Wacker-Neuson Kompaktbagger ET 90
Mit dem ET 90 will Wacker Neuson neue Maßstäbe bei Kompaktbaggern setzen. Wir haben auf der Baustelle getestet, ob er den hohen Ansprüchen standhält. Ergebnis: Der Minibagger liefert schlagkräftige Argumente, um im Marktsegment der 8- bis 10-t-Maschinen vorne mitzumischen.
Bagger in der Gewichtsklasse um 10 t waren lange Zeit auf hiesigen Baustellen eher eine Randerscheinung. Immer mehr Einsätze bei räumlich begrenzten Bedingungen eröffnen mittlerweile jedoch gute Marktbedingungen für solche Geräte. Bei den meisten derzeit verfügbaren Modellen handelt es sich – der Bauform nach – um vergrößerte Minibagger. Die typischen Konstruktionsmerkmale wie Gummiketten, Planierschild als Standard, Auslegerschwenkbock sowie gedrungener Aufbau des Oberwagens haben in dieser größeren Klasse allerdings nicht nur Vorteile. Die Möglichkeit, den Ausleger seitlich abzuknicken vergrößert bauartbedingt zwangsläufig den vorderen Schwenkradius und begrenzt den Durchschwenkwinkel des Grundauslegers nach hinten. Für bestimmte Einsätze wäre ein fest neben der Kabine positionierter Ausleger eine echte Alternative.
Der erste Eindruck
Für unseren Test stand ein ET 90 der Edition B zur Verfügung. Sie umfasst diverse Sonderausstattungen, auf die ich im Nachhinein nur ungern verzichtet hätte. Allen voran der hydraulische Verstellausleger: Er erweitert die Einsatzmöglichkeiten erheblich und war häufig im Gebrauch. Außerdem war das Gerät mit einem mechanischen Lehnhoff-Schnellwechsler der Größe MS-08 sowie einem SMP-Schwenkrotator ST10 bestückt. Dieses Anbaugerät bietet enorme Möglichkeiten, aber dazu später mehr.
Der ET 90 ersetzt im Programm von Wacker-Neuson den 8003. Tatsächlich hat man hier nicht nur Kosmetik betrieben, vielmehr wurde der komplette Oberwagen technisch und optisch umgestaltet. Das Aussehen einer Baumaschine sollte ja nicht unbedingt das wichtigste Kriterium sein, aber dieses Exemplar halte ich persönlich für sehr gelungen. Besonders unter dem Aspekt, dass der Hersteller Anfang der 2000er-Jahre schon einmal Maschinen produziert hat, die scheinbar unter der Maßgabe rund um jeden Preis designt worden waren.
Pro & Kontra: Wacker-Neuson Kompaktbagger ET 90
In der Kabine
Bei Einsätzen, die häufiges Ein- und Aussteigen erfordern, wird ein Vorzug dieser Baggergattung deutlich, der nicht zu unterschätzen ist: Kabine und Türöffnung haben im Vergleich zum Minibagger bereits eine angenehmere Größe, wobei die zu erklimmende Höhe deutlich unter der größerer Geräte bleibt. Hat man auf dem luftgefederten und optional beheizbaren Sitz Platz genommen, fallen sogleich die modernen Bedien- und Anzeigeelemente ins Auge. Zusammen mit der ebenfalls optionalen Heckkamera gibt es ein 7-Zoll-Display. Bei starker Sonneneinstrahlung kommt die Anzeige jedoch an ihre Grenzen. Hier geht nach wie vor nichts über den direkten Sichtkontakt, der bei der guten Rundumsicht glücklicherweise leicht fällt.
Nun bin ich kein ausgewiesener Freund elektronischer Spielereien, aber in diesem Fall hat das verbaute Jog Dial durchaus seine Berechtigung. Damit gelingt das prozentuale Einstellen der Fördermenge der Zusatzkreise – in diesem Fall drei Stück – auf Anhieb intuitiv, und das funktioniert sogar während das Anbaugerät in Betrieb ist. Das kannte ich in dieser Baggergröße bisher ganz anders. In jedem Fall lohnt zusätzlich immer der Blick in die Betriebsanleitung, denn die Einstellmöglichkeiten sind vielfältig. Einzelne Anbaugeräte können konfiguriert und abgerufen werden. Im Modus Hammerbetrieb wird automatisch der drucklose Rücklauf zum Tank freigegeben, wodurch sich die Suche nach einem Umschalthahn erübrigt.
Angenehm fällt auch auf, dass die Zusatzhydraulik nicht nach jedem Anheben der Steuerkonsole neu aktiviert werden muss – ein Handgriff weniger! Sind ausreichend Zusatzkreise mitbestellt worden, kann auch der Tiltrotator mit Greifmodul ohne zusätzliche Umbauten elektrischer oder hydraulischer Art betrieben werden. Das kann die Hemmschwelle für eine derartige Anschaffung gefährlich senken. Die Betätigung des Planierschilds erfolgt nun mit einem Minijoystick direkt neben dem rechten Bedienhebel – es kann quasi mit dem kleinen Finger mitbedient werden.
Die Frontscheibe kann man mit zwei Handgriffen komplett öffnen. Der untere Teil lässt sich sicher im oberen verriegeln, und beide werden gemeinsam unter das Dach geschwenkt. Das alles bei moderaten Bedienkräften, nichts klemmt, nichts klappert, wertig gelöst. Beinahe also paradiesische Zustände in der Fahrerkabine. Das wohlgemeinte Sonnenrollo am oberen Rahmen der Frontscheibe jedoch kommt in geöffnetem Zustand dem ausgewachsenen Bediener schon gefährlich nahe. Bei einem etwas zügigen Überfahren einer Kante ist es dann passiert: Der Schwingsitz federte bestimmungsgemäß aus, es kam zum schmerzhaften Kontakt und die sprichwörtlichen Sterne erschienen kurz auf dem internen Display. Das Rollo war schnell demontiert und durfte fortan im Staukasten mitreisen.
