Hydraulikhämmer als versierte Kraftpakete
Neben Tieflöffeln und Greifern sind Hydraulikhämmer heute die wichtigsten und meist genutzten Anbauwerkzeuge für Hydraulikbagger. Das Spektrum reicht von kleinsten Hämmerchen für Mikrobagger bis zu zehn Tonnen schweren Hammergiganten. Ebenso vielfältig sind Einsatzprofil und Verwendungszeck.
Bei Abbrucharbeiten sind sie längst unverzichtbar, ob Betonfundamente, Brückenpfeiler oder Bunker mit bis zu fünf Meter mächtigen Betonwänden. Im Kanal- und Rohrleitungsbau knacken Hydraulikhämmer härteste Böden und selbst Felsgestein – wenn hydraulische Fräsköpfe am Baggerausleger nichts mehr ausrichten können – und brechen fast nebenbei Straßenbeläge auf. Ebenso unentbehrlich sind sie beim Vortrieb im Stollen- und Tunnelbau, beim Profilieren der Tunnelfirste und -wände oder beim kompletten Ausbrechen der Kalotte. Und wo wegen Lärmschutz oder starker Vibrationen nicht gesprengt werden darf, sind sie oft die einzige Alternative. Auf diese Weise werden beim Trassenbau für Straße oder Eisenbahn effizient tiefe Bodeneinschnitte angelegt. In der Gewinnungsindustrie übernehmen Hydraulikhämmer nicht nur das Zerkleinern von Knäppern, sondern auch – ebenfalls alternativ zum Sprengen sowie zum Schutz der Anwohner – die Primärzerkleinerung von Gestein und damit den Direktabbau.
Die sehr vielseitigen Hydraulikhämmer können keineswegs nur an Raupen-, Mobil- und Schreitbaggern verwendet werden, sondern – meist durch Schnellwechsleranbau – auch an Rad-, Bagger-, Kompakt- und Raupenladern. Ohne den Übergang vom Seil- zum Hydraulikbagger in den 1970er Jahren jedoch wären vielleicht noch heute die Fallbirne und der handgeführte Drucklufthammer die Standardwerkzeuge für Auf- und Abbrucharbeiten. Anfang der 1960er Jahre setzte die Entwicklung der damals umwälzend neuen hydraulischen Schlagtechnik ein. 1967 kam mit dem Krupp HM 400 der weltweit erste maschinengeführte Hydraulikhammer auf den Markt. Und bis heute gibt es noch kein System, das den Hydraulikhammer auch nur annähernd ersetzen könnte.
Das Einsatzspektrum wächst vielmehr permanent: Hydraulikhämmer, mit Adaptern bestückt, rammen Pfähle und Spundbohlen ein oder verdichten Böden. Besonders lärmarme Versionen, angebaut an Minibagger, arbeiten bei Abbruch und Sanierung in Gebäuden. Im stationären Einsatz wiederum – ob Recycling, Bauschutt-Sortieranlagen oder im Steinbruch am Bunker- und Brechereinlass – werden die Vorzüge der Zerkleinerung mit hydraulischer Schlagtechnik genutzt. Und die Industrie reinigt damit Gießpfannen und Schmelzöfen.
Am deutschen Markt agieren etwa zwei Dutzend Hersteller, die sich auf Abbruchwerkzeuge und Anbauausrüstungen spezialisiert haben. International kommen zahlreiche Amerikaner, Kanadier, Südkoreaner und Chinesen hinzu, die ihre Produkte in Europa gar nicht vertreiben. Weitere Hämmer stammen von Baumaschinenherstellern: Global Player wie Bobcat, Caterpillar, Doosan, JCB, Komatsu und Volvo CE folgen dem Motto „alles aus einer Hand“, entwickeln eigene Modelle oder bieten Geräte aus fremder Produktion mit eigenen Firmenzeichen und -farben. Dritte im Bunde sind Spezialisten für ganz bestimmte Bagger- oder Ladersegmente, die im Zubehörprogramm auch Hydraulikhämmer führen möchten. Zum Beispiel Avant aus Finnland: Das Unternehmen fertigt zwar ausschließlich kompakte Radlader und bietet dennoch mit drei 70, 110 und 160 kg schweren Hydraulikhämmern eigentlich Bagger-typische Anbaugeräte. Lader mit angebautem Hammer am Schnellwechsler werden dann zu hoch mobilen, wendigen Abbruchmaschinen. Die Avant-Hämmer besitzen serienmäßig Schall- und Vibrationsschutz, zudem sind alle Schläuche, Kupplungen und Schnellwechselbefestigungen im Lieferumfang enthalten und vormontiert – so sind die Hämmer sofort einsatzbereit.
