Tagebau Garzweiler

Spezialeinsatz für Cat-Rohrleger PL 87

Um einen Braunkohle-Tagebau am Laufen zu halten, müssen auch die Bandstraßen dem Abbaufortschritt folgen. Dafür werden modifizierte Cat-Rohrlegeraupen eingesetzt. Wir haben uns das in Garzweiler aus nächster Nähe angesehen.

Cat-Rohrleger PL 87
Alles relativ: Mit seinen 55 t Betriebsgewicht ist der Cat-Rohrleger PL 87 eigentlich eine imposante Baumaschine, gegenüber dem Bandschleifenwagen im Hintergrund wirkt er aber fast zierlich. (Bilder: bd/Bömer)

Wer im Rheinland aufgewachsen ist und sich für Baumaschinen interessiert, ist unweigerlich mit den gigantischen Maschinen des Braunkohle-Tagebaus in Berührung gekommen. Sei es an einem Aussichtspunkt am Rand der Gruben oder bei einem der regelmäßigen Überlandtransporte von Großgeräten zum nächsten Einsatzort. Man kennt sich also aus, wie der Betrieb hier so läuft – dachte ich. Doch dann sitze ich mit Zeppelin-Niederlassungsleiter Stefan Lanio und dem schottischen Fachjournalisten David Wylie im Dienst-Geländewagen von Friedhelm Maaß. Er ist Fahrsteiger im Tagebau Garzweiler von RWE Power und schon seit über 40 Jahren dabei. Da hieß die Betriebsgesellschaft noch Rheinbraun, das war irgendwie griffiger. Während er das Fahrzeug völlig ungerührt durch das anspruchsvolle Gelände scheucht, erklärt er mit rheinischem Unterstatement – größtenteils den Fahrgästen im Fond zugewandt – die Abläufe im Tagebau.

Obwohl der Anlass unseres Besuchs zweifelsfrei der Cat-Rohrleger PL 87 ist, kann man sich unmöglich der Faszination des überdimensionalen Tagebau-wEquipments entziehen. Man nimmt Fakten auf – dass die Fördergurte auf den Strossen eine Breite von 2,80 m haben und mehrere Kilometer lang sind – und fühlt sich dabei wie in einem Boot auf hoher See. Was das Ganze gleich noch viel eindrucksvoller macht. Immer wieder passieren wir Erdbau-Geräte, die auf einer Autobahnbaustelle durchaus etwas hergemacht hätten. Durch die Weite des Geländes jedoch und die Großgeräte in unmittelbarer Nähe verschieben sich irgendwie alle Proportionen.

Wie bei RWE Power üblich, wurde die neue Maschine mit zahlreichen Sonderausstattungen geordert, um ein maximales Maß an Sicherheit und Bedienerkomfort zu erreichen.

Wir befinden uns auf der Verkippungsseite des Tagebaus und erreichen schließlich eine Ansammlung von Geräten in nächster Nähe zu einem Bandschleifenwagen. Der dient dazu, den Fördergurt samt Abraum aus dem Bandtraggerüst anzuheben, um den Massenstrom in den Aufnahmetrichter des Absetzers übergeben zu können. Dem Abbau folgend, strebt auch die Abraumkippe stetig voran, was ein regelmäßiges Versetzen der Bandanlagen parallel zu ihrer Achse erfordert. Diese Tätigkeit wird Rücken genannt, und hier kommen die modifizierten Rohrlege-Raupen zum Einsatz.

Ein sogenannter Rollenrückstuhl ist über einen Lenker mit der Raupe verbunden und hängt gleichzeitig an der Unterflasche des Masts. Die Rollen greifen dabei in eine Schiene, die an den Querkufen der Bandtraggerüste mit Klammern befestigt ist. Um die erforderlichen Kräfte zu minimieren und ein einseitiges Einsinken zu vermeiden, wird die gesamte Konstruktion leicht angehoben. Eine Staffel von bis zu fünf Rückraupen fährt nun leicht versetzt zu der Bandtrasse und zieht diese zu sich hin. Bei jedem Durchgang wird die Anlage um etwa eine Raupenbreite versetzt. Dabei fahren die Raupen im dritten Gang mit knapp 10 km/h.