Rundgang um die Maschine
Der Bagger fällt im Vergleich zu seinem Vorgänger bis Oberkante Kabine (2.562 mm) knapp 15 cm niedriger aus, was beim Transport entscheidend sein kann. So ist es unter ganz bestimmten Bedingungen möglich, das Gerät mit einem Abrollkipper zu transportieren. Ob dabei die maximal zulässigen 4.0 m in der Höhe überschritten werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab und sollte unbedingt vorher durch Versuch überprüft werden. Innen und außen vom Laufwerk sowie am Schild sind insgesamt acht robuste Zurrösen verteilt, die Voraussetzung für eine gesetzeskonforme Ladungssicherung sind also gegeben.
Der Unterwagenrahmen lässt sich bis auf zwei konkave Stellen vernünftig von grobem Schmutz befreien. Die Verkleidungen am Oberwagen sind aus GfK gefertigt und können mit Unterstützung von Gasfedern leicht geöffnet werden. Bei Bedarf lässt sich die Fahrerkabine nach vorne kippen, was den Zugang zur senkrecht stehenden Steuerschieber-Konsole ermöglicht. Werden dann noch die Verkleidungen vom Oberwagenrahmen abgenommen, liegen die meisten Komponenten gut zugänglich vor dem Monteur.
Ein außergewöhnliches Detail fällt nicht unbedingt sofort ins Auge, entfaltet aber bisweilen große Wirkung. Insgesamt erhellen sieben Arbeitsscheinwerfer das Umfeld der Maschine, auch zu beiden Seiten und nach hinten. Ein großes Plus für die Sicherheit.
Die Ausführung mit Verstell-Ausleger wird mit einem Zusatzkontergewicht geliefert. Dabei ergibt sind bei quer stehendem Oberwagen ein Überstand von 53 cm über das Fahrwerk. Das ist sicher nicht wenig, aber letztendlich der Tribut, der einer vernünftigen Standruhe gezollt werden muss. Insbesondere, wenn die Löffelkapazität voll ausgeschöpft werden soll. Das Auspuff-Endrohr wurde vorbildlich hinter der Kabine nach oben geführt. Der ET 90 ist als einziges Gerät der Baureihe mit einem Deutz-Motor ausgerüstet, der mit einem DOC auf die Abgaswerte der Tier IV kommt. Für Einsätze, die dies erfordern, ist ein DPF als Option erhältlich.
An der Ausrüstung fällt der weit ausladende Umlenkhebel der Löffelkinematik auf. Löffelzylinder und Koppelstrebe werden in zwei versetzten Bolzen gelagert. Damit haben die Konstrukteure einen Löffeldrehwinkel von 200 ° realisiert. Das wirkt sich doppelt günstig aus: beim senkrechten Abstechen und beim Beladen von hochbordigen LKW. Die Bolzensicherung an diversen Punkten der Ausrüstung erfolgt durch Kronenmuttern, ein gewisser Ausgleich von Axialspiel ist später ohne besonderen Aufwand möglich.
Der Testbetrieb
Wir konnten den ET 90 bei verschiedenen Einsätzen erproben und waren von Leistung und Feinfühligkeit angetan. Der Deutz-Commonrail-Motor läuft in der Eco Stufe mit 1650 U/min, ein vergleichsweise geringer Wert. Wer wie ich noch mit den luftgekühlten Deutz-Motoren aufgewachsen ist, greift immer mal wieder unbewusst zum Drehzahlregler in der Annahme, er stehe nicht auf 100 Prozent. An Arbeitsgeschwindigkeit mangelt es aber keineswegs, die Power-Stufe (1.850 U/min) haben wir nur selten, zu Vergleichszwecken, aktiviert. Der Sound, den der 3 l Motor erzeugt, ist durchaus kernig – das ist man bei den heute üblichen Partikelfiltern gar nicht mehr gewohnt.
Die Ausrüstung lässt sich feinfühlig steuern, Planum-Ziehen geht leicht von der Hand. Für meinen Geschmack könnte die Steuerung manchmal ruhig noch etwas direkter sein. Das Fahrwerk reagiert weich beim Anfahren und beim Schalten in die schnelle Fahrstufe. Das macht sich positiv bemerkbar bei anhängender Last. Wer von der Verstell-Ausrüstung reichlich Gebrauch macht, kann die Möglichkeiten der Maschine voll ausspielen. Und das gilt insbesondere beim Einsatz des Schwenkrotators.
Das Beladen von 4-Achs-Kippern ist ohne Weiteres auch über Heck möglich. Hierbei wäre allerdings noch ein Schutz für die Kolbenstangen der Verstellzylinder wünschenswert, um Beschädigungen im Falle einer Kollision mit der Heckklappe vorzubeugen.
Das Gesamturteil
Mit dem Et 90 kann Wacker-Neuson im mittlerweile wettbewerbsmäßig gut aufgestellten Marktsegment der 8- bis 10-t-Bagger jetzt vorne mitmischen. Die Ausstattung des Fahrerplatzes kann im Hinblick auf Anmutung und Funktionalität gegenüber den Vorgängermodellen als Quantensprung gelten. Was Kraft, Schnelligkeit und Feinfühligkeit der Arbeitsbewegungen betrifft, gibt es keine wahrnehmbaren Defizite. Die Wartungszugänglichkeit ist vorbildlich. Mit dem flächendeckenden Servicenetz im Rücken hat es der Wacker-Neuson ET 90 durchaus verdient, bei einer anstehenden Investition näher in Betracht gezogen zu werden.