Scania R 500 XT 4×2 Bausattel mit SAF-Trak Aufliegerachse
Hydraulische Radnabenmotoren an der Zugmaschine kennt man, Hydromotoren am Auflieger noch nicht. Wir fuhren erstmals die SAF-Trak-Hydro-Achse im Kippauflieger, als Zugmaschine diente der neue Scania R 500 XT 4x2 als Bausattel.
Eins steht schon mal fest: Besonders leise ist der Trailerantrieb nicht. Während bei den hydraulisch angetriebenen Vorderachsen von Sattelzugmaschinen meist nur das typische Hydraulikheulen ans Ohr dringt, hämmert dieser Antrieb aber richtig los. Das laute Geratter scheint tatsächlich aus den Radnabenmotoren an der letzten Trailerachse zu dringen, weniger aus dem motorseitigen Nebenabtrieb. Deren 700-Nm-Stempelpumpe stellt sowohl die Hydraulikpower für die SAF-Trak-Achse als auch für die Hyva-Hochdruck-Kipphydraulik zur Verfügung. Dieser Umstand deutet schon mal auf eine wichtige Arbeitsteilung hin: entweder Kippen oder Achse antreiben. Beides zugleich funktioniert nicht. Das ist ja der Clou an SAFs neuer Traktionshilfe für den Kippsattel: Sie nutzt den ohnehin vorhandenen Ölvorrat der Kipphydraulik. Man spart sich also einen zweiten Hydrauliktank und eine aufwendige Kühlanlage.
Warum die SAF-Trak-Trailerachse als erstes mit einem Scania reüssiert, liegt am gemeinsamen Engagement von Scania und dem Scania-Partner Martin Knirsch Nutzfahrzeuge in Karlsruhe. Zusammen mit den Kippsattelexperten von Schwarzmüller realisierte man die ersten Exemplare mit der SAF-Trak-Achse.
Alles neu also. Und testbereit für die bd-Transportrunde. Das Traumgespann: vorne der Scania R 500 XT 4×2, hinten der Dreiachs-Kippsattel von Schwarzmüller mit letzter, per SAF-Trak angetriebener Achse und zwei liftbaren vorgelagerten Achsen für die Leerfahrt. Man ahnt es schon: Das Ganze dürfte gar nicht mal so schwer sein. Die Waage zeigt 14.220 kg, inklusive Scania-Testbegleiter René Seckler. Gehen wir von sauberen 40 t Gesamtgewicht aus, sind hier 25,7 t Nutzlast drin – ein beachtlicher Wert. Denn gespart wurde an nichts: Wir haben eine Funk-ferngesteuerte Rollplane von Marcolin, ein Kamera-Auge zur Überwachung des Laderaums, einen pneumatisch hebbaren Unterfahrschutz, eine Aluleiter zum Einhängen sowie eine fest montierte Aluleiter anstatt einer Arbeitsplattform im Frontbereich. Und wir haben die Trak-Achse mit zwei Hydraulikmotoren, einem Ventilblock, Ölzuleitungen aus Stahl, ein Umschaltventil, einem wenige Gramm wiegenden Steuergerät und ein Umschaltventil im vorderen Bereich des Chassis. Letzteres wird per Knopfdruck im Fahrerhaus aktiviert und bedient entweder die Kipphydraulik oder den Achsantrieb. Das Mehrgewicht hält sich tatsächlich in Grenzen: 118 kg wiegt die Trak-Achse mehr im Vergleich zur normalen Intra CD, weitere 31 kg kommen für Steuerventile und Kabelbaum hinzu. Summa summarum also nur knapp 150 kg Nutzlasteinbuße.
