Einspritzung also wissen, rund alle 10.000 km heißt es: AdBlue nachfüllen. Da lohnt sich für manchen Betreiber schon das 1.000-l-Fass in der Garage mit kleiner Pumpe. Oder knapp zwei 10-l-Kanister von der Tanke. Da kostet AdBlue dann aber schon mal mehr als das Doppelte, nämlich rund einen Euro pro Liter.