Still hebt der Kran
Für den Austausch von Glasdach-Elementen einer Einkaufspassage schickte das Radeberger Unternehmen Krandienst Kunze seinen Liebherr-Mobilbaukran MK 88 Plus in die Dresdner Altstadt. Die Bedingungen am Quartier bei der Frauenkirche: schmale Straße, sensible Hübe aus dem Atrium über eine 30 m hohe Gebäudezeile sowie eine erhebliche Anwohnerdichte – wie geschaffen für den Einsatz eines MK 88 Plus im elektrischen Betrieb.
Kaum war die hydraulische Abstützung ausgefahren und das Fahrzeug nivelliert, trat etwas bei einem Kraneinsatz recht Ungewöhnliches ein: völlige Stille. Kranfahrer Christian Jahn hatte den Dieselmotor abgestellt, der seinen MK 88 Plus in die schmucke Innenstadt der sächsischen Landeshauptstadt gebracht hatte. „Den Rest erledige ich jetzt mit Baustellenstrom, sogar den weiteren Aufbau des MK“, erklärte der passionierte Kranfahrer, fischte das mitgeführte Starkstromkabel aus der Zubehörkiste und zapfte am Stromverteilerkasten der Baustelle Energie. Über seine Fernbedienung setzte Jahn dann den eleganten Aufklapp-Mechanismus von Turm und Ausleger in Gang. Keine 15 Minuten später war der kompakte Mobilbaukran fertig gerüstet, der Ausleger auf 30 Grad steil gestellt und zugbereit.
Nur während der ersten Hübe – Werkzeug und Material der Gerüstbauer waren noch zur Baustelle im Innenhof zu befördern – steuerte Christian Jahn den MK 88 Plus aus der stufenlos höhenverstellbaren Liftkabine, um sich ein Bild von der Gebäude-Topografie zu machen. Doch schon bald griff er nach der Funkfernsteuerung und war fortan beim Ausheben jedes der bis zu 800 kg schweren Glas-Elemente bei den Monteuren auf dem Dach, direkt am Ort der Demontage. „Dort kann ich viel besser mit den Leuten kommunizieren und auch schneller reagieren. Wenn ich sehe, wie der Vakuum-Glassauger positioniert wird oder die schwere Glasscheibe sich langsam aus ihrer Fassung löst, kann ich noch feinfühliger steuern.“ Das Absetzen der Last auf der anderen Gebäudeseite erledigte der Kranfahrer souverän und sicher, weil er aus einer Fensteröffnung zur Straße hin sowohl Kran als auch Last und Monteure stets im Blick hatte.
Die Option, den Kranbetrieb im Elektro-Modus und somit vollständig lärm- und emissionsfrei durchzuführen, hatte in der dicht bewohnten Dresdner Altstadt einen weiteren Vorteil: Das für die Kranarbeiten zunächst genehmigte Zeitfenster war um jeweils eine Stunde ausgedehnt worden. „Die Möglichkeit, nun doch zwei Stunden länger zu arbeiten, ist für uns sehr wichtig, da wir nur für ein paar Tage angereist sind“, so Reimund Pothmann, einer der Monteure der ausführenden JET Brakel Aero aus Voerde in Nordrhein-Westfalen. Der Tausch der Elemente der über 500 m2 messenden Überdachung ist auf mehrere Etappen verteilt, und für jeden Einsatz ist der Liebherr-Mobilbaukran bereits bestellt.
Bei Krandienst Kunze erledigt er seit April 2019 seine Arbeit. „Die Baustellen haben diesen Krantyp mit seinen Vorzügen hinsichtlich Schnelligkeit und Sicherheit inzwischen doch verstanden und fordern oft ausdrücklich den Mobilbaukran an“, erzählt Geschäftsführer Dirk Kunze. „Wenn der MK 88 einmal auf einer Baustelle seine Fähigkeiten zeigen konnte, will man ihn beim nächsten Mal wiederhaben.“ Das moderne Kranfahrzeug war für Kunzes die optimale Erweiterung seines bisherigen Fuhrparks aus fünf Liebherr-Mobilkranen. Kranfahrer Christian Jahn pflichtet bei: „Inzwischen habe ich etwa viermal die Woche einen Job, für den ein Teleskop-Mobilkran nicht wirklich geeignet wäre.“ Die Arbeiten am Quartier bei der Frauenkirche hätte theoretisch zwar auch ein Baukran erledigen können, da bei diesem Projekt jedoch über einige Monate hinweg mehrere Einsätze geplant sind und ein Baukran in der Fußgängerzone nicht über die ganze Zeit stehen bleiben darf, wurde von der Stadtverwaltung für einen Turmdrehkran keine Genehmigung erteilt. Der Mobilbaukran, der nach getaner Arbeit einfach zusammenklappen und losfahren kann, war deshalb dafür ideal.
Vom Konzept der Liebherr-Mobilbaukrane ist Dirk Kunze inzwischen mehr als überzeugt: „Ich bekomme immer wieder auch Anfragen nach einem größeren Kran dieses Typs und überlege, mittelfristig einen MK 140 zu bestellen.“ In Dresden sowie im Operationsgebiet des Unternehmens, das sich weit über die Landesgrenzen hinaus nach Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg erstreckt, sollte es auch für das aktuell größte und leistungsstärkste Gerät der MK-Serie ausreichend zu tun geben, schätzt der Kran-Experte. Mit 65 m Auslegerlänge und einer im Wipp-Modus erreichbaren Hakenhöhe von 94 m könnte er schon bald seine Stärken auf den Baustellen der Region ausspielen.