Maschinentest 7-8/2024

Testrunden mit Radlader L 95 und Bagger E 60 bei Bobcat in Dobris

Die alljährlichen Demo-Days auf dem Gelände des Bobcat-Werks südlich von Prag locken – neben geführten Factory-Tours sowie Maschinen- und Anbaugeräte-Präsentationen – mit der wohl einmaligen Gelegenheit, annähernd jede Maschine aus dem breiten Programm unter Einsatzbedingungen testen zu können. Ein ideales Terrain für unsere bd-Maschinentests. Auch wenn zwischen Intermat und Bauma kaum echte Neuheiten zu erwarten waren. So haben wir denn die Gelegenheit genutzt, einige bewährte Maschinen ausführlicher zu betrachten.

Auf der Intermat war er schon zu sehen, bei den Bobcat-Demo-Days haben wir ihn jetzt selbst gefahren: der Prototyp eines elektrisch betriebenen Kompakt-Telehandlers. (Bilder: bd/Bömer)

Auf der Intermat in Paris wurde der Prototyp eines kompakten Elektro-Telehandlers vorgestellt, jetzt konnten wir ihn selbst fahren. Wie nicht anders zu erwarten, schnurrte die wendige Maschine fast lautlos übers Gelände. Aus der Typenbezeichnung TL 25.60E lassen sich Eckdaten bereits herauslesen: 2,5 t fahrbare Nutzlast bei knapp 6 m Hubhöhe. Da sowohl Höhe wie Breite unter 2 m liegen, eignet sich die Maschine ganz besonders für Anwendungen innerhalb von Gebäuden. Für valide Aussagen über die erwartbare Laufzeit ist es gewiss noch etwas früh. Zu erfahren war, dass der Prototyp mit einem 30-kWh-Akku ausgestattet ist. Das klingt zunächst nach nicht übermäßig viel, jedoch werden solche Maschinen höchst selten als Leistungsträger gefordert. Für die üblichen, über den Tag verteilten Kurzeinsätze, ist der E-Antrieb jedenfalls bestens gerüstet. Und dann die Frage nach den Lademöglichkeiten auf der Baustelle: Arbeitet der Telehandler an einem Rohbau oder Umbau, ist auch ein Baustromverteiler nicht weit, sonst funktionieren nämlich weder Baukran und Kreissäge noch Kaffeemaschine. Prädestinierte Einsatzgebiete dürften ebenso stationäre Anwendungen wie Bauhof, Baustoffhandel oder die Landwirtschaft sein.

Stetig arbeitet Bobcat daran, den Betrieb der Maschinen noch sicherer zu machen. Bei den Demo-Days wurden Kamera- und Sensor-Systeme gezeigt, die einen Kompaktlader selbsttätig abstoppen, um Kollisionen mit Personen oder Objekten wirksam zu verhindern. Andere Konzepte unterbinden das Bedienen beispielsweise eines Minibaggers, sobald die vorgeschriebene Sitzposition verlassen wird oder sich nicht beide Hände an den Joysticks befinden. Solche Systeme sollen vorrangig Unfälle durch weniger erfahrenes Personal vermeiden, befinden sich derzeit jedoch noch in der Erprobungsphase.

Knickgelenkte Kompakt-Radlader haben für das Team in Dobris eine Sonderrolle, da sie dort entwickelt und auch ausschließlich an diesem Standort produziert werden. Bei den vorherigen Demo-Days war der L 95 lediglich als Prototyp dabei, nun ist er als Spitzenmodell des Lader-Trios lieferbar. Wobei sich seine technischen Daten gar nicht so stark vom L 75 und L 85 unterscheiden. Leistung, Schaufelinhalt und somit die Kipplast wurden geringfügig angehoben. Alleinstellungsmerkmal ist die Eigenschaft als Schnell-Läufer mit 40 km/h. Der Wunsch nach einem Premium-Modell kam wohl vorrangig aus der skandinavischen Kundschaft. Dort werden solche Maschinen gerne mit anspruchsvollen Anbaugeräten betrieben – neben Schneefräsen beispielsweise auch Kehrbesen und -schaufeln. Um diese wirtschaftlich betreiben zu können, sollten sich Fahrgeschwindigkeit und Motordrehzahl unabhängig voneinander regeln lassen. Genau das ist beim L 95 über Handgas und Tempomat vorgesehen. Der Schnellwechsler für die Anbaugeräte ist mit einigen der gängigen deutschen Kleinlader-Fabrikate kompatibel. Für Besitzer von Bobcat-Kompaktladern gibt es einen Adapter, um vorhandene Werkzeuge mit Bob-Tach-Aufnahme auch an den Knicklenkern verwenden zu können. Angetrieben wird der Lader durch einen hauseigenen Vier-Zylinder Motor (55 kW) der Stufe V, wobei auf ein SCR-System verzichtet werden kann.

Soweit die Theorie, Zeit für eine ausführliche Proberunde. Ich nehme eine neue Maschine gern zunächst ohne jegliche fachkundige Unterweisung in Betrieb. Das entspricht nämlich – leider – der mehrheitlichen Praxis auf der Baustelle. Entweder ist niemand da, den man fragen könnte oder der Bediener möchte nur ungern eingestehen, dass ihm die ein oder andere Info fehlt. Heutzutage ist das allerdings grober Unfug, da es mittlerweile eine derartige Vielfalt von Einstellmöglichkeiten gibt, die sich über ein paar Tastensymbole einfach nicht mehr erschließen lassen.