Der Markt ist so breit wie das Einsatzspektrum
So vielfältig die Aufgaben und Projekte, so groß ist der Markt: Etwa 70.000 bis 80.000 Hydraulikhämmer zum Anbau an Hydraulikbagger wurden 2014 weltweit verkauft – ohne China allerdings. Sonst dürfte die 100.000er-Marke bald geknackt werden oder bereits überschritten sein.
Eines der weltgrößten Exemplare in herkömmlicher Bauweise ist wohl der HB 10.000 DP von Atlas Copco. Mit Meißel und Halterung bringt der Koloss mehr als 10 t auf die Waage und benötigt daher als Trägergeräte Bagger der 85- bis 140-t-Klassen. Der Meißel mit 880 mm Länge und 240 mm Durchmesser wirkt trotz seiner beachtlichen Eigenmasse mit 250 bis 380 Schlägen pro Minute auf das Gestein ein, also vier bis sechs mal pro Sekunde. Dazu muss die Baggerhydraulik die immense Ölmenge von 450 bis 530 l/min zum Hammer pumpen.
Natürlich wirken auch tonnenschwere Hydraulikbagger wuchtig und überaus kräftig. Und doch müssen sie bei härteren, steinigen Böden oder gar Fels alsbald kapitulieren. Mit ihrem Tieflöffel lösen sie gerade mal Böden mit Festigkeiten von etwa 10 Mega-Pascal (MPa). Hydraulische Anbau-Fräsköpfe bewältigen immerhin Gesteinsfestigkeiten bis 200 MPa. Wird allerdings ein Hydraulikhammer am Schnellwechsler montiert, kann der Bagger Beton, Fels und Gestein mit Festigkeiten von mehr als 200 MPa lösen und zerkleinern. Deshalb gelten Hydraulikhämmer oft als letzte Alternative vor dem Sprengen. Große Hämmer können stündlich bis weit über 1000 m³ brechen. Der italienische Hersteller Promove berichtet von einem 7-t-Hammer, der in einem Kalksteinbruch mit 17.700 J Schlagenergie Gestein von 125 MPa Festigkeit löst – mit durchschnittlichen Tagesleistungen von 1200 m³.
Je nach Einsatzprofil lassen sich Hydraulikhämmer sehr vielseitig nutzen. Das beginnt mit unterschiedlich geformten Einsteckmeißeln für wechselnde Materialien. Bei nicht allzu festem Material sorgen Meißel mit großer Kontaktfläche für eine bessere Verteilung der Schlagenergie und eine günstigere Spaltwirkung als ein spitzer Meißel. Bei hartem Material wird mit der kleineren Kontaktfläche eines Spitz- oder Pyramidenmeißels die stärkste Spaltwirkung erzielt. Breit- und Asphaltmeißel (Asphaltspaten) eignen sich für feine Schnitte von Straßenbelägen und anderen Oberflächen in Längs- und Querrichtung. Knäppern und Betonabbruch sollten mit Stumpfmeißeln erfolgen, weil sie die Schlagenergie bestens verteilen.
Unterwasser oder auch gepanzert
Andere Spezifikationen ergeben sich durch diverses Sonderzubehör. Für den Stollen- und Untertageeinsatz werden Hämmer beispielsweise mit einem Wasseranschluss zur Staubbekämpfung ausgerüstet. Oder der Schlagraum wird mit einem Druckluft-Ölgemisch geschmiert, das bei aufwärts gerichtetem Hammer das Eindringen von Wasser und Gesteinspartikeln verhindert. Im Unterwassereinsatz hält wiederum Druckluft eindringendes Wasser vom Schlagraum fern. Pfiffige Drehgelenke machen bei Furukawa Rock Drill Germany (FRD) ein Verspannen oder Verdrehen der Hydraulikschläuche unmöglich. Für Spezialeinsätze werden FRD-Hämmer mit Panzerplatten ausgestattet, einem Zusatzschutz gegen Verschleiß bei Kanal- und Leitungsarbeiten oder im Steinbruch. Und für den Heißeinsatz wie beim Entfernen von Schlacke gibt es Dichtungen aus besonderen Werkstoffen.
