Präziser als nach Bauchgefühl
Baggern im Blindflug – beim Auskiesen von Baggerseen ist das Tagesgeschäft. Maschinensteuerungen nutzt die Firma TBL bereits seit ihrer Gründung im Jahr 2014. Für Wasserbauarbeiten wurde nun erstmals ein Cat-Kettenbagger mit Long-Reach und 3D-Steuerung eingesetzt.
Taucht ein Ausleger unter Wasser ein, damit der Bagger mit seinem Löffel einen Baggersee auskiesen kann, muss der Fahrer in der Regel seiner Erfahrung und seinem Bauchgefühl vertrauen. Denn sobald der Löffel unter der Wasseroberfläche verschwunden ist, kann sich der Maschinist nur noch rantasten, wann er den Löffel abzieht und füllt.
Das muss anders gehen, dachte sich Christian Glaßer, Geschäftsführer von TLB, einem auf Tiefbau, Logistik und Bodenverwertung spezialisierten Unternehmen aus Hagenbach im Südosten von Rheinland-Pfalz. Und nutzt erstmals in Deutschland eine 3D-Steuerung an einem Cat-Kettenbagger 323 in der Ausführung SLR neben der klassischen Profilierung für das Auskoffern und für Böschungsarbeiten unter Wasser.
SLR steht für den sehr langen Ausleger. „Arbeiten in der Kombination Long-Reach mit einer 3D-Steuerung: Das kann nicht jeder“, freut sich Christian Glaßer über den maschinentechnischen Vorsprung.
Mit dem neuen in matt und der Hausfarbe steingrau lackierten Böschungsbagger erzielt das Unternehmen eine Reichweite von 16 m, gemessen ab der Null-Ebene. Dafür sorgen ein längerer Ausleger und Stiel. Um damit auch noch eine 3D-Steuerung zu kombinieren, wurden vier Sensoren am Löffel, Stiel, Ausleger und an der Maschine verbaut.
Letztlich wurden auf dem Böschungsbagger die Trimble-Earthworks-Soft- und Hardware installiert sowie in die bereits ab Werk vorhandene Cat-Grade-ControlSteuerung integriert. Die Sensoren für Wasserbauarbeiten hat die Zeppelin-Niederlassung Frankenthal eingehaust. Nicht die einzige Modifizierung: Arbeiten im Wasserbau erfordern biologisch abbaubares Hydrauliköl, die Zentralschmieranlage ein entsprechendes Fett. Auch die Sensoren mussten angepasst werden, um mit der Maschine wie gewünscht zu kommunizieren und die exakte Ist-Position des Löffels berechnen zu können.
„Wir mussten dafür sorgen, auf die Schnittstellen zwischen Hydraulik und Software zugreifen zu können“, so Tobias Polzmacher, Zeppelin-Produktmanager für Kettenbagger. Zudem muss ein Sensor am Grabenraumlöffel anzeigen, wenn er geneigt ist. Ein weiterer Sensor erfasst, ob der Löffel auf und zu geht. Sensor drei ermittelt am Stiel, wie weit dieser geschwenkt wird und Sensor vier am Oberwagen ist dafür zuständig, wie der Bagger steht.
Stehen Sicherungsarbeiten an Gewässern und Deichen oder das Auskoffern unter Wasser an, greift der Baggerfahrer damit auf ein digitales Unterwassermodell zurück. Das Aufmaß des Urgeländes erfolgt mit einem GNSS-Roverstab, anschließend wird das digitale Geländemodell am PC erstellt und dann für die 3D-Baggersteuerung Trimble Earthworks ausgegeben.
„Die Aushubsohle ist das Soll, das vom Auftraggeber definiert wird. Von der Unterkante bis zur Oberkante des Geländes, das über dem Urgelände liegt, erfolgt dann der Aushub mit dem Bagger. Die Basisstation kommuniziert mit der Maschine und dem GPS, wo und wie sich der Bagger bewegen muss. Ein permanenter Soll-Ist-Abgleich zwischen digitalem Geländemodell und Löffel wird dem Baggerfahrer in Echtzeit angezeigt. Anhand von Kontrollpunkten weiß er, ob er richtig liegt oder noch Korrekturen vornehmen muss“, so Christian Glaßer. Das Ergebnis kann gleich mit der Abrechnung verknüpft werden.
Auch bei anderen Profilierungsarbeiten, etwa zum Anlegen von Böschungen, soll die GPS-Steuerung die Baggerfahrer beim Aushub und Einbau von Boden unterstützen. Aktuell wird die neue Maschine zum Bau eines Lärmschutzwalls entlang der A5 bei Weingarten eingesetzt, um den Wall von der Basis bis zur Oberkante anzulegen und zu profilieren. Es ist Präzision gefragt, um die Böschung in dem vorgegebenen Winkel herzustellen und eine Lagegenauigkeit bis zu 3 cm entsprechend dem Geländemodell einzuhalten.
Im Maschinenpark gibt es zwei weitere Cat 323 und einen Cat 336, auch mit Assistenzsystemen wie 3D oder der Kontrollwaage Payload. Bediener wurden eingewiesen, wie sie die Kalibrierung und Einmessung des Löffels vornehmen müssen. „Immer wieder müssen wir das Messer auf Verschleiß kontrollieren. Die Abnutzung messen wir mit einem Maßband aus und geben den Wert über den Touchpad-Monitor in der Kabine ein“, so Fahrer Dirk Singer.
Während 2D kaum noch genutzt wird, greift man selbst für den Aushub eines Einfamilienhauses auf 3D zurück. Und wurde früher bei einer Dammschüttung ein Überprofil eingebaut, musste Material, das zu viel war, wieder mühsam abgetragen werden. Die Vorteile von 3D machen sich also beim Materialverbrauch und bei den Kosten bemerkbar. Man benötigt weniger Material, spart Transporte und damit Kraftstoff und Energie.
Standpunkt
Christian Glaßer, Geschäftsführer TLB, Hagenbach
„Wir haben Fachkräftemangel. Darum brauchen wir eine Technik, mit der wir effizient und wirtschaftlich arbeiten können. Und wenn man bedenkt, dass sich die höheren Anschaffungskosten schnell amortisieren, dann rechnet sich 3D einfach. Der Aufwand beträgt 30 Minuten, aber wir sind um 30 Prozent effizienter.“