Zurück zum L 95

Die Grundfunktionen sind quasi selbsterklärend und so geht es geradewegs Richtung Haufwerk, bestehend aus schwerem, mit Steinen durchsetztem Lehm. Die elektro-hydraulische Vorsteuerung ist gewiss ein wenig direkter, aber daran gewöhnt man sich sehr schnell. Das Füllen der Schaufel gelingt mit etwas Gefühl am Gasfuß, auch ohne dass die Räder das Scharren anfangen. Dafür muss auf diesem Untergrund noch nicht einmal die Differenzialsperre aktiviert werden. Und das Ganze funktioniert auch bei vergleichsweise niedrigen Drehzahlen.

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Insgesamt erzeugt der Lader eine durchaus angenehme Geräuschkulisse, auch bei offen stehender Tür. Zwischenzeitlich hat Pressekontakt-Mann Lukas Jungbauer den zuständigen Produktmanager Matyas Heuer auf dem weitläufigen Gelände aufspüren können, und so erhalte ich eine detaillierte Einweisung in die Maschine. Das lohnt sich auf jeden Fall, denn Ridecontrol, die Schwingungsdämpfung des Hubgerüsts, muss über das Display aktiviert werden. Wenn man dann noch den luftgefederten Sitz richtig einstellt, ist auch die horizontale Dämpfung aktiv und der Fahrkomfort erhöht sich noch einmal deutlich, wenn es auf dem Testgelände bergauf und bergab geht. Mit gut gefüllter Schaufel macht der L95 auch bei zügiger Fahrt einen ausgewogenen Eindruck.

Das 5-Zoll-Display gibt automatisch ein deutlich erkennbares Bild der Rückfahrkamera wieder, sobald am Joystick der Rückwärtsgang aktiviert wird. Dies vermittelt auf dem belebten Testgelände stets ein Gefühl von Sicherheit. Beim Öffnen des Schnellwechslers muss man kurz nach der besten Stellung von Schaufel und Hubgerüst suchen, um die richtige Sicht auf die Verriegelungsbolzen zu erhalten, damit man sicher gehen kann, dass diese auch komplett eingefahren sind. Das Ein- und Aussteigen gelingt dank zweier, unterschiedlich weit ausladender Trittstufen sowie eines leicht verstellbaren Lenkrads einfach und sicher.

Zum Abschluss noch eine Runde um die Maschine. Die große Motorhaube gibt alle regelmäßigen Wartungspunkte frei. Auch der Ölpeilstab ist weit vorgezogen und liegt im direkten Zugriffsbereich. Am Vorderwagen sind gruppierte Schmiernippel, die zu verschiedenen, schwer zugänglichen Lagerstellen verlängert wurden – solche werden nämlich schon gerne mal übersehen.

Unser Fazit

Der L 95 ist sicher keine Mietparkmaschine, die mit Standardschaufel und Gabel ihr Geld verdienen soll. Der Anwender mit gehobenen Ansprüchen dürfte an dem Spitzenmodell der Bobcat-Knicklader jedoch Gefallen finden.

Normalerweise sind bei den Demo-Days die großen und entsprechend leistungsstarken Raupen-Kompaktlader meine Lieblinge. Doch diesmal hatte ich eindeutig einen anderen Favoriten: den 60 E mit Steelwrist-Tiltrotator (unser Test). Den Bagger aus der 6-t-Klasse hatten wir ja bereits im Test auf einer Baustelle, wo er einen guten Eindruck hinterlassen konnte. Zusammen mit dem Tiltrotator kann er jedoch noch mehr seiner Talente ausspielen.

Es gibt Bagger, da passen Geschwindigkeit, Kraft und Feinfühligkeit in einer Weise zusammen, die sich schwer in Zahlen fassen lässt. Die Maschine liegt – besonders beim zügigen Arbeiten – einfach gut in der Hand. Das liegt dann an kleinen Nuancen beim Ansprechverhalten der Hydraulik und besonders auch beim Abbremsen der Schwenkbewegung. Der E 60 gehört gewiss in diese Kategorie.

Üblicherweise würde ich für den Einsatz eines Tiltrotators den Stiel eine Nummer kürzer wählen. Aber auch die hier verbaute lange Variante brachte den E 60 nicht aus der Ruhe. Damit kann er aus dem Stand einen respektablen Arbeitsbereich bedienen. Die Demo-Maschine war mit den speziellen Steelwrist-Joysticks ausgestattet. Mir persönlich würden die standardmäßig verwendeten Proportional-Wippen genügen, auch wenn dann ein Umschalten auf die Greifklammer erforderlich ist. Für den Galabauer jedenfalls eine super Maschine. Aber auch im Straßen- und Tiefbau kann damit so manche Handarbeit eingespart werden. Mal abgesehen von den betriebswirtschaftlichen Vorteilen, macht so eine gelungene Kombination aus Bagger und Anbaugerät einfach richtig Laune, sobald man sich eingegroovt hat. Mich musste man quasi aus der Kabine herauskomplimentieren. Und da war ich nicht der Einzige, wie mir der zuständige Produktmanager versichert.