Sogar bei der Installation von Solarfeldern bewähren sich heute Hydraulikhämmer. Mit großer Kraft und Schlagfrequenz rammen dort zwei Tonnen schwere HB 2000 von Atlas Copco Pfahlrohre ein. Das spezielle Pfahlsystem konzentriert die Energie von 4000 J pro Hammerschlag auf den Pfahlschuh. Mit 400 Schlägen pro Minute werden die Pfähle auch durch härtere Materialschichten schnell eingetrieben – bei durchschnittlich fünf Minuten pro Pfahl können mit vier Hammer-Bagger-Teams täglich bis zu 400 Pfähle eingerammt werden.
Hohe Flexibilität versprechen die Hämmer der Silver Clip-Baureihe von Montabert, denn sie erlauben jederzeit einen schnellen und unkomplizierten Clip-Anbau von Tieflöffel, Hydraulikhammer oder Rüttelplatte. Bei dieser patentierten Technik sind weder Hydraulikleitungen anzuschließen noch Montageteile zu lösen. So können diese Hämmer zum Lösen und Zerkleinern ebenso genutzt werden wie wechselweise am Bagger zum Graben, Ausschachten, Beladen und Verdichten – alles braucht nur einen Bagger, ein Anbaugerät und einen Fahrer.
Hundert Millionen Hammerschläge im Leben
Hydraulikhämmer werden im Laufe ihres unruhigen Lebens extrem beansprucht. Bei 300 jährlichen Betriebsstunden und 500 Hammerschlägen pro Minute summieren sich neun Millionen Schläge im Jahr. Qualitätshämmer kommen durchaus auf acht oder zehn Jahre Nutzungsdauer und dann 80 bis 100 Millionen Schläge. Neben einer entsprechend hohen Qualität arbeiten die Hersteller an weiteren Parametern wie geringem Gewicht bei zugleich hoher Leistungsabgabe. Weil das Positionieren viel Zeit beansprucht, soll der Hammer zudem schlank sein und direkte Sicht auf den Meißel erlauben. Und arbeitet das Gerät nicht mit allzu großen Förderströmen, bleibt dem Bagger mehr Hydraulikleistung für schnelle Bewegungen des Auslegers. Eine weiteres Thema ist das Hammergewicht: Immer wenn kein Schlagwiderstand mehr vorhanden ist, sackt der Hammer oft mit beachtlichem Ruck abwärts – und damit auch der gesamte Ausleger. Allzu leichte Trägergeräte geraten ins Schwingen, das erneute Ansetzen des Hammers verschlingt unnötige Zeit.
Das beeinflusst die Hammerleistung
Der Einsatz von Hydraulikhämmern ist oft schwer kalkulierbar, weil Bodenstrukturen sowie Fels- und Steinanteile im Untergrund erheblich wechseln können. Ähnliches gilt für Betonarten, -dicken und -armierungen. Hinzu kommt das Versetzen des Trägergeräts mit unproduktiven Stillstandszeiten. Generell ist die Löse- bzw. Arbeitsleistung eines Hammers von mehreren Faktoren abhängig:
- Härte des zu lösenden Materials;
- geforderter Zerkleinerungsgrad;
- Art und Alter, also Fitness des Trägergerätes (oft werden für den Hammeranbau die ältesten Bagger des Maschinenparks genutzt);
- Wartung von Trägergerät und Hammer;
- Meißelwahl und –verschleiß sowie
- Geschick des Geräteführers.
Auf dieser Basis sind recht präzise Leistungsangaben möglich, ob in t/h oder m³/h. Die Hammerbauer unterscheiden etwa noch zwischen armiertem und nichtarmiertem Beton, Lösen von gewachsenem Felsgestein oder Knäppern im Lockergestein – und geben die Leistung gern in großer Bandbreite an.