Einer der Stars auf dem Platz: Bagger 285, 13.500 t Betriebsgewicht, Länge 210 m, theoretische Förderleistung 200.000 feste Kubikmeter pro Tag.

Zu diesem Technik-Spektakel braucht es Masse, Leistung und sehr viel Fingerspitzengefühl. Die Schiene ist zwar bis zu einem gewissen Grad flexibel, der sprichwörtliche Bogen darf aber auch nicht überspannt werden – ansonsten gibt es Bruch. Das Planum, auf dem das Bandtraggerüst schließlich zum Stehen kommen soll, wird mittels Raupe und Grader – natürlich mit GPS-Maschinensteuerung – vorbereitet. Und auch die Rückraupen verfügen über ein Trimble-3D-System, um die einzelnen Elemente exakt ausrichten zu können. Je besser das ganze System in einer Flucht steht, umso reibungsloser läuft das Band später unter Last. Zusätzlich wird bei jedem Gerüstjoch per Wasserwaage die Querneigung überprüft und bei Bedarf unterfüttert – alles Erfahrungswerte.

Um die Massen der Bandanlage überhaupt in Bewegung setzen zu können, müssen die Rückraupen auch ein gewisses Eigengewicht mitbringen. Deshalb hatte man sich im Tagebau gerne der größten verfügbaren Rohrlegeraupe bedient, der 589 aus dem Caterpillar-Programm. Die basierte auf der D9R und brachte mit knapp 70 t schon ein ordentliches Kampfgewicht auf die Waage. Da die internationale Nachfrage nach derart leistungsfähigen Rohrlegern offenbar zurückgegangen ist, wurde der Typ aus dem Programm genommen. Das aktuelle Topmodell ist die PL 87, basierend auf der D8T kommt sie auf 55 t Betriebsgewicht. Von der Zeppelin-Niederlassung Köln wurden vor der Auslieferung noch zahlreiche kundenspezifische Modifikationen an der Raupe vorgenommen. Diese betreffen vorrangig den ungewöhnlichen Einsatzzweck, aber auch Sicherheit, Fahrer-Sicht, Komfort und Eignung für den Nachteinsatz.

Nach dem Rücken der Bandanlage, unterstützt der PL 87 das Team, um den Fördergurt neu einzuziehen und eine neue Endlosverbindung herzustellen.

Die starke seitliche Belastung des Kettenstrangs ist nicht gerade ideal für die Standzeiten der unteren Laufwerkskomponenten, lässt sich aber nicht vermeiden. Im Gegensatz zur Schubraupe sind die Laufrollen nicht gefedert, sondern starr mit dem Rahmen verschraubt. Ebenso gehören mehrere Seitenführungen zur Ausstattung.

Eine gewisse Skepsis, ob die leichtere Raupe der Aufgabe gewachsen sein würde, wich schnell allgemeiner Zufriedenheit mit dem neuen Arbeitsgerät. Die Fahrer freuen sich über den besseren Komfort in der Kabine und die verbesserte Sicht auf den Hubmast. Und weil die Bedienelemente der im Tagebau häufig eingesetzten D8 ähnlich sind, können sie sich schneller auf die Rückraupe einstellen. Stefan Lanio betont, dass ein solches Projekt nur mit enger Einbindung des Kunden möglich ist. Was offenbar so gut geklappt hat, dass bereits eine weitere Cat PL 87 bestellt wurde und sich bei Zeppelin Köln eine Rückraupe von RWE im Rebuild-Programm befindet.

Zum Schluss der Tour geht es noch zum Bagger 285, Inbetriebnahme 1976, Einsatzgewicht 13.000 t, mit einer nominalen Förderleistung von 200.000 m³ pro Tag. Es ist eine fast surreale Szenerie, wenn sich die gigantische Maschine vergleichsweise geräuschlos durchs Erdreich fräst. Friedhelm Maaß hat dazu noch einen Superlativ parat: Ein vergleichbares Gerät habe unter optimalen Bedingungen schon einmal 400.000 feste Kubikmeter in 24 Stunden bewegt, ein absoluter Rekordwert.

Der Cat-Rohrleger des Typs 589 wurde aus dem Vertriebsprogramm genommen: Dieses Exemplar wurde deshalb bereits einem Cat Certified Rebuild in der Zeppelin-Niederlassung Köln unterzogen.