Der Scania XT hat auch viel zu bieten: Das mittellange Fahrerhaus mit dem erhöhten Dach – es ist das Standard-Dach – beherbergt eine Ruheliege, darunter eine 40-l-Kühlbox, Stauklappen mit stabilen Deckeln im Oberstübchen und eine Innenverkleidung, die zwar aussieht wie Stoff, deren glatte Oberfläche aber auch mal feucht durchgewischt werden kann. Die Motorkiste erhebt sich zwar 16 cm hoch in den Innenraum, stört aber kaum. Der Effekt dieses tief aufgesetzten Fahrerhauses ist ein bequemer Einstieg mit nur 151 cm Bodenhöhe, da fällt das Aufentern leicht. Von vorne schaut der R 500 im neuen XT-Gewand fast ein wenig grimmig drein: Der neue Kühlergrill und die auf Höhe des Scania-Markenschriftzugs eingesetzten Zusatz-Fernscheinwerfer ergeben eine unverkennbare Optik. Das XT-Paket der leichten und mittelschweren Bau-Scanias kennzeichnet auch der spoilerartig tief angesetzte Prallbügel. Der schützt zwar den ebenfalls sehr tief sitzenden Radarsensor, schränkt aber auch den Böschungswinkel ziemlich ein. Zahlreiche Kratzer im Lack des massiven Stahlteils zeugen von allfälliger Feindberührung.
Die inneren Werte können überzeugen
Für die erstaunlichen Fahrleistungen und Verbrauchswerte sind aber auch die inneren Werte des R 500 XT mitverantwortlich: Der 12,7 l große DC 13 in seiner Version mit 500 PS hat sich schon im Fernverkehrstest als wahrer Sparmeister erwiesen. Er kann diesen Ruf auch im Bau-Lkw festigen. Der Triebstrang ist gekennzeichnet von geringstmöglichen Reibungsverlusten: Das 12+2-Direktganggetriebe mit zwei Crawlern erlaubt niedrigste Rangiergeschwindigkeiten, der höchste Gang treibt direkt auf die einfach übersetzte Hypoidachse mit Differenzialsperre. Das ist einfach, das ist leicht und trotzdem praxisnah – zumindest für den überwiegenden Straßenbetrieb.
Pro & Kontra: Scania R 500 mit SAF-Trak L2H2
Beladen mit 25 t klebrigem Hackschutt spulen wir die Testrunde ab. Die Landstraße nimmt der 500er überwiegend im elften Gang, vor und nach Segelphasen unter Eco-Roll auch schon mal im Zwölften. Einmal mehr begeistert Scanias GPS-Tempomat Active Prediction mit extrem ausgefuchster Sicht vor, auf und nach Kuppen: Als wären die grimmig dreinschauenden Fernscheinwerfer lebendige Augen, detektiert Active Prediction jede noch so kleine Landstraßenkuppe, geht früh vom Gas, lässt Rollen und kommt talwärts stets exakt bei der eingestellten Schwungspitze heraus – meist sogar, ohne den Retarder zur Anpassung bemühen zu müssen. Vorbildlich.
Das Zugvermögen der 2.550-Nm-Maschine ist zudem eine Wucht. Den Köschinger Berg hinauf denkt die Elektronik gar nicht daran, den Elften zu bemühen: Ohne Schaltung stampft der Schwede hier mit 920 (!) Umdrehungen den Berg hinauf. Voll sparsam das. Wenngleich nicht besonders schnell. Im Endeffekt ist das aber nur ein Bauchgefühl, denn – interessant – die Etappenschnitte fallen kaum langsamer aus als die der Konkurrenten in der Tabelle, die beide ohne GPS-Tempomat auskommen mussten. Auf der flachen Autobahn zwischen Ingolstadt Süd und Langenbruck (A9) beobachten wir fast permanentes Pulse & Glide-Sägen: Der R 500 beschleunigt dabei gemächlich auf exakt 87 km/h (die Setzgeschwindigkeit ist wie immer 82 km/h nach GPS), um dann bis herunter auf 82 km/h in Eco-Roll zu segeln. Bei wenig Verkehr spart dies mehr Sprit als es den von hinten kommenden Kollegen irritiert. Ist der Verkehr dagegen dicht und gedrängt, wünscht man sich, die Sägezahn-Charakteristik abschalten zu können, weil man entweder auf den Vordermann aufläuft oder den Hintermann zur Weißglut treibt.