Ein automatisches Zweistufen-Umschaltsystem von Montabert misst permanent die Härte des abzubauenden Gesteins, um Schlagzahl und -energie automatisch an die Gegebenheiten anzupassen. Ein Leerschlagschutz bremst den Schlagkolben ab, verhindert so Beschädigungen und reduziert den Verschleiß. Die neue FXJ-Serie von FRD verfügt über ein Monoblock-Design, bei dem ein Hammerkörper alle Bauteile aufnimmt – Vorderzylinder, Zylinder und Zuganker werden nicht mehr benötigt. Die neue Schlagkolben-Bauweise dieser Serie vergrößert die Kontaktfläche zwischen Schlagkolben und Meißel und optimiert die Kraftübertragung bei weniger Verschleiß. Großvolumige Top-Dämpfer absorbieren die vertikalen Bewegungen und senken den Geräuschpegel. Weitere Features sind ein neues Ventildesign und Ölführungskonzept, ein 3-Punkt-Staubschutzsystem, ein auswechselbares Dichtungssystem, ein spezielles Alligator-Zahndesign sowie längere Meißelhaltekeile mit vergrößerten Auflageflächen.
Zur Geräuschreduktion lassen sich manche Hydraulikhämmer optional mit isolierenden Gummibuchsen, Dämmstoffisolierung des Trägers, Einkleidung mit einer Gummibahn oder mit Komplettumhüllung ausstatten. Die Lärmminderungen liegen zwischen 10 und 15 dB(A).
Alles auf einen einzigen Schlag
Für schwierige Aufgaben wie große Knäpper, Schlacke und sehr dicke oder massive Betonstrukturen gibt es Superhämmer, die ihre Brechleistung nicht mit vielen, sondern nur mit einem einzelnen, dafür aber äußerst kraftvollen Schlag erzielen. Ganz nach dem Vorbild der Fallkugel: Durch ihre extrem große Einzelschlagenergie kann sie Knäpper oft schon mit dem ersten Schlag spalten. Bei der Freifallkugel werden hohes Gewicht und Erdbeschleunigung genutzt, beim Hydraulikhammer kleinere Gewichte stark beschleunigt. Auf dieser Basis und von der klassischen Bauweise abweichend entwickelte die dänische Firma Fractum die bislang größten Hammerwerkzeuge für Hydraulikbagger. Das stärkste Modell erzeugt 300.000 J Schlagenergie – das ist über zehnmal mehr als beim größten herkömmlichen Hydraulikhammer.
Bei den Terminator-Hämmern aus Neuseeland wiederum zieht ein Hydraulikzylinder über eine Gurtumlenkung ein mehrere Tonnen wiegendes Fallgewicht in einer Führungsschiene nach oben. Dann wird der Gurt entlastet und das Gewicht fällt auf einen Schlagmeißel unten im Gehäuse. Hersteller Rocktec International produziert zwei 5,5 und 10,5 t schwere Modelle für maximal 72.000 und 182.000 J Schlagenergie. Da der Baggermotor nicht unter hoher Dauerlast arbeiten muss, soll der Kraftstoffverbrauch bis zu 50 Prozent geringer sein.
Anstelle einer Neuanschaffung bietet sich auch bei Hämmern mit der Generalüberholung eine interessante Alternative. So bietet Atlas Copco mit dem Programm Xtended Life Hydraulikhämmer von 750 kg bis 10 t Gewicht, die fachgerecht überarbeitet wurden. Ihr technischer Stand entspricht einem neuwertigen Gerät. Die Kunden erhalten Hämmer mit normaler Lebenserwartung, originaler Dokumentation und Werksgarantie. Im Gegensatz zu manch anderen Anbaugeräten haben Hämmer aber ein komplexes Innenleben. Deshalb sollte man nicht den billigsten Gebrauchthammer aus dem Internet, sondern einen kompetenten Anbieter wählen. Im Hydraulik-Hammer-Zentrum in Pirna etwa werden die Toleranzen aller maßgeblichen Bauteile so wieder hergestellt, dass ein Hammer wie ein Neugerät funktioniert – und so gibt es für jeden regenerierten Hammer ein halbes Jahr Garantie.