Richtline vereinfacht Bauen mit nicht-metallischer Bewehrung
Der Deutsche Ausschuss für Stahlbeton hat eine Richtlinie für den Einsatz nichtmetallischer Bewehrung in Betonbauteilen erarbeitet. Sie macht die bisher erforderliche Zustimmung im Einzelfall überflüssig. Voraussetzung ist eine entsprechende Produktzulassung. Das Bewehrungsgitter Solidian Grid erfüllt diese Anforderung.
Nichtmetallische Bewehrungen etwa aus Glas, Carbon oder Basaltfaser haben gegenüber der konventionellen Stahlbewehrung einige Vorteile. Der wichtigste: Sie korrodieren nicht. Damit kann die sonst übliche Betondeckung zum Schutz des Stahls deutlich kleiner ausfallen. So wird weniger Beton benötigt, was dünnere und leichtere Bauteile ermöglicht – mit positiven Auswirkungen auf Transport, Materialbedarf und Flächenverbrauch. Zudem verlängert die Korrosions- und Medienbeständigkeit die Lebensdauer der Bauteile. Doch wer in Deutschland damit bauen wollte, benötigte bislang eine Zustimmung im Einzelfall. Dafür mussten Versuche an repräsentativen Bauteilen durchgeführt und die statischen und bauphysikalischen Eigenschaften analysiert werden. Außerdem war das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen erforderlich. Dies verzögerte den Baubeginn, verursachte höhere Kosten und bedeutete für die Planer und Investoren immer eine gewisse Unsicherheit. Der Mehraufwand erschwerte, dass sich diese Bauweise in der Praxis etablieren konnte.
Die neue Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) vereinfacht jetzt vieles. Sie definiert unterschiedliche Varianten nichtmetallischer Bewehrung und deren Einsatzmöglichkeiten. Dazu enthält sie Bemessungsverfahren für die statische Auslegung der Tragwerke sowie Konstruktionsdetails. Damit liegt für diese Bauweise erstmals eine anerkannte Regel der Technik vor, und das bisher aufwendige Genehmigungsverfahren entfällt für Produkte mit entsprechender Zulassung. Solidian hat für sein Bewehrungsgitter beim Deutschen Institut für Bautechnik eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung sowie eine allgemeine Bauartgenehmigung erwirkt. Der IMB (Lehrstuhl und Institut für Massivbau) der RWHT Aachen hat die Gutachten erstellt und das komplette Zulassungsverfahren begleitet.
Solidian Grid besteht aus epoxidharzgetränktem Carbon und zeichnet sich durch seine enorme Zugfestigkeit sowie ein geringes Gewicht aus. Es kann sowohl im Fertigteilwerk als auch auf Ortbetonbaustellen eingesetzt werden. Dabei eignet es sich sowohl als statisch tragende wie auch als konstruktive Bewehrung für beispielsweise biegebeanspruchte Bauteile mit vorwiegend ruhender Belastung. Beispiele sind Fassaden, Sandwichelemente, Balkone, Garagenbodenplatten, Fuß- und Radwegbrücken oder Behälter. Dabei ist kein spezieller Beton erforderlich, es können alle Normalbetone nach DIN EN 206-1 verwendet werden. Die ausschließlich konstruktive Verwendung von Solidian Grid erlaubt auch die Kombination mit Stahlbewehrung sowie Anwendungen nach der Betonwerksteinnorm DIN 18500, bzw. DIN 18516. Und da es eine Familienzulassung gibt, sind auch neue Geometrien abgedeckt, die erst zu einem späteren Zeitpunkt auf den Markt kommen. Einzige Bedingung ist, dass die Gitter eine Rasterweite von 21 bis 76 mm haben und für ihre Herstellung die gleichen Werkstoffe verwendet werden wie bei den bereits zugelassenen Varianten.
Die in der Zulassung festgelegten Mindest-Zugeigenschaften müssen lediglich im Rahmen der Erstmusterprüfung nachgewiesen werden. Darüber hinaus können künftig auch sogenannte R-Gitter (unterschiedliche Tragfähigkeiten und Querschnitte in Längs- und Querrichtung) verwendet werden, nachdem sie die Erstmusterprüfung durchlaufen haben. Solidian Grid kann als ebene Bewehrungsmatte oder als Rollenware mit bis zu mehreren hundert Laufmetern Länge ausgeliefert werden. Die maximale Bewehrungsbreite liegt bei 3,0 m. So lassen sich zum Beispiel bei großen Betonbauteilen oder Flächen aufwendige Stöße und Übergreifungsflächen reduzieren oder sogar ganz vermeiden.
Die Einsatzbedingungen
Bei der Verwendung von Solidian Grid als Bewehrung für statisch relevante Bauteile sind folgende Randbedingungen einzuhalten (gültig für alle Expositionsklassen sowie Innen- und Außenbauteile):
- Bewehrungsgitter zur Bewehrung von Betonbauteilen mit vorwiegend ruhender Belastung;
- Betonrezepturen nach DIN EN 206-1 und DIN EN 13670 mit Betonfestigkeitsklassen von C30/37 bis C70/85 mit Begrenzung des Größtkorns auf maximal 16 mm;
- minimale Bauteildicke 30 mm (mittige Anordnung der Bewehrung);
- bei größeren Bauteildicken wird eine Betonüberdeckung von mindestens 14 mm benötigt;
- Beachtung der sonstigen Randbedingen entsprechend der DAfStb-Richtlinie;
- es dürfen aktuell nur Bauteile bewehrt werden, für die keine rechnerische Querkraftbewehrung erforderlich ist.