Kurzum: Der R 500 erweist sich als ausgesprochen sparsam rollende Kipper-Zugmaschine. Der Komfort ist hervorragend, die Bedienung dank logischer Lenkradtasten ein Kinderspiel. Auch der Freewheeling-Retarder mit kompletter Entkopplung bei Nichtgebrauch hat am geringen Dieselkonsum sicher seinen kleinen Anteil, der rollwiderstandsarme Antriebsstrang jedoch den größeren. Auch wenn der R 500 nur wenig schalten muss: Die Geschwindigkeit der Schaltvorgänge an unseren Teststeigungen ist beeindruckend: ein Verdienst der mit der Modellpflege eingeführten Vorgelegewellenbremse – geschmeidiger klingt die englische Bezeichnung layshaft brake.
Die Verluste sind nur minimal
Zurück zur SAF Trak: Man könnte trefflich darüber diskutieren, ob nicht die Schleppverluste in den hydraulischen Antriebsmotoren der Trailerachse die Vorteile sozusagen wieder auffressen. Ganz offensichtlich nicht. Elmar Weber, Produktmanager für die SAF-Trak-Achse, weiß warum: „Die Schleppverluste in den Radnabenmotoren sind sehr gering. Bei Leerlauf ziehen sich ja die Druckkolben komplett vom Nockenkranz zurück, werden also mechanisch gar nicht belastet.“ Was bleibt, sind minimale Panschverluste im lastfrei laufenden Ölkreislauf. Das klingt plausibel, gilt aber freilich auch für die meisten Vorderachs-Radnabenantriebe der Konkurrenz.
Bemerkenswert ist auch, dass die SAF-Hydroachse ohne Extra-Kühlung auskommt. Die Broschüre für die Ausstattung der Zugmaschine empfiehlt für das Ölvolumen der Kipphydraulik das Volumen des Kippzylinders plus 50 l, mindestens jedoch 180 l Ölvorrat. Weil je mehr Ölmenge, desto besser ist die Ölkühlung. Damit der Achsantrieb ohne Zusatzkühler nicht überhitzt, schaltet die SAF Trak bereits bei 15 km/h Fahrgeschwindigkeit ab. Eine MAN-Hydrodrive, Mercedes-HAD oder Iveco-Hi-Traction lässt sich bis 25 oder sogar 30 km/h fahren – allerdings mit eigenem Kühler. Die hohe Geschwindigkeit ist aber für kritische Anfahrvorgänge gar nicht notwendig, insofern ist die frühe Abschaltgeschwindigkeit nicht wirklich ein Nachteil.
Nach allerlei Anfahrversuchen vorwärts, rückwärts und rund 60 Grad um die Kurve auf vereister Schlammoberfläche können wir berichten: SAF Trak funktioniert einwandfrei und ist eine veritable Anfahrhilfe vor allem bei Leerfahrt. Über die Konfiguration könnte man diskutieren. Denn beladen erreichen starke Quer- und Scherkräfte die letzte Achse, die ja den Antrieb in der Nabe birgt. Rein optisch sieht das schon verwegen aus, wenn man hinter dem Testzug zur Beobachtung mit dem Pkw folgt. Im Kreisverkehr und beim Rangieren beladen kommen da ganz schöne Kräfte in die Nabe. Den Aufstandsdruck bei Leerfahrt auf Trakachse haben wir mit exakt 4 t verwogen, beide vorlaufenden Achsen waren dabei geliftet. Die Regel im Markt sind aber Dreiachstrailer, die nur die erste Achse liften können. In so einer Konstellation dürfte sich der Aufstandsdruck für die Trakachse deutlich verringern und damit auch die Traktionsperformance. Auch das haben wir mal gedanklich durchgespielt: Würde man als Traktionsachse die mittlere Trailerachse wählen, wären die Scherkräfte auf Reifen und Nabe beladen deutlich geringer. Leider aber auch der Aufstandsdruck, weil die Achse näher an den Sattelpunkt rückt. Für die mittlere Achse spräche auch die Abkippsituation auf weichen Deponien: Hier kann die Achse schon an der Kippkante absacken, wenn der Fahrer, was oft gewünscht wird, sehr nah an die Kante fährt. Dann ist’s mit der Traktion auch nicht mehr weit her, auch hier wäre die Position in der Mitte günstiger. Wie auch immer: Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Fakt ist: Die SAF Trak funktioniert tadellos. Am schönsten mit einem R 500 XT an der Pumpe.